Krimiautor Tommie Goerz im Sonntagsgespräch über seine Lesungsreihe "LEGERE - Lesen gegen rechts" „Ich will ein klares Zeichen setzen!“

Tommie Goerz (c) Jacco Kliesch

Den gesamten November über liest Tommie Goerz in fränkischen Buchhandlungen ohne Eintritt und Gage. Dabei wird er Spenden sammeln für Vereine und Organisationen, die sich gegen rechts engagieren. LEGERE hat er seine Aktion getauft, mit „Legere Lesung gegen rechts“ wirbt er dafür auf den Plakaten. Wir sprachen mit dem Kriminalautor über seine Aktion:

BuchMarkt: Sie sind Autor von Kriminalromanen, die in Franken spielen und haben die Aktion „LEGERE – Lesen gegen rechts“ ins Leben gerufen. Was muss man sich darunter vorstellen?

Tommie Goerz: Etwas Kriminelles natürlich – nein, Spaß beiseite. Zunächst einmal: Legere ist ja lateinisch und bedeutet „lesen, sammeln“. Gleichzeitig ist Legere die Abkürzung für „Lesen gegen rechts“. Und: Das französische „légère“ steht für locker und leicht. Diese drei Dinge zusammen machen Legere aus. Ich gehe in Buchhandlungen, lese und erzähle entspannt –  also ganz légère – und ohne Gage „Kriminelles aus Franken“ und sammle Spenden, die ich zu 100 Prozent an Initiativen gegen rechts weiterleite. Das alles, wie gesagt, ausdrücklich „légère“ , denn Konfrontation bewirkt nur Verhärtung. Humor und Lockerheit sind sehr viel menschlicher, auch bei ganz klarem Standpunkt. 

Was hat Sie zur Idee für die Legere-Lesungsreihe bewogen?

Mehreres.  Ich war in Frankreich im Urlaub, hatte gerade Familie Salzmann von Erich Hackl gelesen, zuvor Sebastian Haffners Geschichte eines Deutschen beides sehr bedrückende Zeugnisse davon, wie die Nazis und deren Menschenverachtung damals mehr und mehr an Macht gewannen, Angst und Gewalt verbreiteten und das alltägliche Leben veränderten. Dann ging ich ins Internet – und prompt flogen mir fern der Heimat die Meldungen rund um Chemnitz um die Ohren. Brüllende, enthemmte, ganz offensichtlich Gewalt bejahende Menschen auf der Straße, die sich ganz öffentlich zum rechten Rand bekannten – und die man gewähren ließ, als sei deren Verhalten das Normalste der Welt. Erschreckend. Und genau das, was man nach so einer Lektüre braucht. Dazu kam das offensichtliche Erstarken der A-Partei vom äußersten rechten Rand, die schon ziemlich erfolgreich dabei ist, sich Salonfähigkeit zu erschleichen. Da dachte ich mir: Das alles darf sich nicht wiederholen. Und: Ich muss etwas tun! Doch was kann ich als Einzelner und als Autor tun? Schreiben, klar, aber das tue ich ja ohnehin. Also bleibt mir das Lesen. So entstand die Idee.

Wie war die Reaktion auf Legere?

Das bleibt abzuwarten, denn noch hat ja keine Lesung stattgefunden. Die Reaktion auf die Ankündigung aber war sehr groß und durchweg positiv. Ich hatte nur einen kleinen Post auf meiner facebook-Seite gesetzt, noch von Frankreich aus, der aber verbreitete sich sehr schnell. Dann griff ihn dankenswerterweise auch noch die Presse auf – und schon kamen die Anfragen aus dem Buchhandel. Zudem zahlreiche E-Mails von Personen, die mir schlicht sagen wollten, dass sie die Idee gut fänden. Das alles macht doch sehr viel Mut. Dann steuerte der Verlag noch die Kosten für die Poster bei …

Wie viele Lesungen machen Sie im Rahmen von Legere?

Der ursprüngliche Plan war: Ich „opfere“ den November und biete zehn Lesungen an. Die Buchhandlungen, die sich als erste melden, bekommen den Zuschlag. Dann aber meldeten sich 13, also mache ich 13 Lesungen, die ersten jetzt schon im Oktober. Ich bin sehr gespannt.

Warum Ihre Beschränkung auf Franken?

Meine Krimis spielen in Franken, man kann also sagen, dass es im weitesten Sinne „Heimatkrimis“ sind. Gerade die neuen volkstümelnden Blut-und-Boden-Nationalen aber strapazieren den Begriff Heimat sehr stark und würden ihn am liebsten ausschließlich für sich besetzen. Ich lasse mir meine Heimat aber von den Braunen nicht nehmen. Deshalb lese ich als Franke meine fränkischen Krimis ganz bewusst in Franken.

Wohin gehen die Einahmen von Legere?

Hierzu habe ich mich von kompetenter Seite beraten lassen. Ich werde sämtliche Einnahmen sammeln und zu gleichen Teilen an verschiedene Organisationen, Vereine und Initiativen weiter leiten – allesamt in Franken ansässig und aktiv.

Wie kann man sich eine solche Lesung konkret vorstellen?

Leger. Keinesfalls als politische Veranstaltung. Natürlich sage ich ein paar Worte zum Anlass, ist ja klar. Dann aber tauchen wir mit einem Augenzwinkern ein ins „Kriminelle Franken“, beleuchten genüsslich die fränkische Seele und streifen anhand meiner Texte quer durch unsere schöne Heimat. Ich will zwar eine klare Position vertreten, dabei aber verbindend sein, nicht spaltend.

Was lesen  Sie vor und was können Ihre Besucher erwarten? 

Ich lese voraussichtlich, denn damit habe ich beste Erfahrungen gemacht, Episoden aus allen meiner bisher acht Bücher. Immer kurze Passagen, gewürzt mit zahlreichen typischen, oft skurrilen oder witzigen Episoden und Erlebnissen aus Franken. Es soll kurzweilig sein und entspannend. Außerdem: Kaum etwas ist ermüdender als das Vorlesen längerer Textpassagen.

Was möchten Sie mit Ihren Lesungen erreichen?

Es ist vielleicht etwas hoch gegriffen, aber ich möchte, dass die Besucher durch ihr Kommen quasi ein Bekenntnis ablegen zu unseren demokratischen Werten und sich gegen rechts sensibilisieren. Gleichzeitig möchte ich durch das ausdrücklich „Legere“ der Lesungsreihe versuchen, der oft unversöhnlichen Konfrontation mit Rechts etwas die Schärfe zu nehmen. Wir brauchen in unserer Gesellschaft den Dialog und das Miteinander, Spaltung bringt uns nicht weiter.

Können Sie sich vorstellen, die Lesungsreihe zu verlängern?

Ganz klares Ja. Zunächst aber muss ich jetzt mal den ersten „Marathon“ überstehen und sehen, wie es läuft. Anfragen aber nehme ich gern entgegen.

 

Kommentare (0)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert