Ein "Büchermach-Meister" wird heute am 7.7. siebenundsiebzig Jahre alt Jürgen Tesch (77)

Jürgen Tesch war und ist ein „Büchermach-Meister“ – und hier gibts noch aktuelle Bilder vom Geburtstag
Dieser Button hat heute seine Gäste an den ungewöhnlichen Geburtstagstermin erinnert und wurde von allen getragen

Jürgen Tesch wird heute (am 7. 7.) 77 Jahre alt. Deswegen heute in der Rubrik „Runde Geburtstage“ ein „runder“ Geburtstag, der keiner ist – so, wie auch Jürgen Tesch nie ein Verleger ohne Ecken und Kanten war – aber ein Verleger, der auf eine gradlinige und seltene Verlagskarriere zurückblicken kann: Sehr früh wurde er im wissenschaftlichen Springer Verlag Mitglied des Direktoriums, danach Verlagsleiter und Geschäftsführer bei Piper und trat 1977 als persönlich haftender Verleger und Gesellschafter in den Prestel Verlag ein, wo er das Verlagsprogramm zügig ausbaute und internationalisierte – mit Tochterunternehmen in London und New York. Nach seinem Ausscheiden dort gründete er neben seiner Beratertätigkeit für Verlage und Ausstellungsinstitute2007 die Edition Jürgen B. Tesch.

Ihm gratulieren heute Isabella Berr und Henning von Gierke; das Künstlerehepaar

Die beiden Gratulanten Isabella Berr und Henning von Gierke

hat Jürgen Tesch durch zwei ihrer Buchprojekte kennengelernt.   Jeder hat seine persönliche Erinnung an Jürgen Tesch;
Henning von Gierke diese:

Mit Fortuna Hand in Hand
In den siebziger Jahren begann jede Reise in einem Buchladen und ich kaufte mir das entsprechende Prestel-Buch, das unvergleichlich meine Sehnsüchte und Erwartungen zu dem Ziel erfüllte. Und dann stand 2008 dieser nicht nur geistig große Mensch vor mir, der diesen Verlag mit seinem Kunst- und Kulturverständnis gestaltete. 
Jürgen begegnete mir in einer meiner Ausstellungen und meine Hoffnung war sofort „mit diesem Kulturversteher“ mein nächstes Buch zu machen – meinen Katalog zur Ausstelung im Museum Ludwig.  Wie selbstverständlich gingen wir im Anschluß dieser Begegnung in mein Atelier und er atmete mein Malerchaos und ich seine Begeisterungsfähigkeit – eine über einjährige Buch-Gestaltung begann.
Ich lernte wie man Themenkreise so behandelt, dass ein Betrachter auf jeder Seite neu überrascht wird, dass jedes Bild auf dem Vorherigen aufbaut, dass ein ganzes Buch eine Erzählstruktur bekommt, die den Betrachter unmerklich immer tiefer in das Thema einbindet.
Ich war an einen Büchermach-Meister geraten: Er nahm moch mit auf seinen Schwingen, dorthin, wohin ich als malender Bild-Erzähler  niemals gekomemn wäre“

 

Und Isabella Berr erinnert sich so:

„Jürgen, der Büchermensch…
beeindruckt hat er mich durch die Art, wie er hingesehen hat, 
wie er kritisch war, 
wie er zugehört hat 
wie er Wesentliches erspürt hat und ..
wie er Widerspruch hat gelten lassen, wenn man ihn vehement genug formuliert hat.

Jürgen …

nicht nur groß an Körpergröße
auch groß in der Offenheit 
groß in der Fähigkeit sich wirklich einzulassen 
auf die individuellen Bilderwelten,
und die vielschichtigen Künstlerpersönlichkeiten.

Jürgen …

er ist Ratgeber im Zweiergespräch
er kann innehalten 
obwohl er im Leben und im Erleben aus dem Vollen schöpfen kann
er ist vital in Geist und Herz 
er ist liebevoll die Arme ausbreitender Mentor und inzwischen auch Freund

Jürgen…

nicht nur verwöhnt vom Leben,
aber auch  geküßt von Fortuna ,
die Mensch geworden – jetzt auch sein Leben mit ihm teilt.”
Dies geglückte Leben noch viele Jahre fröhlich, genussvoll und bewußt leben zu können 
wünschen wir ihm von Herzen zu seinem 77.Geburtstag !
Dr. Martin Tschechne mit Jürgen Tesch

Und das hier reichen wir für ihn noch nach: Sein Freund Dr. Martin Tschechne schickt hier diese

(NUN ENDLICH DOCH NOCH VORGETRAGENE) LOBREDE AUF JÜRGEN TESCH ANLÄSSLICH SEINES 77. GEBURTSTAGES IM JULI 2018:

Diese Rede hat eine Vorgeschichte.

