Runde Geburtstage Ida Schöffling (70)

Ida Schöffling wird heute 70 Jahre alt. Martina Gollhardt gratuliert der Frankfurter Verlegerin und ihrer „unvergleichlichen Freundin“ zum runden Geburtstag:

Ida Schöffling

Nun auch Du, liebe Jubilarin, und d i e s e s anniversary mit Dir immer junger Freundin in Verbindung zu bringen, fällt mir schwer. Ich beschränke mich darauf, die Höhepunkte unserer ziemlich besonderen Freundschaft festzuhalten; Dein Lebenswerk angemessen zu ehren überlasse ich lieber den Branchenprofis.

Ich bescheide mich also damit, zu erzählen von unserer über zwanzigjährigen Verbindung aus den Kollegenjahren bei Fischer, die allmählich in unsere Freundschaft mündete und, glaub ich, ihren Anfang nahm bei einer gemeinsamen Dienstreise zu einer Präsentation der neu editierten Anne Frank-Tagebücher; Du hast diese Edition damals betreut. Wir brachten diese Veranstaltung hinter uns, und auf der Rückfahrt nach Frankfurt lud ich Dich ein in den Speisewagen auf einen Absacker.

Später hast du mir erzählt, wie überrascht und auch erfreut Du über diesen kleinen nachdienstlichen Ausreißer warst, und er scheint, rückblickend betrachtet, der Grundstein gewesen zu sein für alle unsere späteren kleinen Lustreisen, die Du dann initiiert hast.

Dein Plan war, einmal im Jahr gemeinsam eine kleine Reise zu machen in Städte ohne ICE-Verbindung – also in beschauliche Städte. 1997 brachen wir zum ersten mal auf; Ziel war Boppard, wo wir aber trotz schönstem Sonnenschein elend froren und uns im Thonet-Museum aufwärmten. Im gleichen Jahr zog ich wieder nach Köln, um meinen Kindern großmütterlich zur Seite zu stehen; mein Weggang aus Frankfurt änderte aber nichts an unseren Reiseplänen und schon gar nichts an unserer Freundschaft. Es würde zu weit führen, alle unsere Reisen aufzuzählen – wir haben jede von ihnen als einzigartig und anekdotenwürdig empfunden. In Bad Salzschlirf verklitschten wir Deine Bahnbonuspunkte in einem angejahrten Nobelhotel, das als Vorlage fürs Grand Budapest Hotel hätte herhalten können und dessen winziges Raucherzimmer uns als Kammer des Grauens in nachhaltig schöner Erinnerung bleiben wird. In Xanten aßen wir vor unserem Hotel am Marktplatz draußen zu Abend und hatten den menschenleeren Platz für uns allein, weil Fußball-EM war, die wir akustisch bis ins Letzte mit verfolgen konnten.

In Siegen wussten wir nicht mehr so recht, warum wir uns gerade diesen Ort erkoren hatten, bis wir im Oberen Schloss die schöne Sammlung früher Rubensbilder entdeckten und so von unseren Zweifeln erlöst wurden – schon deshalb hatte sich unser Besuch gelohnt. Lüttich war denkwürdig, weil wir nicht an die Maas kamen, die ich Dir als besonders idyllisch geschildert hatte. Meiner Erinnerung stammte allerdings aus den siebziger Jahren – heute ist die Maas von Schnellstraßen abgeschottet, und vor lauter Baustellen kamen wir nicht hin. Wir gaben auf und entschieden uns fürs Abhängen – schöne Plätze dafür gab es genug. Wir weichten allmählich auch das Prinzip auf, nur Städte ohne ICE-Anschluss anzufahren. Wir waren in Münster, das, Tatort-und Wilsberg zufolge, ein rechtes Verbrechernetz sein soll, sich aber als propere, lebendige Stadt erwies, in der es sich gut schlendern ließ und wo wir abends vor den Mengen deftigen westfälischen Essen kapitulierten und beim Wein blieben. Weißt Du noch, wie wir in Essen im Treppenhaus unseres Apartmenthotels umherirrten und anstatt des im Internet so jung und nett angezeigten Rezeptionsteams nur eine Geisterstimme vorfanden, die uns mit Chipkarte umständlich in unsere Zimmer dirigierte? Die Zeche Zollverein war dann umso grandioser, wir mieden aber allzu große Höhen und Tiefen und blieben auf den mittleren Ebenen.

