Berlin: Feierliche Eröffnung des internationalen Literaturfestivals

Festivaldirektor Ulrich Schreiber

Mit einer Rede des indischen Autors Pankaj Mishra wurde gestern Abend das 14. internationale literaturfestival berlin (ilb) eröffnet. Bis zum 20. September wird das Haus der Berliner Festspiele nun wieder zum Treffpunkt von Literaten aus aller Welt. Hier und an 30 weiteren Orten stehen über 330 Veranstaltungen auf dem Programm.

In den kommenden zehn Tagen werden unter anderem Junot Díaz (USA), Jhumpa Lahiri (Großbritannien/USA), Stewart O’Nan (USA) und Priya Basil (Großbritannien) in Berlin erwartet. Bianca Jagger wird am 12. September eine Rede „über Gewalt gegen Frauen und Mädchen und die Kultur der Straflosigkeit“ halten.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters nannte das Schriftstellertreffen in einem Grußwort eine „Berlinale der Literatur“ und eine „gleichermaßen experimentierfreudige wie etablierte Literaturmarke“. Das ilb sei ein pulsierendes Forum, auf dem verschiedene Kulturkreise erlebbar werden. „Die Auseinandersetzung mit politischen Entwicklungen und Debatten ist dabei ein programmatisches Zeichen des ilb.“ Dazu passte die Eröffnungsrede von Pankaj Mishra zum Thema „Europa und die neue Welt-Unordnung“, die am Sonntag in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung abgedruckt wird.

Viel beachtet wurde gestern Abend auch die Eröffnung einer Ausstellung über „Die Kunst der schönen Bücher – Inspirationen aus Indien und Deutschland“, die neben der Naturkunden-Reihe aus dem Verlag Matthes & Seitz Berlin die Bücher und Umschläge des indischen Verlags Seaguli Books zeigt. Festivaldirektor Ulrich Schreiber hatte die Buchgestalterin Sunandini Benerjee, die für den Verleger Naveen Kishore arbeitet, in Indien kennengelernt und war auf Anhieb begeistert, wie er erzählte. Auch in Berlin schlug sie das Publikum mit ihrer Begeisterung für schöne Bücher in ihren Bann. Sunandini Benerjee hat in diesem Jahr auch das Festivalplakat entworfen.

Eröffnet wurde gestern Abend auch die Veranstaltungsreihe „New Level“, die sich mit literarischen Entwürfen für Computerspiele beschäftigt. Nach den Worten von Programmleiter Thomas Böhm sind knapp 20 internationale Autoren eingeladen worden, Computerspiele zu schreiben, und zwar ohne Rücksicht auf ihre technische Realisierbarkeit. Die so entstandenen „literarischen Computerspiele“ u. a. von Ulrike Draesner, Assaf Gavron, Georg Klein und Saša Stanišić werden beim ilb mit Spieleentwicklern und Wissenschaftlern diskutiert. Im Metrolit Verlag erscheint zudem New Level – Computerspiele und Literatur. Der von Thomas Böhm herausgegebenen Band enthält die Entwürfe und Essays der Autoren.

Bereits gestern Vormittag ist mit einer Rede des amerikanischen Schriftstellers Patrick Ness die Sektion Internationale Kinder- und Jugendliteratur eröffnet worden. Ness, der für „Sieben Minuten nach Mitternacht} (cbj) mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet wurde, erinnerte an sein eigenes Aufwachsen als schwuler Teenager in einem kleinen Ort in Washington. Damals habe es noch keine Bücher für junge Erwachsene gegeben, „die mir sagten, dass ich nicht allein bin“. Junge Menschen bräuchten Geschichten, um die Welt zu verstehen, genauso dringend wie alle anderen auch. „Wenn ich also für Teenager schreibe, schreibe ich nicht für ein verschwommenes ‚sie‘. Ich schreibe für den Teenager, der ich selbst war, für den Teenager, der ich immer noch bin.“ Ein Buch sei ein Schrei in der Wüste. „Ein Schrei, der sagt: Das ist die Welt, die ich erkenne, erkennst du sie auch? Wenn wir Kinderbücher schreiben, stoßen wir diesen Schrei für die aus, die keine Stimme haben, und auch für den Teil in uns, der keine Stimme hat“, so Ness.

Laut Christoph Rieger, dem Leiter der Sparte Internationale Kinder- und Jugendliteratur, geht es auch in diesem Jahr wieder um das „außergewöhnliche Buch, das die Lebenswirklichkeit von Kindern und Jugendlichen abbildet. Viele Gäste treten erstmalig in Deutschland auf, einige sogar erstmalig außerhalb ihres Heimatlandes.“ Auch der kanadische Autor Jon Klassen, dessen Bilderbuch Wo ist mein Hut? mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet wurde, wird ebenso wie Michael De Cock aus Belgien, Ursula Dubosarsky aus Australien und Alessandro Sanna aus Italien erstmals nach Deutschland kommen.

Begleitend zum ilb erscheint auch in diesem Jahr wieder ein Katalog mit ausführlichen Biografien der Autoren. Das Motto lautet „A Postcard to Edward Snowden“. Auf die Frage, was sie dem Mann sagen würden, der eine weltweite Diskussion über Demokratie und Menschenrechte im digitalen Zeitalter auslöste, antworteten die eingeladenen Autoren mit zahlreichen Texten. Der Katalog, hg. von Claudia Jürgens, Ulrich Schreiber und Veruschka Götz, erscheint im Verlag Vorwerk 8.

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