Gestorben Lothar Borowsky

Lothar Borowsky

Lothar Borowsky war ein Buchmensch. Zwar hatte er ursprünglich evangelische Theologie studiert – dann aber eine Ausbildung zum Buchhändler angeschlossen. Im Carl Hanser Verlag lernte er das Verlagsgeschäft in verschiedenen Abteilungen, von der Herstellung bis zum Vertrieb. Ein daran anschließendes Jahr bei Rogner und Bernhard war 1984 der Startschuss für Borowskys Entwicklung zum Spezialisten für Modernes Antiquariat – in München bei Hugendubel am Marienplatz, dann bei Weltbild in Augsburg und bis 2003 bei Hugendubel im PEP. Gleichzeitig war Lothar Borowsky auch Verleger. Er produzierte für das Moderne Antiquariat urheberrechtsfreie Titel, vor allem aus den Bereichen Kultur, Geschichte, Kulinaria und Reisebeschreibungen.

Nach seinem Ausscheiden bei Hugendubel lebte Lothar Borowsky in Rheinland-Pfalz, in Wachenheim an der Weinstraße. Am 27. Juni ist er gestorben. Zusammen mit seiner Familie und seinen Freunden werden ihn auch Freunde des Münchener Buchändlerstammtisches „Wilhelm Unverhau“ zur letzten Ruhe in Niederbayern begeleiten. Er wurde 77 Jahre alt.

 

 

Kommentare (2)
  1. Das ist traurig, daß er gestorben ist, aber dennoch glaube ich, daß er bei seiner eigenen Beerdigung einen ironischen Satz auf den Lippen gehabt hat.
    Ich sehe ihn noch vor mir, wie er morgens, kurz vor Öffnungszeit des Hugendubels am Marienplatz mit einer erstaunlichen Eleganz die Rolltreppe vom Erdgeschoss in den 1. Stock per Schlüsselumdrehung in Gang setzte – nachdem man die „Hoheiten“ der Ingangsetzung der Rolltreppen pro Stockwerk auf die einzelnen Stockwerke geregelt hatte, das EG war in Verantwortung von Lothar Borowsky, ab dem 1. Stock war der Filialleiter Herr Stieböck für den Rest zuständig – und sich Lothar Borowsky auf die Rolltreppe stellte und den „Sterbenden Schwan“ machte um beim eleganten Abgang im 1. Stock an der Info der Belletristik den „Damen der schönen Literatur einen angenehmen Arbeitstag wünschte“, um dann hinter der Rolltreppe in die „Niederungen der Zweitverwertung“ zu entschwinden. Erstaunlich behende war er, und vor allem im Geiste.
    Im EG waltete er dem Modernen Antiquariat und hatte ein unglaubliches Talent und die Eleganz des Wortes, den noch so alten Titel zu verkaufen. Und wann immer Kunden mit tropfendem Eis, Leberkässemmeln den Versuch starteten, den Laden auch nur für Millimeter zu betreten, hat er ihnen in einer unglaublichen Höflichkeit klar gemacht, daß Lebensmittel nicht erwünscht sind: “ Meine Dame, Mein Herr, ein kulturelles Erlebnis einer Buchhandlung betritt man nicht mit ablenkenden Lebensmitteln. Geniessen Sie das draussen und kommen mit Sie mit frischem Geiste wieder herein. Ich werde Sie bedienen.“
    Nach dem Tod seiner Frau begegnete ich ihm, da war er kümmerlich und kaum noch seiner selbst. Es hat mich sehr gedauert, und seine Freunde in der ewig verschwiegenen Stammkneipe in Haidhausen sahen ihn ebenso wenig, wie der Metzger in der Pfalz; denn manchmal waren wir junge Buchhändlerinnen Nutzniesserinnen seiner Ausflüge zu diesem ebenso verschwiegenen Metzger und bekamen kleine Kostproben von Würsten und anderen Köstlichkeiten.
    Für mich war Lothar Borowsky eines der liebenswertesten Faktoten im positivsten Sinne des Wortes meiner jungen Buchhändlerzeit, den ich für seinen Humor, seine Ironie, Schlagfertigkeit und Kenntnis sehr geschätzt und gemocht habe. Solche Individuen fehlen immer mehr.
    Seiner Familie und seinen engen Freunden mein Beileid.

    Noch einer weniger, der einer war, wie er war. Er wird fehlen.

    Philine Meyer-Clason
    Tucholsky Buchhandlung
    Augustenstrasse 123 – 80798 München

  2. Liebe Frau Meyer-Clason,
    ich bin durch die Bücher von Möllhausen zufällig auf den Verleger Herrn Borowsky gestoßen und ich fand es schon mutig solch alte Texte neu aufzulegen. Möllhausen schreibt einen wunderbaren Stil.
    Das zu verlegen braucht Mut.
    Herr Borowsky hat es getan!
    Ihr Nachruf auf ihn erhebt ihn dahin, wo er hingehört: eine mutige Person, die sich etwas traut.

    Liebe Grüße
    Christian Kandler

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