Klaus-Peter Wolf muss beweisen, dass er ein Bestsellerautor ist „Ich befinde mich in einer völlig absurden Situation“

Erst kürzlich berichteten wir, dass Klaus-Peter Wolf erstmals gerichtlich gegen einen Leserbriefschreiber vorgeht – und warum er das tat, erläuterte er ausführlich. Jetzt geht der absurde Streit in die nächste Runde – Wolf selbst sagt: „Was hier los ist, ist völlig irre“ , er beschreibt die Situation wie folgt:

Klaus-Peter Wolf: „Hintergrund des Streits ist, dass sich ein Mensch durch die Verfilmungen meiner Bücher angegriffen fühlt. Er kann als Nichtleser zwischen der Fiktion eines Kriminalromans und der Realität nicht unterscheiden. Er behauptet in einem Leserbrief, ich hätte die Ostfriesen als Volk von Mördern und Verbrechern dargestellt. Folglich sei ich ein Nestbeschmutzer.Natürlich habe ich das nie getan, nie gesagt, nie geschrieben, nie gedacht.“ (c) Wolfgang Weßling

„Ich befinde mich in einer völlig absurden Situation. Ich muss beweisen, dass ich ein Bestsellerautor bin. Ja ich weiß, es klingt wie eine Satire. Ist es aber nicht. Realsatire vielleicht … Ich musste den Brief zweimal lesen. Da bestreitet ein Anwalt und Notar im Auftrag seines Mandanten „mit Nichtwissen“, dass meine Kriminalromane von 0 auf Platz 1 in die Spiegel-Bestellerliste eingestiegen sind. Das Ziel kann ich nur erraten. Wahrscheinlich soll ich vor Gericht als Hochstapler dargestellt werden.

Mein Rechtsanwalt Wolfgang Weßling, sagte: „Das ist, als würde jemand vor Gericht behaupten, Michael Schumacher sei nie Formel 1 gefahren.“

Doch nun legt die Gegenseite Beweise vor: Die Kopie einer Spiegelbestsellerliste. Es ist die Hardcover Liste …

Meine Romane erscheinen seit 2007 als Taschenbuchoriginalausgaben. So schaffte ich es neun Mal hintereinander auf Platz 1. Gut sechs Millionen Bücher wurden im Laufe der Jahre in deutscher Sprache verkauft. Ein Blick in einen meiner Romane oder ein Besuch in einer Buchhandlung hätte ausgereicht, um die Wahrheit herauszufinden. Auch das Internet steht ja heutzutage den meisten Anwälten zur Verfügung … Aber vor Gericht und auf Hoher See, so weiß man an der Küste, ist man ganz in Gottes Hand. Also rief ich meine Lektorin an, mit der ich bei Fischer seit zwölf Jahren vertrauensvoll zusammenarbeite, und bat sie um Hilfe: „Du, Andrea, ich muss vor Gericht beweisen, dass meine Romane Bestseller sind.“

Ich habe sie lange nicht mehr so schallend lachen hören. Überhaupt löse ich mit der Geschichte enorme Heiterkeit bei allen in der Branche aus. Einige Kollegen phantasieren schon, was passiert, wenn nun das Landgericht entscheidet, dass meine Romane keine Besteller sind und ich folglich ein Hochstapler bin oder ein Größenwahnsinniger … Muss ich dann auch meine zweifellos üppigen Honorare zurückzahlen?

Nun, der Verlag hilft mir mit Kopien entsprechender Veröffentlichungen und Bestsellerlisten. Jetzt bin ich aber erleichtert. Mein Vertrauen in den Rechtsstaat ist recht hoch. Doch siehe oben: Vor Gericht und auf Hoher See ist man ganz in Gottes Hand.

Hintergrund des Streits ist, dass sich ein Mensch durch die Verfilmungen meiner Bücher angegriffen fühlt. Er kann als Nichtleser zwischen der Fiktion eines Kriminalromans und der Realität nicht unterscheiden. Er behauptet in einem Leserbrief, ich hätte die Ostfriesen als Volk von Mördern und Verbrechern dargestellt. Folglich sei ich ein Nestbeschmutzer. (Natürlich habe ich das nie getan, nie gesagt, nie geschrieben, nie gedacht.)

Er hat den Brief so lange an Zeitungen geschickt, bis eine ihn druckte. Leider hatte das Folgen. Einige Menschen glaubten den Unsinn. Seitdem bin ich in Leserbriefen und im Netz Hasskampagnen von Leuten ausgesetzt, die nie eine Zeile von mir gelesen haben, sich aber durch meine Bücher beleidigt fühlen.

Inzwischen wird mir der Satz, den ich nie gesagt habe, als Zitat untergeschoben: „Laut Wolf sind die Ostfriesen ein Volk von Mördern und Verbrechern“. Eine Zeitung druckte auch das ungeprüft.

