Kaffeehaussitzers Netzrückblick Fundstücke aus den Literaturblogs – Januar 2017

Kalkowski
Der Kaffeehaussitzer in seiner natürlichen Umgebung Foto: © Vera Prinz

Weltpolitisch gesehen war der Januar 2017 ein sehr unschöner Start in das neue Jahr. Nichtsdestotrotz sind auch in diesem Monat wieder viele lesenswerte Beiträge aus der LitBlogosphäre zusammengekommen. Einen kleinen Eindruck davon gibt es hier im Januar-Netzrückblick.

Der Text, der mich mit am meisten beeindruckt hat, war Sophie Weigands „Die Angst vor dem Abgrund“, den sie in ihrem Blog Literaturen veröffentlicht hat. Es ist ein Aufruf dafür, mit Hilfe der Literatur auch Blicke in menschliche Abgründe zu wagen, um damit seine eigene Komfortzone zu verlassen. Und er zeigt, dass der Übergang von einem Blogbeitrag zu einem Essay fließend ist. Auf diesem Blog gibt es außerdem eine wunderbare Besprechung von Claudia Vamvas Buch „Sitze im Bus“, einer Autorin, die vielen Twitter-Nutzern als @Akkordeonistin bekannt ist und die zeigt, wie aus 140-Zeichen-Tweets Literatur entstehen kann.

Isabella Caldart hat in ihrem Blog Novellieren eine Liste schreibender Schauspieler und deren Werke zusammengestellt. Eine schöne Idee – und in den Kommentaren zu diesem Blogbeitrag entsteht dazu gleich noch eine Liste schreibender Musiker. Mareike Hansen alias Die Bücherkrähe schwärmt – zu Recht – von der Naturkunden-Reihe aus dem Verlag Matthes & Seitz. Und Mareike Fallwickl erzählt auf Bücherwurmloch, warum sie ein Faible für Literatur aus dem hohen Norden hat.

Auf den Hund gekommen: Die drei Bloggerinnen Claudia Pütz von Das graue Sofa, Birgit Böllinger von Sätze & Schätze und Sabine Delorme von Binge Reading & more haben sich zusammengetan und starten unter #lithund eine Blogtour über den Hund in der Literatur. Wir dürfen gespannt sein.

Nathalie Widmer, eine der beiden Zürich-liest-Macherinnen, gewährt in einem Interview auf Kaffeehaussitzer einen Blick hinter die Kulissen des größten Schweizer Literaturfestivals.

Sarah Schückel wundert sich in einem lesenswerten Beitrag auf ihrem Blog Studierenichtdeinleben über eine gewisse Maßlosigkeit, die sie immer wieder in der Buchbloggerszene beobachtet. Da mir persönlich Ausdrücke wie „Challenges“ im Zusammenhang mit dem Genuß des Lesens oder beamtige Abkürzungen wie „SuB“ für Stapel ungelesener Bücher stets seltsam vorkommen, spricht mir der Beitrag aus der Seele.

Auf Steffis Bücherkiste gibt es unter dem Titel „Adiós Lovelybooks, hallo LibraryThing!“ einen interessanten Vergleich zwischen diesen beiden Leser-Communities. Saskia Weyel schreibt auf Who is Kafka? „Lass die Leute lesen! – Ein Plädoyer für die Unantastbarkeit des Buchgeschmacks“. Und Jutta Wilke setzt sich auf Schreibwerk leidenschaftlich für das Verlassen der eigenen Filterblase ein – gerade in unruhigen Zeiten wie diesen.

Apropos: Auch wenn wir gerade fassungslos in Richtung USA starren – von dort kommt glücklicherweise auch anderes, nämlich großartige Literatur. Caterina Kirsten bespricht auf ihrem Blog Schöne Seiten „Hier bin ich“ von Jonathan Safran Foer, Joachim Kienbaum ist auf lustauflesen.de von Paul Austers neuem Mammutwerk „4321“ vollkommen begeistert und Simone Finkenwirth, die Klappentexterin, beschreibt in einem zweiteiligen Lesetagebuch, wie es sich angefühlt hat, drei Tage lang in einer abgelegenen Hütte Hanya Yanagiharas „Ein wenig Leben“ zu lesen (hier geht es zum zweiten Teil). Das war eine Aktion des Hanser Verlags, der diese Erfahrung mehreren Buchhändlern, Bloggern und Journalisten vor Erscheinen des Buches ermöglicht hat. Ergänzend dazu gibt es die Aufzeichnung eines Gespräches zwischen drei Buchhändlerinnen über diesen Roman.

In dem Beitrag „Jugend ohne Plot“ schreibt Thomas Brasch, warum ihn John Fantes „1933 war ein schlimmes Jahr“ nicht überzeugen konnte. Katharina Krüger filtert aus Geert Maks „Die vielen Leben des Jan Six“ fünf historische Kuriositäten heraus, für die alleine es sich schon lohnt, das Buch zu lesen. Und im Blog aus.gelesen gibt es eine fundierte Auseinandersetzung mit John Williams „Augustus“. Seit neun Jahren ist aus.gelesen bereits als Literaturblog online und enthält eine unglaubliche Fülle an ausführlichen und anspruchsvollen Buchbesprechungen.

Zum Schluss darf das Thema Literaturvermittlung und Literaturkritik im Netz nicht fehlen. Steffen Meier hat dazu mich als Kaffeehaussitzer für sein Online-Magazin „Digital Publishing Report #dpr“ interviewt; inbesondere ging es dabei auch um den Blogbuster-Preis. Das Interview steht nun ebenfalls im Blog wie werden wir lesen zur Lektüre bereit.

 

Uwe Kalkowski ist seit vielen Jahren in der Buchbranche tätig und kennt sie aus unterschiedlichen Perspektiven: Als Buchhändler in großen und winzigen Buchhandlungen, als Absolvent des Studiengangs Verlagswirtschaft in Leipzig und als Marketingmensch in verschiedenen Fachverlagen; seit 2009 ist er Marketingleiter des RWS Verlags in Köln. Als Kaffeehaussitzer bloggt er über Bücher, Literatur und Leseerlebnisse. In der Kolumne Kaffeehaussitzers Netzrückblick gibt er hier auf buchmarkt.de regelmäßig eine Übersicht über lesenswerte Fundstücke aus den Literaturblogs. „Vollkommen subjektiv, handverlesen und rein persönlich ausgewählt ohne Anspruch auf Vollständigkeit, denn eine solche kann es in einer so vielschichtigen Szene gar nicht geben“, wie er sagt.

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