Ein Krimi, und doch kein Krimi Jan Costin Wagner thematisiert gewohnt feinfühlig „eine Frage, die uns alle verbindet“

Jan Costin Wagner wurde 1972 geboren und studierte Literaturwissenschaft und Geschichte. Seine Abschlussarbeit schrieb er über die verborgenen Abgründe in der Prosa Adalbert Stifters. Er lebt heute als freier Schriftsteller und Musiker in der Nähe von Frankfurt. Finnland, der Schauplatz der Romane um den jungen Ermittler Kimmo Joentaa, ist seine zweite Heimat.

Wagners Romane wurden in 14 Sprachen übersetzt, die amerikanische Ausgabe des Romans Eismond wurde 2008 für den Los Angeles Times Book Prize nominiert. Das Schweigen wurde 2008 mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet und 2010 von Baran Bo Odar verfilmt. Zuletzt erschien 2015 der Erzählband Sonnenspiegelung und nun 2017 sein Roman Sakari lernt, durch Wände zu gehen (Galiani). Hier geht es im Kern um die Frage, wie wir weiterleben können, nachdem das Schlimmste, was wir uns vorstellen können, tatsächlich passiert ist. Anlass für Fragen an den Autor:

BuchMarkt:  Herr Wagner, worum geht es in Ihrem Buch?

Jan Costin Wagner © Heike Bogenberger

Jan Costin Wagner: Sakari lernt, durch Wände zu gehen handelt von zwei Familien, die den Weg zurück suchen.  Und Kimmo Joentaa, der Protagonist der Romanreihe, versucht sein Bestes, um ihnen dabei zur Seite zu stehen.

Wie entstand die Idee dazu?

Als ich vor ziemlich vielen Jahren zu schreiben begann, hätte ich es so  klar nicht formulieren können, aber heute weiß ich, dass alle Romane, die ich schreibe, von dieser Frage nach dem Weiterleben nach dem fundamentalen Verlust erzählen. In gewisser Weise also von dieser Frage nach dem Moment, in dem der Tod ins Leben tritt, und von der Zeit danach.

Es geht in jedem Ihrer Romane um dieses Thema?

Durch Klick aufs Cover geht’s zum Buch

Ja, aber es nähert sich ihm auf andere Weise. In Sakari lernt, durch Wände zu gehen geschieht  es auf Basis eines vielperspektivischen Mosaiks, in das der Leser auf der letzten Seite den letzten Stein einfügen kann.  So dass er am Ende der Lektüre, im Gegensatz zu den Protagonisten der Geschichte, ein vollständiges Bild sehen kann.

Mit welchem Argument kann der Buchhändler das Buch am besten verkaufen?

Damit, dass es es von ganzem Herzen kommt und dass es sich mit Fragen auseinandersetzt, die uns alle verbinden, so unterschiedlich wir auch sein mögen.

Welche Leserschaft wird angesprochen?

Vermutlich alle, die es melancholisch, lakonisch und empathisch mögen. Und traurig. Und glücklich.

In welchem literarischen Umfeld sehen Sie Ihr Buch in der Buchhandlung?

Da Kimmo Joentaa Ermittler ist, liegt Sakari häufig bei den Kriminalromanen. Das ist gut so, er könnte aber eigentlich überall liegen, weil Kimmo dazu neigt, eher in der Seele als im Fall zu ermitteln. Ich selbst versuche ohnehin immer, wenn ich als Leser in einer Buchhandlung bin, den Blick zu öffnen und neu zu justieren – weg von den Kategorisierungen und hin zu der Frage, ob da ein Buch ist, eine Geschichte, die in gewisser Weise mich sucht, weil sie mir etwas geben möchte, das bleibt.

Wie kamen Sie denn  überhaupt zum Schreiben?

Irgendwann in der Jugend hat sich dieser Gedanke herausgebildet, dass ich in der Sprache einer Erzählung, eines Romans, vielleicht am weitesten vordringen könnte in der Betrachtung von Menschen, die sich in Grenzsituationen befinden. Mit Mitte 20 habe ich dann begonnen, diesem Gedanken , diesem Grundgefühl zu folgen und meinen ersten Roman zu schreiben.

Was lesen Sie privat?

Ich lese gerne Romane, die mir das Gefühl vermitteln, dass diejenigen, die sie geschrieben haben, das Geschriebene unbedingt teilen wollten. Und ich mag Bücher, deren Sprache einen eigenen unverwechselbaren Sound, eine eigene Melodie findet.

Was ist Ihre persönliche Lebensphilosophie?

Ich habe noch nie eine bewusst ausformuliert.  In jedem Fall glaube ich,  dass Erwachsene  gut daran tun, den Kindern zuzuhören.

 

 

 

 

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