Täglich lese ich jetzt Gewaltphantasien gegen mich. Von vielen Kollegen bekomme ich unterstützende Briefe: „Wenn das jetzt Schule macht, ist es das Ende der Kriminalliteratur, die ja immer in Zeit und Raum verortet ist. Dann können sich Bayern und Schwaben von Romanen und Verfilmungen beleidigt fühlen, und was mag wohl in Münster los sein, wenn Thiel und Boerne Sonntagabends ermitteln? Überhaupt wird die Tatort-Produktion der ARD dann unmöglich…“

Vielleicht sind deshalb so viele Kriminalschriftsteller empört. Irgendwie ist es ein Angriff auf unsere Kunst. Lächerlich und bösartig zugleich. Ein bisschen spiegelt es auch den sinkenden Bildungsstand wider. Lesen könnte helfen, oder eine breite Diskussion über das, was Fiktion, ja, Literatur, ausmacht.“

Klaus-Peter Wolf

Kommentare (9)
  1. Unglaublich! Schade, dass es so ernst und wahr ist.
    Aus dieser unfassbaren Absurdität könnte eine alberne Komödie entstehen. Ich wünsche Ihnen gute Nerven und natürlich schnell ein gutes Ende der Geschichte.

  2. Sag mal… Kopf schüttel… das ist doch nicht zu fassen.
    Wenn jemand Klaus-Peter Wolfs Bücher nicht lesen will, soll er’s lassen, gibt es doch genügend andere…
    Aber was da für eine Show abgezogen wird, grenzt an, ich weiß gar nicht, wie ich es nennen soll, Absurdität vom Feinsten (ganz, ganz harmlos und niemandem zu nahe treten zu wollen ausgedrückt).
    Wie gesagt, man muss Klaus-Peter Wolf nicht mögen, lesen, Intimfreund sein, man kann ihn einfach ignorieren, ohne so einen Zirkus zu produzieren.
    Ich freue mich auf sein nächstes Buch, seine nächste Krimilesung, und, und, und… Ach ja, und ich bin voreingenommen, weil dieser Autor mich mit seinem ‚Geschreibsel‘ begeistert!!!

  3. Man kann wirklich nicht glauben, dass Anwalt und Notar so einen Unsinn mitmachen.
    Aber wir erleben ja heutzutage, wie viel Schindluder mit der Wahrheit
    getrieben wird, siehe sog. Fakenews, unwahre Behauptungen, die
    nicht nur im Netz stehen. Und es gibt leider nicht wenige Leute, die alles, was im Netz oder auch teilw. in den Zeitungen steht, für bare Münze nehmen, ohne auch mal ein bisschen die Geschichte zu hinterfragen.
    Das sich einer ausgerechnet Klaus-Peter Wolf sich für solch einen hanebüchenen , üblen Mist sich ausgesucht hat, zeigt aber, wessen Geistesgrösse dieser Mann tatsächlich ist.
    Ich behaupte immer, dass es leider mehr Irre ausserhalb gibt, als in der geschlossenen Anstalt vom LKH hier bei uns im NAchbarort einsitzen.

  4. „Ein bisschen spiegelt es auch den sinkenden Bildungsstand wider.“ Ein „bisschen“?
    Dieser Satz hätte Herrn Hildebrandt zur Ehre gereicht.

  5. Ich habe vor ca. 10 Jahren den Film Idiocrazy geguckt und mich köstlich amüsiert, über die Idee, dass die Intelligenz der Menschen in der Zukunft ausgestorben ist. Wie Hohl und verblödet die Gesellschaft sein wird, angefangen vom einfachen Mann bis hoch zum „mächtigsten Mann der Welt“ … Wenn ich ihn mir heute ansehe, schnürt sich mir der Hals zu!

  6. Unglaublich, was Nichtbeachtung und Langeweile eines Menschen so hervorbringen kann…dabei wäre Lesen eine so sinnvolle Freizeitgestaltung… Kopf hoch… Du bist ein Schriftsteller mit Format…

  7. Menschliche Größe besteht auch darin einen Leserbrief – mag er einem selbst auch noch so wenig gefallen – einfach zu ignorieren und nicht die schon überlasteten Gerichte mit solchem lächerlichen beleidigten Stolz zu belasten..

    • Ich habe es ignoriert und es wurde immer schlimmer. Inzwischen werden Vertreibungslyrik gedruckt. Meine Ermordung wird gefeiert …
      nein, jetzt muss ich klare Kante zeigen. Wie würden sie reagieren, wenn mehrmals ein Foto von Ihnen in der Zeitung ist und rundum vier oder fünf Leserbriefe, in denen über Sie in übelster Weise hergezogen wird und Ihnen Zitate untergeschoben werden, die Sie nie gesagt oder geschrieben haben, ja das Gegenteil ihres Denken ausdrücken?

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