Das Autorengespräch Isabel Bogdan: „Die Geschichte fand ich so abgefahren, dass ich sie erzählen wollte“

Isabel Bogdan

Immer freitags hier ein Autorengespräch: Dieses Mal mit Isabel Bogdan über ihre Tätigkeit als Literaturübersetzerin, Autorin und Bloggerin und ihren ersten eigenen Roman Der Pfau (Kiepenheuer & Witsch) – der sich auf Anhieb zum Überraschungsbestseller entwickelt hat:

Das Buch ist im Frühjahr 2016 erschienen – inzwischen sind 50.000 Exemplare verkauft. Das war Anlass für Fragen an die Autorin.

Frau Bogdan, Sie sind erfolgreiche Übersetzerin englischer Literatur, Autorin und Bloggerin. Besteht da ein Zusammenhang, oder hat sich das eine nach und mit dem anderen entwickelt?

Isabel Bogdan: Übersetzen ist mein Beruf, den ich seit 16 Jahren ausübe, Bloggen www.isabelbogdan.de www.wasmachendieda.de seit 11 Jahren ein Hobby. Beides trainiert das eigene Schreiben natürlich. Übersetzen und Schreiben können einander in beide Richtungen befruchten. Das Übersetzen zwingt einen zu großer Genauigkeit im Umgang mit der deutschen Sprache, das kommt einem beim Schreiben zugute. Beim Schreiben hingegen lernt man eine gewisse Großzügigkeit, die auf jeden Fall auch beim Übersetzen gut tut.

Auf welche Art von Literatur haben Sie sich spezialisiert, welchen Lesertyp sprechen diese Bücher an? Sind Ihre Literaturübersetzungen im gleichen Stil wie Ihr eigenes Buch?

Ich liebe es, mich gar nicht so sehr spezialisieren zu müssen, sondern immer wieder etwas Neues zu machen. Jedes Buch ist anders, jeder Autor schreibt anders. Und Katja Lange-Müller hat mal gesagt: Der Inhalt sucht sich die Flasche aus, in die er gefüllt werden möchte. Jede Geschichte braucht ihren eigenen Sound, und den muss man als Übersetzerin nachempfinden. Das ist für mich das Wundervolle am Literaturübersetzen: für jedes Buch den richtigen Ton zu finden. Für meinen eigenen Roman Der Pfau war mir der Sound sofort klar, ich habe gar nicht danach gesucht. Der Pfau musste unbedingt britisch klingen, mit einem leicht ironisch-distanzierten Unterton.

War es immer ihr Traum, auch eigene Bücher zu schreiben und zu veröffentlichen?

Als Übersetzerin wird man häufig gefragt, ob man nicht auch selber schreiben möchte, und die meisten von uns macht diese Frage wütend. Zu Recht – weil immer ein bisschen mitschwingt, dass Übersetzen als eine Art „Schreiben zweiter Klasse“ wahrgenommen wird, wie etwas für Leute, die das richtige „Schreiben“ nicht hinkriegen. Aber so ist es nicht, es sind zwei ganz unterschiedliche Tätigkeiten. Dem einen liegt das eine mehr, dem anderen das andere. Ich bin nach wie vor eine glückliche Übersetzerin. Aber dass der Pfau jetzt erschienen ist: Ein Traum.

Erzählen Sie doch kurz von Ihrem Debütroman und seiner Entstehungsgeschichte.

Der Pfau spielt auf einem einsamen Anwesen in einem kleinen Tal in Schottland, wo eine Gruppe von Investment-Bankern aus London ein Teambuilding-Wochenende verbringt und dabei von einem verrückt gewordenen Pfau aus dem Konzept gebracht wird. Ich kenne das Anwesen sehr gut, ich bin seit fast 25 Jahren mit den Besitzern befreundet. Eines Tages spielte dort tatsächlich ein Pfau verrückt und griff blaue Sachen an, unter anderem die Autos von Feriengästen. Das fand ich so abgefahren, dass ich es erzählen wollte. Das Setting ist also fast eins zu eins wie im Original; die Geschichte und ihre Figuren sind frei erfunden. Bis auf den Pfau.

Mit welchem Argument kann ein Buchhändler ihr Werk am Besten verkaufen?

Es ist ein Buch für alle, die Großbritannien und den leisen britischen Humor mögen, also zum Beispiel für Leserinnen von Alan Bennett. Der Vergleich kommt immer wieder von Buchhändlern und schmeichelt mir sehr. Was ein Kompliment! Viele Buchhändler sagen auch, dass ihre Kunden immer mal wieder „etwas Schönes“ lesen möchten, etwas das nicht zu schwer und gleichzeitig nicht zu schlicht ist.

Ist schon ein neues Buch in Planung? Woran schreiben Sie gerade? Als Autorin oder als Übersetzerin?

Im Moment bin ich vor allem auf Lesereise. Nebenbei fange ich mit der Übersetzung eines Erzählbands von Jane Gardam an, der im Herbst 2017 bei Hanser Berlin erscheint. Und Kiwi hat auch schon nach dem nächsten eigenen Roman gefragt, in meinem Hinterkopf fängt es ein bisschen an zu rumpeln. Wenn es etwas wird, dann etwas ganz anderes als der Pfau.

Zum Autoreninterview der letzten Woche mit Sabine Scholl, die als Jurorin für den ILP Internationaler Literaturpreis tätig ist [mehr…].

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