Es wird Zeit für ein Bekenntnis –  wir nahmen es mit der Kultur nicht ganz so genau. Wenn eine Kirche oder ein Museum lockte, ließen wir uns darauf ein, aber wir hatten nicht immer unseren Dehio unterm Arm, sondern ließen uns treiben und gingen alles gemächlich an –  den Takt gaben eher die Cappuccino-und Áperol-Pausen vor, und mit den Jahren entwickelten wir eine gewisse Meisterschaft darin, unsere Reisetäschchen immer minimaler zu halten.

Und in nun zwanzig Jahren kamen einige Städte zusammen – Weimar, Bamberg, Aachen, Maastricht – Köln und Frankfurt gehörten als jeweilige Besuchsziele auch zum Programm. Diese kleinen Reisen – ein Tag mit einer Übernachtung –  wurden zu einem wichtigen Bestandteil unserer jeweiligen Jahresplanung und festigten den Ruf unserer Reisefreundschaft.

Zu der gehört auch, dass Du meine runden und halbrunden Geburtstage bei Dir zu Hause ausrichtetest und ich meine Fischermädels nicht nach Köln zitieren musste. Und Du hast uns, begnadete Gastgeberin, die Du bist, die allerschönsten Abende bereitet, deren Kernstück immer eins Deiner legendären Pastagerichte war. Legendär ist auch Deine Entspanntheit und Effizienz, mit der Du Deine Gastlichkeit ausübst. Wie oft saßen wir, kurz bevor die Gäste kamen, noch auf eine Zigarette bei Dir im kleinen Hof – alles war vorbereitet ohne Hektik und Hausfrauennervosität. Meine enge und andauernde Verbundenheit zu den alten Fischerkolleginnen hat ihren Halt auch in Deinen Tischrunden, dafür werde ich Dir immer dankbar sein.

Meine Frankfurt-Besuche sind seltener geworden, aber der Stop bei Dir in Deinem schönen Büro mit Gleisanschluß gehört unverbrüchlich dazu. Den Blickfang bildet die Wand mit den Titelbildern Eurer Literarischen Kalender, und in meiner Wahrnehmung dominieren die Cover des Katzenkalenders. Du hast diesen Kalender konzipiert, gibst ihn heraus und hast ihn über die Jahre zu einer unentbehrlichen Institution für alle Katzenfreunde und zur wirtschaftlich tragenden Säule für den Verlag gemacht. Vielleicht hat ja auch Dein unvergleichlicher nom ne plume, Julia Bachstein, dazu beigetragen, er lässt nicht nur Katzenherzen höher schlagen.

Dein Büro beeindruckt vor allem durch seine großzügige Dimension und Deinen Schreibtisch, der eher Dein Arbeits-Cockpit ist. Der Raum ist buchstäblich Ausdruck Deiner Persönlichkeit und Deiner Arbeit, und er vermittelt der Besucherin sofort, dass beide untrennbar zusammengehören. Damit komme ich zurück auf den Begriff Lebenswerk, der ja gerne bei den entsprechenden Anlässen bemüht wird.

Für mich bist Du selbst Dein Lebenswerk und hast es entwickelt im gemeinsamen Leben und Arbeiten mit Klaus. Matthias Claudius hat es für Euch schon damals in seinem zeitlos schönen Gedicht an seine Frau Rebecca zur silbernen Hochzeit auf den Punkt gebracht. „Ich war wohl klug, dass ich Dich fand…“

Und ihr wart Beide klug. Das drückt sich aus in Eurer gemeinsamen Arbeit, Eurem verlegerischen Erfolg und nicht zuletzt in Euren Freundschaften, und ich bin glücklich, ein Teil davon zu sein.

Bitte, lass uns weiter unsere kleinen Reisen machen, so lange wir es noch können, denn allmählich wird das Alter uns seinen Takt aufzwingen, und dann werden wir Zwei zusammen auf einer Bank sitzen und einander von unseren wilden Abenteuern erzählen.

Bis dahin bleib meine unvergleichliche Freundin, mit der es sich so wunderbar reisen, reden, erzählen und einander zuhören lässt. Und nächstes Jahr geht’s nach Soest. Versprochen!

Ich gratuliere Dir – dankbar und von ganzem Hertzen.

Deine Martina

Kontakt: ida.schoeffling@schoeffling.de

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