Immer Freitags hier ein 'Autorengespräch', heute mit ... …Islamkritikerin und Feministin Zana Ramadani über Männer, Macht und #Frauen

Zana Ramadani (c) Joerg Schulz: „Ich habe den Traum, dass alle Menschen Humanisten werden. Wenn es dazu kommt, dann brauchen wir keine Lobbyisten mehr, keine Sozialisten oder Kommunisten, ja nicht einmal mehr Feministinnen“

Seit Wochen erhitzt die Kampagne #MeToo die Gemüter. Mitte Oktober von US-Schauspielerin Alyssa Milano ausgelöst, fordert der Hashtag Frauen auf, offen über sexuelle Belästigung und Vergewaltigung zu berichten. Seitdem haben unzählige Frauen weltweit bekannt, in der Vergangenheit sexuell drangsaliert worden zu sein. Auch Bestsellerautorin und Feministin Zana Ramadani hat bei deutschen Männern einiges erlebt – von eindeutigen Angeboten bis hin zu Übergriffen durch namhafte Politikergrößen. In ihrem neuen Buch Sexismus. Über Männer, Macht und #Frauen (Europa Verlag/ET 28.Februar) spricht sie Klartext über den Sexismus vieler Männer, geht aber auch mit dem Aktionismus mancher #Feministinnen hart ins Gericht. Anlass für Fragen an die Autorin:

BuchMarkt: Worum geht es in Ihrem Buch, Frau Ramadani?

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Zana Ramadani:  In dem Buch geht es um den alltäglichen Sexismus ebenso wie die Kampagnen #metoo, #aufschrei etc. Diese sind einerseits wichtig und richtig, jedoch tragen sie in ihren Ausuferungen nicht zur Weiterentwicklung der Gesellschaft bei. Auch bekämpfen sie nicht die Ursache der wirklichen Probleme, sondern kratzen nur an der Oberfläche. Damit wird der Geschlechterkampf zum Geschlechterkampf. Denn es gibt zwei Formen des Sexismus: körperlich und geistig.

Wer sexistisch denkt, handelt auch eher sexistisch. In der Extremform gipfelt das in Gewalt gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Dies gilt für Männer, als auch für Frauen. Ein Problem ist auch, dass es unter dem Etikett „Feministin“ so viel inhaltliche  Uneinigkeit gibt, dass daraus ein Gegeneinander geworden ist; Der modern gewordene Genderfeminismus steht konträr zu dem Urfeminismus. Dieser Genderfeminismus kämpft für die Betonung  des Geschlechtes und fördert so die Fokussierung auf die Sexualität und das Gegeneinander der Geschlechtes auch im Alltag. Der Urfeminismus hingegen kämpft dafür, dass es keine geschlechts-und sexuell-bedingten Vorteile oder Nachteile im Alltag gibt. Für Urfeministinnen sind wir alle vorrangig Menschen.  Also – gleich.

Wie entstand die Buch-Idee (der Anlass) dazu?

Ich widme den größten Teil meines Lebens dem Kampf gegen Geschlechterungerechtigkeit. Nun haben wir aktuell erneut eine Debatte, die letztlich in vielen Bereichen nur oberflächlich und hysterisch geführt wird und ausufert. Was blieb mir also übrig?

Ich habe noch nie erwartet, dass jemand den Kampf für mich führt oder gar den Weg freimacht. Also sehe ich das als Verpflichtung an, die negative Weiterentwicklung der Gesellschaft auch selbst zu bekämpfen.

Pressekonferenz zum Buch: Feministin und Bestseller-Autorin Zana Ramadani stellte sich den interessierten Fragen von rund 30 Vertretern der nationalen und internationalen Presse

Mit welchem Argument kann der Buchhändler das Buch am besten verkaufen?