Als Jürgen Tesch siebzig wurde – also 2011, vor genau sieben Jahren – da bat Yvonne von Kalinowsky mich, ein paar Worte über ihn und sein tolles Leben zu sagen. Weil es aber ein so rauschendes Fest war, übrigens genau an diesem Ort: gute Musik, gute Getränke und an jeder Ecke ein alter Freund, des es zu begrüßen und zu umarmen galt – aus lauter guten und unwiderlegbaren Gründen also kam ich mit meiner Rede nicht an die Reihe. Als uns endlich auffiel, dass da doch noch was war, war die Party vorbei. Oder doch so weit fortgeschritten, dass keiner mehr eine Rede hören wollte.

Aber unerledigte Aufgaben rumoren weiter – und so durfte ich heute wieder anreisen, um meine Rede nun doch noch zu halten. Ich sollte vielleicht vorausschicken: Mein Name ist Martin Tschechne; ich bin ein mittelalter Freund von Jürgen und Yvonne. Mittelalt nicht nur, was mein eigenes Alter betrifft, sondern mittelalt auch im Hinblick auf das Alter unserer Beziehung. Ich bin also keiner, der von Anfang an dabei gewesen wäre, aber auch keiner, der Jürgen erst seit vorgestern kennt: Wir haben ein paar wichtige Momente miteinander geteilt; sind sogar mal zusammen durch Barcelona gebummelt; die beiden kennen meine Frau Aki, die auch hier ist, meine Familie und mein Haus in Hamburg, und ich habe in beiden Schlafzimmern – in Berlin und in München – gesehen, dass die Teschs mit Bildern ins Bett gehen. Dass sie also Menschen sind, deren Beziehung zur Kunst echt ist. Ernsthaft und vital, und nicht nur ein Anlass, sich selbst darzustellen oder mit anderen ins Gespräch zu kommen.

Also: ein paar Worte sachlicher Art zu Jürgen Teschs Geburtstag. Ich habe erst mal geschluckt: Das ist ein ganz schön anspruchsvoller Auftrag. Ehrenvoll, hoch interessant – aber anspruchsvoll. Und für einen Journalisten, der sich seit vielen Jahren mit Kunst und Kultur befasst, ein echter Leckerbissen. Es gilt ja eben nicht nur, einen Verleger zu würdigen, der 40 Jahre lang großartige Bücher konzipiert, in Auftrag gegeben, überwacht, kontrolliert, berechnet und immer mit ganz großem eigenen Einsatz zur Welt gebracht hat. Jürgen Tesch hat sogar die Texte redigiert – der Verleger persönlich! Ich kann das aus eigener Erfahrung bestätigen. Will aber dazu anmerken, dass für mich genau darin ein Ausdruck von Glück liegt. Lebensglück. Wer von uns kann bei kritischer Selbstbefragung von sich sagen, seine Arbeit – sein Werk – so geschlossen von der ersten Idee über die Umsetzung in jedem einzelnen Detail bis zur Auslieferung an einen Händler in den eigenen Händen zu haben? Das können nur Künstler. Wir folgern also: Jürgen Tesch ist im Grunde seiner Seele ein Künstler. Aber das ist ja nur die eine von zwei Seiten.

Die andere: Es gilt in alledem einen zu würdigen, der in all dieser Zeit auch seine Auswirkungen auf den Lauf der Kunst gehabt hat. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Was im Deutschland der achtziger, neunziger und Nuller-Jahre in der Kunst passierte, das hatte immer irgendwie auch mit Jürgen Tesch zu tun. Jürgen Tesch hat den Prestel Verlag zu einem Maßstab und zu einem Impulsgeber für die Kunst in Deutschland gemacht. Er hat Prestel in die Welt vergrößert. Gehen Sie in eine Kunstbuchhandlung in New York. Was sehen Sie da? Prestel. Manchmal fälschlich auf dem letzten „e“ betont – aber das alles ist das Werk dieses Verlegers. Er wurde damit selbst ein Maßstab und ein Impulsgeber für die Kunst. Um es ganz deutlich zu sagen: Die Kunst der letzten 40 Jahre hat sich entwickelt, wie sie sich entwickelt hat, ganz gewiss auch, weil Jürgen Tesch da war. Weil er gestaunt hat, sich geärgert, weil er gelangweilt war oder wie ein Kind die Treppe zum Atelier hochgerannt ist. Ich habe Jürgen so manche Treppe hoch rennen sehen. Hallo Yongbo, hallo Bernd, hallo Leif.

