Sabine Thiesler im Autorengespräch über ihren neuen Thriller "Zeckenbiss" (Heyne) Sabine Thiesler: „Die Abbildung der Realität in Thrillern muss exakt sein, damit Fiktion glaubwürdig sein kann“

Sabine Thiesler (c)Christian Thiel

Die Schauspielerin und Theater-und Drehbuchautorin Sabine Thiesler gehört mit Bestsellern wie Der Kindersammler, Hexenkind, und Nachts in meinem Haus zu den erfolgreichsten Thriller-Autorinnen Deutschlands.  Mit ihrem neuesten Thriller Zeckenbiss (ET 23.4/Heyne Verlag) hat sie jetzt ihr bislang politischstes Buch vorgelegt.  Sie sagt: „Die Abbildung der Realität in Thrillern muss exakt sein, damit Fiktion glaubwürdig sein kann“  –  Unser Anlass für ein Gespräch mit der Autorin:

BuchMarkt: Worum geht es in Zeckenbiss? Wie sollen wir das Buch einordnen?

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Sabine Thiesler: Also, zuerst einmal geht es wie in allen meinen Büchern auch in Zeckenbiss um Hochspannung. Meiene Leser wollen gut und spannend unterhalten werden, erwarten einen gut gebauten Plot, überzeugende Charaktere und realistische Dialoge und Gefühle. Das alles habe ich meinem Thriller mit den Weg gegeben. So gesehen ist das Buch ein klassischer Thriller wie ihn die Leser von mir kennen.  Auch der sympathische Commissario Neri, der in vielen meiner Bücher eine Rolle spielt, taucht hier auf, sichert so eine gewisse Kontinuität und liefert emotionale Anknüpfungspunkte. Dennoch ist Zeckenbiss ein wenig anders, politischer als alles, was ich bisher geschrieben habe.

Wie kam es dazu?

Auch wenn man Augen und Ohren verschließt, bewusst nichts sehen und hören will, kann man den täglichen Berichten in Zeitung, Funk und Fernsehen über die immer brutaler werdende und ausufernde Jugendkriminalität nicht entkommen. Jugendliche Mehrfachtäter, die stehlen, rauben, sinnlos prügeln und sogar  morden, kommen mit lächerlich geringen Strafen davon. Wir Krimi-und Thrillerautoren beschäftigen uns ja quasi aus beruflichen Gründen mit den möglichen Abgründen der menschlichen Psyche. Da sind wir meiner Meinung nach aufgerufen, uns im Rahmen unserer Tätigkeit auch zu aktuellen gesellschaftlichen Themen zu äußern, wenn sich diese derart aufdrängen. Das habe ich mit Zeckenbiss getan.

Ihr Buch ist seit etwa 2 Wochen auf dem Markt und sofort auf die Bestsellerlisten gekommen? Wie sind denn die bisherigen Leserreaktionen?

Ganz ehrlich? Ich bin vollkommen geplättet, wie zahlreich und positiv meine Leser auf das Buch reagieren! Und auch ein bisschen erleichtert, dass sie mir auch mit meinem neuen Buch folgen.  Offensichtlich kommt die Kombination aus spannender Romanhandlung und realistischem Hintergrund gut an.  Ich sehe mich jedenfalls in meiner Meinung bestätigt, dass sich intensive Recherche, wie ich sie betrieben habe, auszahlt. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Abbildung der Realität in Thrillern exakt sein muss, damit Fiktion glaubwürdig sein kann.

Wie sah Ihre Recherche aus?

Ich habe viel Zeit investiert, habe mich über einen Gewährsmann genau über die Arbeit an Jugendgerichten informieren lassen und mit einem Ex-Knacki lange Gespräche über die Zustände im Jugendstrafvollzug geführt. Ich kann mit Sicherheit sagen, dass all das, was in Zeckenbiss steht, so oder so ähnlich passiert:die Skrupellosigkeit jugendlicher Krimineller, die Überforderung des Wachpersonals in den Jugendgefängnissen, die Wirklichkeitsferne der betreuenden Psychologen und die überbordende Nachsicht der Jugendgerichte. Das alles kann fatale Folgen haben. Diese Folgen habe ich mir ausgedacht. Die Voraussetzungen aber sind sehr real.

Die Handlung spielt in der Toskana und in Berlin. Wieso gerade an diesen beiden Orten?

Ganz einfach. In Berlin bin ich aufgewachsen, in der Toskana habe ich lange gelebt. Ich finde es wichtig,dass man als Autor nicht nur mit den Örtlichkeiten vertraut ist, in denen man seine Romane spielen lässt, sondern auch die Mentalität der Menschen kennt, die dort leben. Dann erst wirkt ein Roman wirklich authentisch. Aber rein theoretisch hätte das Buch natürlich auch andere Schauplätze haben können. Die beschriebenen Phänomene sind ja nicht auf Berlin beschränkt. Allerdings zeigen sich in Berlin manche Dinge noch krasser, als – sagen wir –  Hamburg oder München.

Welche Leserschaft wollen Sie ansprechen?

Leser, die sich nicht nur wirklichkeitsfern berieseln lassen wollen, sondern die im Hier und Jetzt leben, die eine Meinung haben, sich politisch interessieren und gerade deshalb spannende Unterhaltungen mit Biss zu schätzen wissen.

Mit welchem Argument kann der Buchhändler Ihr Buch am besten verkaufen?

Spannende Unterhaltung vor realistischem Hintergrund mitten aus der Gesellschaft. Kurz: Für Leserinnen und Leser der Thiesler-Fans und darüber hinaus.

Und privat? Was lesen Sie da?

Ich habe sehr wenig Zeit zum wirklichen Schmökern. Ich recherchiere viel, informiere mich jeden Tag über das aktuelle Geschehen sehr intensiv und schreibe, schreibe, schreibe…, da bleibt nicht mehr viel Zeit.  Aber natürlich lese ich sehr gern, was die Kollegen so veröffentlichen. Doch es wäre unfair, wenn ich jetzt einige Namen verteufeln und andere über den grünen Klee loben würde. Das Feld ist weit, und es gibt immer wieder Tolles zu entdecken. Ein Buch, das von der ersten bis zur letzten Seite fesselt: Das ist für mich das Allergrößte. Glück pur.

Welche Frage, die wir nicht gestellt haben, hätten Sie dennoch gerne beantwortet?

Warum leben Sie auf dem Land und nicht in der Stadt?

Hier können Sie dies nun tun:

Weil mir die Stadt mit ihrer Hektik, ihrer Aggressivität und Brutalität Angst macht. Ich liebe die Einsamkeit und genieße es, morgens den Sonnenaufgang zu erleben und dann mit meinem Hund zwei Stunden in den Wald oder ans Meer zu gehen. Das ist für mich Action und Leben pur. Da komme ich zur Ruhe. Mein Kopf wird frei und ich reflektiere das, was in der Welt und in meinem Leben passiert. Und so entstehen neue Ideen. Ich gehe bei jedem Wetter, das im Norden nur selten rosig ist. Und wenn ich so richtig durchgepustet, durchgefroren und durchnässt bin, freue ich mich auf eine Wärmflasche und meinen einsamen Schreibtisch.

Die Fragen stellte Franziska Altepost

 

 

 

 

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