Dieses Buch ist ein Buch auf Augenhöhe mit dem Leser. Es zeigt die wirklichen Probleme der Mehrheitsgesellschaft in der Realität auf und wie diese bekämpft werden können. Außerdem durchleuchtet es Hastag-Kampagnen und die Genderfeministinnen. Das Buch schafft Klarheit und Durchblick: Was ist gut an solchen Kampagnen, was ist negativ. Wer ist für mich, wer nicht.

Welche Leserschaft soll angesprochen werden?

Alle, die des Lesens mächtig sind. Menschen als Interessierte, Menschen als Betroffene – seien es Opfer, oder diejenigen, die sich für Opfer halten. Und die Verursacher, Förderer von Geschlechterungerechtigkeit und natürlich Täter. Denn verstehen und lernen darf, sollte jeder.

Sie gehen in Ihrem Buch mit dem Aktionismus mancher #Feministinnen hart ins Gericht, heißt es. Wie ist das zu verstehen?

In Ihrer Frage liegt bereits ein Teil der Antwort: Aktionismus bedeutet ja unreflektiertes oder zielloses Handeln ohne Konzept. Das hilft also niemandem.  Die ausufernden hysterischen und pauschalisierenden #Kampagnen sorgen dafür, dass Männer und auch Frauen noch verunsicherter werden. Frauen erstarren in ihrer Opferrolle und scannen scheinbar fortwährend ihren Alltag danach, ob sie Opfer geworden sind. Und Männer haben Angst vor Vorverurteilung – wenn sie eine Frau ansprechen, ein Kompliment machen, ein Kind anlächeln. Denn das alles könnte ja sexuell motiviert sein.

Welche Strafen für die Täter halten Sie für angemessen?

Wenn ich emotional darauf antworte, dann würde ich am liebsten jeden Täter, der ein Kapitalverbrechen begeht, lebenslänglich weg sperren, damit kein Mensch jemals wieder durch diesen Täter in Gefahr geraten kann. Und mit lebenslang meine ich auch lebenslang. Damit würde auch jedem Menschen gezeigt werden, dass solche Verbrechen harte Konsequenzen mit sich bringen und unsere Gesellschaft dies auf keinen Fall duldet.

Und rational?

Wenn ich rational den rechtlichen Rahmen bedenke, fordere ich die zuletzt eingeführten Gesetze bzgl. sexueller Gewalt konsequenter anzuwenden. Bei z.B. Vergewaltigung und Kindesmissbrauch muss es härtere Strafen geben.

Sie sagen ganz klar, dass auch Männer Opfer werden können – und umgekehrt, dass Frauen nicht jedes falsch verstandene Kompliment überbewerten und als #METOO abtun sollten. Was ist Ihr Tipp? Wie schafft es die Gesellschaft wieder in ein Gleichgewicht?

Ich glaube schon, dass wir uns nach dem Abklingen der Hysterie wieder auf die tatsächlichen Probleme konzentrieren können und uns dem Kampf für ein Miteinander und Gleichstellung der Geschlechter widmen können. In diesem Buch konzentriere ich mich wieder auf die Rolle der Frau, sowohl als Opfer als auch als Täterin. Ich zeige selbstkritisch auch unser sexistisches Verhalten als Frau auf und wie Frauen Männer auf die Stereotype Versorger, Besorger, Absicherer, potenzieller Täter reduzieren. Es ist wichtig, uns erstmal an die eigene Nase zu fassen. Zu erkennen, dass wir Frauen genug in den eigenen Reihen haben, die die festen Rollenbilder und das leider noch herrschende patriarchale System mit unserem alltäglichen Handeln bewusst und unbewusst stützen und fördern.  Ich zeige auch, dass Freiheit nicht darin besteht, alles als Frau tun zu dürfen, sondern viel mehr nicht alles tun zu müssen. Wir Frauen und gerade wir Mütter haben eine Verpflichtung der nächsten Generation gegenüber. Daher müssen wir uns selbstkritisch betrachten.

Gibt es drei Worte, die das Buch perfekt beschreiben?

Schonungslos, Offen. Notwendig.

Die Fragen stellte Franziska Altepost

 

 

 

 

 

 

 

 

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