Liebe Freunde, Klingonen, Zauberer, Wokees, Piloten, Kadetten, Hobbits und Helden,
liebe Leserinnen und Leser,
und liebe Klingonen,
(jaja, die hatten wir schon, aber die werden so leicht wütend),
und das war die Frankfurt Comic Con 2018!
Ich würde ja gerne sagen „die German Comic Con“, aber man arbeitet nach wie vor mit dem großstädteweisen Einzelkonzept mehrerer kleiner Comic Cons in Berlin, Stuttgart, München und Frankfurt statt einer großen, die dann irgendwann San Diego ablösen kann.
Dieses Jahr fand die Comic Con in Halle 4 statt anstatt in Halle 3. Das mag nur eine Hallennummer sein, aber es macht den Unterschied aus zwischen Tageslicht und Bunkerflair.
Von den Buchmessen bin ich entsprechenden Bodenbelag gewöhnt, aber Teenager und Teppichboden tragen ja eine jahrhundertealte Fehde miteinander aus, derzufolge man sich hier eher einer Estrich-Ästhetik beugt.
Dann wollen wir mal entern und uns auf Merchandise, Requisiten, Kostüme und Kurioses und VIPs freuen:
Kaufen, kaufen, kaufen!
Die Presse – zumindest die seriöse und die renommierte – hat das Ereignis im Gegensatz zum letzten Jahr weitgehend ignioriert, von kurzen Lokalmeldungen mal abgesehen. Vielleicht, weil die deutsche Version der Comic Con zum größten Teil aus T-Shirt-Verkauf besteht. Würden hier wenigstens Comics in angemessener Zahl verkauft, dann könnte man immer noch über die kulturelle Tragweite debattieren, aber wenigstens könnte man das.
Letztes Jahr hatte Carlsen wenigstens einen Lappan-Stand hier gehabt, aber bei den Standbeschickern gab es anscheinend einen Rückgang.
Mir kamen die Besucherströme durchaus größer vor als im letzten Jahr, aber es gab auffallend weniger Stände. Ich hörte Besucher das Gleiche denken. (Ja, ich kann andere denken hören.) „Schade, dass so wenig Stände sind diesmal.“
Tatsächlich gab es zwar diesmal mehr Aktionsangebote wie die Big-Bang-Kulisse. Die Zahl der Fangruppen und Künstler ist etwa gleich geblieben, aber bei den Ausstellern gab es einen deutlichen Rückgang. Letztes Jahr gab es hier 60 Stände, dieses Jahr nur 39, und das war schon spürbar. Die große Halle wirkt ein wenig spärlich. Nicht wirklich leer, denn es wird rasch voll, aber eben etwas sparsamer als 2017.
Darauf haben die Organisatoren sicherlich keinen Einfluss, aber das führt dazu, dass es weniger eine Comic Con wurde als ein extrem attraktiver Flohmarkt in einer Messehalle. Aber wirklich extrem attraktiv, bitte verstehen Sie mich nicht miss.
Man konnte tolle Sachen kaufen:
Sie sehen: Wenn man die Augen offen hält, findet man weitaus mehr als T-Shirts und Tassen. Überhaupt gab es interessante Stände zwischen den üblichen:
Die interessanten Stände
Da wäre zunächst einmal die Frage der Verpflegung. Auch hieran ist die bescheidenere Ausstattung dieser Comic Con zu sehen: Statt mehrerer Fressstellen gab es auf dieser Messe zwei – eine drinnen und eine draußen, wobei man sich weitgehend auf das Messecatering verließ, anstatt hippen Teenagerfraß anzupreisen.
Tatsächlich stellen auch etliche Cartoonisten und Illustratoren auf der Suche nach Verlagskontakten hier aus. Da kann ich zwar nicht viel tun, aber doch ein wenig: Ich kann Aufmerksamkeit generieren und Kontaktdaten bereitsstellen. Hier ist einer, der mir auf Anhieb sympathisch war: ein Mann namens Lenart.
…falls Sie ein Verlag sind und an Boderline leiden.
Oh, schauen Sie, da kommen Disneygefühle und Kindheitsgerüche auf:
Und was bittesehr ist die Retro Area? Ich ahne es schon und bin gefasst darauf, Relikte meiner eigenen Kindheit und Jugend anzutreffen.
Auch der Rettungsdienst der Johanniter hat sich hier seeehr clever eingeschlichen:
Und die Flodders sind mir ebenfalls eine eigene Fotostrecke wert:
Die Flodders waren eine asoziale holländische Leinwandfamilie aus dem Jahre 1986, und ich habe sie noch nie beim CosPlay gesehen. Aber Originalität punktet hier: Wenn man als geschlossene Mottogruppe ein überzeugendes Konzept bieten kann, bekommt man hier kostenlosen Standplatz. Und so haben sich die Flodders ihren verwahrlosten Vorgarten eingerichtet, Playmates an die Wände gepinnt und sich selber pöbelnd mittenrein arrangiert:
Das war mein Ausflug zu den niederländischen Al Bundys. Und das führt mich zum nächsten großen Thema einer jeden Comic Con: Die Kostümierungen.