Gut. So viel zum Auftrag. Ich machte mich also an die Arbeit, orientierte mich an Jürgens eindrucksvoll energiegeladenem Lebenslauf, stellte Beziehungen her zu den Ereignissen und Entwicklungen in der Kunst. Nach einer guten Weile hatte ich ein präsentables Papier beieinander, 64 Seiten. Ich rief Yvonne an und sagte ihr: Meinetwegen kann’s losgehen. Die Party läuft. Ich habe Werk und Wirkung Deines auch mit 77 noch jungen Gatten durchgearbeitet, und wenn ich sehr schnell spreche, dann ließe sich das ganze – sehr nett, sehr spannend und sehr unterhaltsam – in kaum mehr als anderthalb Stunden ganz bequem darlegen. Na, sagen wir: zwei. Die Kunst liege eben darin, sich wirklich nur auf die wichtigsten Eckdaten zu beschränken. Ich will mich nicht über Gebühr selber loben, aber ich war sehr stolz auf mein Werk.

Yvonne sagte: Super. Mach’s in fünf Minuten.

Also schön. Alles zurück auf Anfang. Ich werde also nicht erzählen von dem jungen Mann, der mit gerade mal 22 Jahren in die Verlagsbranche einstieg, der vom Springer-Wissenschaftsverlag nach New York geschickt wurde. Der zum Piper-Verlag kam, dann, 1977, den Prestel-Verlag übernahm – einen schon renommierten, traditionsreichen Kunstbuch-Verlag, der aber auf einen wartete, mal ein bisschen frischen Wind herein zu bringen. Es entgeht Ihnen und Euch – der knappen Zeit ist es geschuldet – auch die Schilderung jener offenbar wilden Jahre, in denen Prestel zur internationalen Marke wurde, zu einem Medienkonzern, in dem sich alles um die Kunst drehte. Lassen wir es mit der knappen Bemerkung bewenden: Jürgen Tesch hat seinen Verlag zur Weltmarke gemacht.

Aber die Zeit eilt davon. Ich erzähle also auch nicht von der Edition Jürgen B. Tesch, die Jürgen als Ruheständler erfand, um auch nicht so ganz ohne die Kunst und die Kunst des Büchermachens leben zu müssen, nachdem sein Lebenswerk nun in der Verlagsgruppe Randomhouse untergekommen ist. Fragt ihn selber. Es bleibt ja Zeit. Ich erzähle aber noch ein Beispiel seiner Art zu arbeiten. So eine Episode gibt ja manchmal sehr weit reichende Auskunft über den, der da zu charakterisieren ist.

Zu schreiben war also ein Buch über einen chinesischen Künstler, der seit 20 Jahren in München lebt. Jürgen deutete an, dass er mich gern als Autor für dieses Buch gewinnen würde. Sprach über einen sehr interessanten Maler, zeigte mir einige Kopien seiner Arbeiten – und ich war entsetzt: laut keckernde Bilder waren das, hämisch, aggressiv, bisweilen vulgär. Affen, die in Bierseidel pinkeln: Also schönen Dank auch, lieber Herr Tesch, aber dazu fiele mir nun echt nichts ein. Okay, sagte Jürgen, kein Problem, reden wir über was anderes. Ein paar Tage später trafen wir uns auf ein Bier, nichts Besonderes lag an, nur mal ein bisschen die Freundschaft pflegen. Ein Gast kam hinzu, Chinese, lange Haare, sehr cooler Akzent – ein Maler, wie Jürgen ihn mir vorstellte. Und ein unglaublich netter Kerl, wie der weitere Abend zeigte. Wieder ein paar Tage später wird die Unterhaltung in einem Atelier fortgesetzt, wie ich es noch nie gesehen hatte: riesige Bilder, bis unter die Decke gestapelt. Es riecht nach Ölfarbe. Wir trinken Kaffee, später Rotwein, die Bilder auf der Staffelei, an den Wänden sind der Wahnsinn. Ich traue mich kaum hinzuschauen.

To cut a long story short: Das Buch kam zustande. Der Maler heißt Yongbo Zhao, da vorne sitzt er. Ein irrer Kerl, einer der tollsten Typen, die ich je getroffen habe. Längst ein lieber Freund. Seine Bilder sind sensationell. Ich brauchte eben nur eine Weile, bis ich das kapiert hatte. Aber wer einen Freund hat wie Jürgen Tesch, der braucht sich da keine Sorgen zu machen: Er wird hingetragen. Mit einer Engelsgeduld, mit Rotwein, mit Überzeugungsarbeit und vor allem: mit seiner eigenen Überzeugung. Es ist übrigens – und hier kommen wir zum Wesenskern seines Erfolgs – es ist die gleiche Methode, mit der ein Jürgen Tesch sein Publikum als Verleger mitreißt.

Ach, wenn es doch lauter solche Verleger gäbe! Aber es gibt nur einen, leider. Gott sei Dank! Lieber Jürgen: Ich gratuliere Dir zu Deinem Siebenundsiebzigsten. Von ganzem Herzen. Und von ganzem Herzen wünsche ich Dir den Schwung und die Überzeugungskraft, noch viele Bücher zu machen. Ich bin gern dabei. Und ich bin glücklich und dankbar, mich zu Deinen Freunden rechnen zu dürfen.

 

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