Das Sonntagsgespräch Matthias Heinrich über seine Tradition, zur Leipziger Buchmesse mit einem Filmplakat zu werben

Auch dieses Jahr bewirbt [Brockhaus/Commission seinen Gemeinschaftsstand auf der Leipziger Buchmesse mit einem Filmplakat als Werbemotiv, dieses Mal mit einer Adaption der Plakate zu den Filmen ‚Stirb langsam‘.

Doch nach Sterben sieht es bei der Verlagsauslieferung in Kornwestheim gar nicht aus: Wir sprachen mit Geschäftsführer Matthias Heinrich über den Aussagegehalt des Motivs und die Pläne einer ‚kleineren‘ Verlagsauslieferung im Angesicht des Mega-Projekts von KNO in Erfurt.]

Read Hard, strengt die Arbeit in einer Verlagsauslieferung wirklich so an, wie Sie auf dem Plakat wirken?

Matthias Heinrich mit dem
neuen Plakat zur Buchmesse

Matthias Heinrich: Anstrengend manchmal auch, vor allem aber spannend. Das trifft es genauso gut. Wir stehen vor großen Herausforderungen. Was wir bereits leisten, kommt in dem Werbemotiv genauso zum Ausdruck, also Bewährtes. Aber auch die Tatsache, dass wir immer achtsam sein müssen, wollen wir keine Entwicklungen verschlafen. Auch das wollten wir bei dem Motiv transportieren, wir sehen immer interessiert um die Ecke, um neue Einsatzfelder in der Beziehung zu den Verlagen zu erkennen und die Marktentwicklung zu beobachten.

Eine Kombination aus Bewährtem und neue Einsatzfelder. Wie meinen Sie das?

Wir sind inzwischen nicht mehr nur Logistiker und Mediendienstleister, wir haben uns zu einem multimedialen Serviceunternehmen gemausert, das weit mehr macht, als Bücher zu lagern und auszuliefern. Unser Gemeinschaftsstand ist Ausdruck des Willens, unsere Verlagskunden rundum betreuen zu wollen. Neben der klassischen Buch- sind wir inzwischen auch digitale Auslieferung, wir sind Aggregator im E-Book-Markt. Und wo wir unsere Verlagskunden entlasten können, tun wir das aus Prinzip. Sei es im Vertrieb, bei Titelmeldungen oder zum Beispiel der Honorarabrechnung.

Honorarabrechnung, war das früher nicht eine Kernaufgabe im Verlag?

Das ist korrekt, weil die Autoren-Verlagsbeziehung mit das wichtigste ist, was es gibt. Und man an diese empfindliche Stelle keinen Dritten heran lassen wollte. Hier hat ein Paradigma-Wechsel stattgefunden. Die Verlage erkennen inzwischen in ihrem Auslieferungspartner nicht mehr nur den subalternen Erfüllungshilfen, sondern einen vertrauten und vertrauensvollen Dienstleister. In unserem ERP-System ist abgebildet, welche Exemplare wie, wann und wohin geliefert und berechnet wurden. Durch unsere Arbeit steuern wir letztlich sogar die Faktur-Kennzeichen, die der Verlag zur Abrechnung mit den Autoren benötigt. Da liegt es nahe, zu sagen, dann mache als Auslieferung auch die Grundarbeit für die Abrechnung, im Verlag wird nur noch geprüft und dann werden die Briefe personalisiert versandt. Das geht soweit, dass wir einen Zahlungsvorschlag auf Datenträger vorlegen, samt enthalten Kontoverbindungen. Der Verlag konzentriert sich auf seine Kernkompetenz, gute, verkäufliche Bücher zu machen. Wir entlasten ihn von ‚Ballast‘.

Ballast, was meinen Sie damit?

Nehmen Sie Vertretertagungen. Die Organisation beansprucht einen enormen Aufwand, der Traffic auch, Verlage kostet das Energie und Zeit. Wir haben hier im Haus geeignete Räumlichkeiten, einen Bezug zum Verlag und Verlagsvertreter wollen gerne wissen, mit wem Sie es im Tagesgeschäft zu tun haben. Also liegt es doch nahe, die Tagung hier in Kornwestheim zu veranstalten. Wir sind zwar auch kein Reisebüro oder Caterer, wir haben aber im Team Quereinsteiger, die in diesem Bereich Kompetenz ausweisen, sei es aus vergangenen Tätigkeiten oder aus Hobbies und Berufung. Diese Kompetenzen nutzen wir und organisieren Vertretertagungen von A-Z, bis hin zum geeigneten Abendevent. Raummieten sind keine zu entrichten, aufgrund unseres Kontingents erreichen wir Skaleneffekte beim Einkauf von Hotelzimmern. Das ist eine runde Sache, der Verlag lehnt sich zurück und wir setzen ihn sprichwörtlich ins gemachte Bett.