Freaks in Kostümen
Je höher der Aufwand, den ein CosPlayer in seine popkulturreferenzielle Ausstattung steckt, desto mehr Bewunderung ist ihm sicher. Aber letztlich zählt der Funfaktor, und eine Generation, die alles per Klick zu erreichen glaubt, pendelt sich auch gerne beim bestellbaren Komplettanzug ein, anstatt selbst noch zu Nadel, Faden und Thermoplastik zu greifen.
Hallo, Heel! BuchMarkt grüßt Euch! Ich wusste doch, dass ich hier einen branchenrelevanten Auftrag erfülle, wenn ich von der Comic Con berichte.
Aber lassen Sie sich durch die paar Kostümfotos nicht irritieren: Verglichen mit den Comic Cons auf den beiden Buchmessen war das wenig. Frankfurter Messehallen sind da mehr gewöhnt, und Leipzig ist ein wahres CosPlay-Mekka, verglichen mit dem eher geringen Anteil hier. Dazu sei angemerkt, dass die Manga Comic Cons auf den Buchmessen Konkurrenzveranstaltungen sind: Die Manga Comic Con und die German Comic Con sind wie Marvel und DC.
Aber hier gab es Sport!
Es gab sogar Sport
Das gute an einer großen Halle ist der ausreichende Platz für Hüpfburg- und Sportareale.
Es gab sogar echtes Quidditch. So echt wie möglich heißt in dieser Welt: Kein kostümiertes Schauquidditch für den Movie-Effekt, sondern tatsächlich spielbarer Sport eines realen Vereines, in diesem Falle der Frankfurt Mainticores.
Ganz im Ernst: Ich könnte das nicht mitspielen, ohne dauernd unerlaubte Zauberflüche auszustoßen.
Wem all das zuviel Bewegung ist, wendet sich stationäreren Sportarten zu.
Wer waren die Stargäste?
Wer meine Messeberichte kennt, weiß, dass man sich immer auch auf Prominenz freuen darf, und gerade eine Comic Con lockt mit ihren Stargästen weitaus ehrlicher und offener als die Buchmesse: Hier kann man die Stars sozusagen direkt für Fotos und Autogramme mieten. Es sollten mindestens drei große Namen sein. Darunter fallen auch Namen, die mal groß waren. Der Rest wird aufgefüllt mit interessanten kleineren Stars und Synchronsprechern, aber es wird jedenfalls ordentlich was aufgefahren für das signierbare Promibuffet.
Das ist natürlich eine sehr gehässige Formulierung, denn für viele Altstars sind die Comic Cons eine reguläre Einnahmequelle. Wenn man halbwegs davon leben kann, irgendwann im letzten Halbjahrhundert in einem Kultfilm mitgespielt zu haben und deshalb bis heute gefragt zu sein, dann ist daran nichts Obszönes.
Die Stars dieser Messe waren Michael Bien, der 1984 den Terminator besiegte, und Robert Patrick, der 1991 vom Terminator besiegt wurde. Bien war der allzu menschliche Held, und Patrick war der legendäre, quecksilberne T-1000. Und dann war auch Rutger Hauer da, der im Blade Runner Harrison Fords Gegner war, und last but not least Jeremy Bulloch, den man wirklich nur dann kennt, wenn man ein extrem hartgesottener Boba-Fett-Fan ist.
Aber glauben Sie mir: Da gibt es mehr, als ich dachte.
Und das war die Comic Con Frankfurt 2018
Was soll ich sagen: Es war natürlich keine Buchmesse, auch wenn es in Halle Vier war. Die Verbindungen zur Branche muss ich sehr bemüht ziehen, indem ich auf die Kultur der Comics verweise, die all dem wenigstens namensgebend vorstehen, oder auf literarische Figuren wie Pennywise, den tanzenden Clown.
Auch wenn ich ein Nerd bin, verstehe ich längst nicht alles, was auf so einer Messe geschieht oder feilgeboten wird.
Aber andererseits: Solange vor lauter Vibraniumfunden in Wakanda auch klassische Figuren wie Popeye nicht vergessen werden, kann ich mich doch ebenfalls an all dem freuen. Es war ein ganz klein wenig lauter und unnützer als letztes Jahr, auch wenn es an Leipzig nicht herankommt. Aber wenn es so eine Comic Con gegeben hätte, als ich 15 war, wäre ich ausgeflippt vor Freude. Oder, wie der mir sehr sympathische Hulk immer sagt: Hulk not thinking, Hulk smashing.
Wir sehen uns wieder auf der Frankfurter Book Con im Oktober.
Herzlichst,
Ihr und Euer
Matthias Mayer