Das Sonntagsgespräch Stephan Schierke: „Der erste Schritt aus dem Loch ist getan“

Die rückläufige Branchenentwicklung setzt insbesondere den Zwischenbuchhandel immer stärker unter Druck, zumal das steigende E-Book Geschäft anders als bei den Verlagen kaum Kompensation bietet. Nachdem wir vor einem Monat mit BroCom Geschäftsführer Matthias Heinrich als Vertreter einer mittelgroßen Verlagsauslieferung gesprochen hatten, sprechen wir heute mit VVA-Chef Stephan Schierke über seine Sicht der Dinge.

Stephan Schierke über den Auslieferungsmarkt

Ende 2015 hat das letzte Buch des Bertelsmann Clubs die VVA verlassen, jetzt melden Sie mit Reclam, Red Bull Media und Christophorus drei Neukunden für Gütersloh. Alle Probleme gelöst?

Stephan Schierke: Das wäre schön. Wir freuen uns natürlich sehr über unsere neuen Kunden, aber die Lücke, die der Buchclub bei uns hinterlassen hat, ist groß. Hinzu kommt, dass wir für den Club eine maßgeschneiderte Logistiklösung betrieben haben. Diese lässt sich nicht ohne erhebliche Investitionen in unsere bestehende Verlagsauslieferung integrieren. Darum haben wir in einem ersten Schritt die ehemaligen Clubflächen entkernt und werden jetzt vertrieblich hart daran arbeiten, diese Flächen zu füllen. Reclam, Red Bull Media House und Christophorus sind erste wichtige Meilensteine auf diesem Weg.

Das wird dann wohl ein ziemlich steiniger Weg, denn der Markt ist hart umkämpft. Warum sind Sie davon überzeugt, weitere Kunden für die VVA gewinnen zu können?

Wir setzen dabei vor allem auf drei Stärken: erstens unser umfassendes Leistungsspektrum, zweitens unsere konstant hohe Qualität und Geschwindigkeit so wie drittens unsere finanzielle Stabilität.

Genau das behaupten ihre Wettbewerber ebenfalls von sich. Was macht Ihr Leistungsspektrum denn so besonders?

Das fängt mit dem Offenkundigen an: Als einzige große Verlagsauslieferung bündeln wir ohne Ausnahme alle Verlage eines Standortes in einem Packstück. Die Zahlungen des Handels erfolgen verlags- und standortübergreifend gebündelt auf ein Konto.

Das wars schon?

Nein, außerdem haben wir als einzige Verlagsauslieferung die Zulassung, verschiedenste Finanzdienstleistungen anbieten zu dürfen. Die physische und digitale Auslieferung von Büchern und Zeitschriften sowohl B2B als auch B2C erfolgt bei uns aus einer Hand und in einem System. Und dann gibt es noch eine Vielzahl von kleineren Punkten, bei denen die VVA Vorreiter am Markt ist. Beispielsweise bieten wir den Buchhandlungen auf Wunsch die Belieferung in allen Mehrwegsystemen an, sei es KNV, Libri oder Umbreit. Und unser verlagsübergreifender und packstückbezogener Lieferschein erfreut sich weiterhin größter Beliebtheit im Handel.

Handel ist ein gutes Stichwort! KNO und LKG haben ihrer Dienstleistungen für den Handel gerade ausgeweitet und bieten spätere Bestellannahme und Faktur am Samstag.

Das habe ich auch gelesen. Wir bei der VVA bieten unseren Kunden allerdings schon seit einigen Jahren einen noch späteren Annahmeschluss für elektronische Bestellungen an, als die von Ihnen genannten Anbieter es jetzt tun. Und von der Faktur an sechs Werktagen halte ich nichts, denn sie ist zum Nachteil des Kunden.

Wie meinen Sie das denn jetzt?

Wenn das Bestellvolumen einer Woche nicht auf fünf, sondern auf sechs Tage verteilt wird, dann wird die mittlere Sendungsgröße automatisch kleiner. Jetzt könnte man einwenden, dass die Buchhändler dafür aber etwas schneller beliefert werden, doch das wäre nur dann der Fall, wenn flächendeckend auch am Wochenende transportiert und am Montag zugestellt würde. Beides sehe ich derzeit nicht.

Und was ist mit den Punkten Qualität und finanzielle Stabilität?

Die Qualität hat sich ganz ohne Frage in der gesamten Branche deutlich verbessert. Umso mehr freut es mich, dass uns von Kunden, die entsprechende Erhebungen durchführen, regelmäßig bescheinigt wird, dass wir zu den Besten unserer Branche gehören. Und was die finanzielle Stabilität angeht, da spricht unsere Bilanz für sich.

Qualität ist sicherlich ein wichtiger Verkaufsfaktor, entscheidend dürfe heutzutage aber der Preis für die Dienstleistung sein. Oder?

Der Preis hat schon immer eine wichtige Rolle gespielt. Genauer gesagt das Preis/Leistungsverhältnis, auf das wir uns konzentrieren. Wir wollen nicht der billigste, sondern der beste Partner in Bezug auf die Kosten-Nutzen-Relation sein.

Aber auch beim Preis/Leistungsverhältnis spielt der Preis eine Rolle. Wie halten Sie die Kosten niedrig?

Indem wir unsere Prozesse kontinuierlich optimieren und technische Innovationen dazu nutzen, Produktivitätssteigerungen zu erzielen.

Reicht das? Logistik ist ist doch sehr personalintensiv …

Da legen Sie den Finger in die Wunde, denn der ein oder andere Wettbewerber kommt nur durch grenzwertige Löhne auf wettbewerbsfähige Preise. Wir setzen hingegen auf intelligente Prozesse, denn am Ende geht es um niedrige Stückkosten.

Wagen wir einen kurzen Blick nach vorn: Für die VVA blicken Sie durchaus optimistisch in die Zukunft. Sehe ich das richtig?
Das ist mein Job (lacht). Aber im Ernst. Natürlich haben wir auch in Gütersloh noch jede Menge zu tun. Der von Ihnen bereits thematisierte Kostendruck in der Branche ist natürlich unverändert hoch und stellt uns jedes Jahr aufs Neue vor große Herausforderungen. Deshalb bin ich sehr froh, dass wir uns im Spielwarengeschäft mit großem Erfolg ein zweites Standbein aufgebaut haben. Derzeit gibt es jedenfalls keinen Wettbewerber, mit dem ich würde tauschen wollen.

Nicht einmal mit KNV, die nach eigenen Angaben über die modernste und leistungsfähigste Medienlogistik in Europa verfügen?

Nein, mit keinem Wettbewerber.
Lassen Sie uns zum Abschluss noch kurz über einen anderen Betriebe Ihrer Unternehmensgruppe sprechen. Wie steht es um den Verlegerdienst München?
Der Verlegerdienst liefert heute mehr Bücher aus, als nach der Übernahme vor 15 Jahren. Das ist darauf zurückzuführen, dass wir auch in Gilching eine qualitativ sehr hochwertige und zugleich flexible Dienstleistung anbieten, was in der Branche geschätzt und anerkannt wird. Jüngst haben wir zum Beispiel die Zusammenarbeit mit dem Hueber Verlag von der reinen Logistik auf eine Full Service-Lösung ausgeweitet. In Summe geht die Idee, die Flexibilität einer mittelgroßen Auslieferung mit der Leistungsstärke und Stabilität der VVA-Gruppe zu kombinieren, sehr gut auf.

 

 

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