Oliver Voerster hat von 4 plus 2 im Zwischenbuchhandel gesprochen, also nur noch vier großen Auslieferungen und zwei Barsortimenten. Darüber waren Sie nicht very amused, oder?

Darüber konnte außer wenigen wohl bei 4 plus 2 gemeinten Mitbewerbern kein Zwischenbuchhändler glücklich sein. KNV/KNO stellt sich jetzt in Erfurt neu auf und hat damit den Wettbewerb neu entfacht. Nicht nur, dass die Kapazitäten dort gefüllt werden müssen, auch die Kombination von Barsortiment und Verlagsauslieferung aus einem Lager ist etwas völlig Neues. Als Lieferant bleibt man nur interessant, wenn man dem Handel die größtmögliche Bezugsoptimierung mit einem interessanten Verlagsportfolio anbietet. Es wird eine Konzentration auf möglichst wenige Lieferanten geben, da muss man als Wettbewerber in einer sich konzentrierenden Branche schauen, wo man selbst bleibt. Wir sehen uns gut aufgestellt und werden jetzt nicht wie das Kaninchen vor der Schlange erstarren.

Haben Sie mit Ihrer Unternehmensgröße denn überhaupt eine Chance?

Absolut. Zunächst sind es gerade nicht die mittelgroßen Anbieter, die wegen ihrer wirtschaftlichen Schwierigkeiten eine schlechte Presse haben, es sind die großen Unternehmen, die sich selbst unter einen Expansions- und Innovationsdruck gesetzt haben. In der Zusammenarbeit mit zum Beispiel uns wird man keine spektakulären Schlagzeilen machen, aber solide, geerdet und auf Augenhöhe zukunftsfähig betreut. Wir legen zum Beispiel Wert darauf, dass unsere Führungsmannschaft nicht überaltert und wir uns auch Kompetenz aus anderen Branchen in die Fachabteilungen holen. Damit schaffen wir neue Kompetenzfelder in bestehenden Funktionen. Bei uns bekommen Sie auch alles an einem Ort, aber mit bereits funktionierenden und geschliffenen Prozessen, nicht im Labor. Wir sind auch deshalb für unsere Verlagspartner eine verlässliche Größe, stabil genug, aber immer noch flexibel, das zeichnet uns zudem aus.

Die Aufbruch-Stimmung, die von einem solchen Projekt wie in Erfurt ausgeht, motiviert die oder macht die Angst?

Uns hat sie einwandfrei motiviert. Wir haben Kräfte frei gemacht und die Beziehungen zu unseren Verlagen noch einmal intensiviert. Mit Hans-Werner Serwe haben wir einen Kollegen eingestellt, der sich zusätzlich nicht nur um Akquisitionen bemüht, sondern auch das After-Sales betreut. Das spüren unsere Kunden uns sind sehr abwerbungsresistent. Im Frühjahr 2013 haben wir gleich gegenüber unser Logistikzentrum 2 eröffnet, das wir kapazitätsseitig auch dazu nutzen, Buchaffine, aber nicht zwingend Buchhandelsaffine Produkte zu betreuen. Das könnte für uns ein weiteres Standbein werden, im April beginnen wir mit der Auslieferung eines neuen Kunden. Und wir werden im Sommer 2014 auf eine Faktur-Variante umstellen, die es uns erlaubt, alle Produkte in unserer Auslieferung über eine einzige Rechnung in einer Sendung zu liefern. Damit werden wir als Lieferant noch interessanter, bisher hatten wir drei Faktur-Gemeinschaften, die must have für den Handel sind, ab 01.07. führen wir diese auf einer Rechnung zusammen. Auch unsere Kunden spüren intern eine Aufbruch-Stimmung, die wir ständig am Laufen halten wollen.

Können Sie schon Genaueres zu dem zweiten Standbein sagen?

Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir noch Stillschweigen vereinbart, weil wir bestehende Partnerschaften und Kundenbeziehungen nicht irritieren wollen. Im Laufe des März aber werden wir an die Öffentlichkeit gehen, da die Zusammenarbeit zum 01.04.2014 beginnen wird. Es wird in jedem Fall etwas völlig Neues, eine Kooperation, die es so bislang in der Branche mit zwei solchen Beteiligten noch nicht gegeben hat. Auf der Buchmesse in Leipzig werden wir vielleicht schon mehr dazu sagen können, Grund genug auch für Sie, uns in Halle 3 am Stand F300 zu besuchen.

Das klingt spannend. Und wissen Sie auch schon, welches Plakatmotiv Sie in 2015 wählen?

Ich habe schon eines im Hinterkopf, wenn aber noch ein Blockbuster bis dahin ins Kino kommt sind wir flexibel genug, dieses Plakat als Fake umzusetzen. BuchMarkt wird aber wie immer der Erste sein, der erfährt, um welches Motiv es sich handelt.

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