Erinnerungen an die Zukunft der Publikumsverlegerei Heute wird in München Dr. Hans-Peter Übleis verabschiedet

    Hans-Peter Übleis

  Heute wird Dr. Hans-Peter Übleis nach vier Jahrzehnten in der Verlagsbranche und zwei Jahrzehnten als Verleger von Droemer nach Auslaufen seines Beratervertrages in den Ruhestand verabschiedet – mit einem Überraschungsfest, das seine Nachfolgerin Doris Janhsen organsiert hat. Lothar Menne hat seinem langjährigem Weggefährten im kommenden BuchMarkt-(Juli)Heft diese Zeilen mit auf den weiteren Weg mitgegeben:

Nach sieben Jahren als Feuerwehr und Rettungsschwimmer bei Molden, dann nach 15 Jahren im Haus Heyne bist Du vor 20 Jahren bei Droemer Knaur vor Anker gegangen; im vergangenen Jahr, da warst Du knackige 66, wurde Doris Janhsen als Deine Nachfolgerin inthronisiert, Du solltest dem Haus und seiner neuen Verlegerin aber noch ein Jahr beratend zur Seite stehen.

Das ist nun rum – ist das das Ende einer Ära? Klar, Du hast dem Laden, der damals schon seit geraumer Zeit in einer fiesen Krise steckte, Deinen Stempel aufgedrückt, die alte Glorie von Willy Droemer und später Karl Blessing wieder aufleben lassen: Etliche der angestammten Autoren waren tot oder abgewandert, Stunde Null war angesagt, das war Herausforderung und Chance.
„Du hast keine Chance, nutze sie“, hieß einst die Devise. Kein Zweifel, Du hast sie genutzt.

Aus dem Album gemeinsam bestandener Abenteuer: Hans-Peter Übleis, Heyne-Kaufmann Joachim Brede und Erfolgsautor („Der Brede“), Vertriebschef-Legende Friedhelm Koch, Lothar Menne und Verleger Rolf Heyne mit „Penny“ (v.l.)

 

Bei Heyne war das zunächst noch ein Problem gewesen – als Absolvent der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften einen Job auszufüllen, der gemeinhin in der Wolle gefärbten Literaten vorbehalten war – das erforderte schon einen guten Kopf, Willenskraft, Frustrationstoleranz, Geduld und eine kleine Portion Demut. Mit einer Überdosis Energie hast Du Dich reingebaggert, hast Dich auf die Autoren eingestellt (im ländlichen Maine standest Du eines Tages vor der Tür des scheuen Stephen King); viele von ihnen waren nicht unfroh, dass ihr Verleger ihnen auch die wirtschaftlichen und vertraglichen Tücken ihres Engagements plausibel machen konnte.

Etliche bewährte Schlachtrösser der Unterhaltungsliteratur, die seit jeher die Marke Heyne geprägt hatten, kamen bei der nächsten Lesergeneration nicht so auflagenstark an wie in den vergangenen Jahrzehnten; Du hast ordentlich aufgestockt, das Haus Heyne mit neuen Säulen wetterfest gemacht: John Grisham, Nicholas Sparks, Robert Harris hießen einige der neuen Säulen.
Auch solide Häuser sind nicht zwangsläufig gegen Erschütterungen gefeit; zwischen der unterdes erweiterten Heiligen Familie und Dir rumpelte es regelmäßig, und nach 15 Jahren siegte der Stolz des kleinen tapferen Bergvolks über die Verbundenheit mit Autoren und Kollegen –ohne Netz und doppelten Boden bist Du gegangen, einfach so.

Das Kürzel HPÜ hatte sich längst etabliert, als Kosename und als Markenzeichen; an Angeboten war kein Mangel, vor allem wegen Deiner Familie, dem nuklearen Kern Deines Seins, die in München längst heimisch geworden war, hast Du Dich damals für einen bewährten Konkurrenten entschieden, der inmitten einer happigen Durststrecke steckte: Droemer Knaur.
Für Dich war das eine Premiere: Nach den monomanischen Autokraten Fritz Molden und Rolf Heyne hattest Du nun erstmals mit einem Konzern zu tun. Der gehörte komplett der Familie v. Holtzbrinck, gehorchte jedoch zwangsläufig den Geboten einer weit verzweigten, internationalen Unternehmensgruppe, unweigerlich auch mit Geboten, Tabus und angestammten Ritualen.
Bei exzentrischen Eignerverlegern lernt man auch die Kunst der Anpassung – inklusive der größeren Herausforderung, sämtliche Regeln zu befolgen und trotzdem das zu tun, was man für richtig hält.

In Deinem Fall ist es beiden gut bekommen: Droemer ist längst wieder Droemer, spielt in den Bestsellerlisten stets eine Hauptrolle, im Haus hast Du mehr oder weniger durchschaubare Strukturen verankert, fabelhafte Kollegen engagiert (darunter auch, schon einmal, Deine spätere Nachfolgerin Doris Janhsen), hast starke Autoren ans Haus gebunden – diesmal vorwiegend deutschsprachige Schriftsteller: Iny Lorentz, Sabine Ebert, Sebastian Fitzek, um nur einige zu erwähnen; ich nenne auch Fritz Ani und das Allgäuer Gespann Korb/Klüpfel, auch wenn sie unlängst anderen Verlockungen gefolgt sind.
Und jetzt willst Du, sollst Du das wieder seetüchtige Schiff verlassen? Natürlich ahne ich, dass Du für die nächsten Jahre schon Pläne festgezurrt hast, aber ich habe nie kapiert, warum Konzerne sich so anstellen, wenn es um anachronistische Altersgrenzen geht. In der seligen Epoche der Eignerverleger haben S. Fischer, Ledig-Rowohlt, Carl Hanser, Unseld, Wehrenalp, Heyne, Droemer ihre Häuser bis in ihre satten Siebziger oder bis zu ihrem Tod geführt (und Adenauer ist überhaupt erst mit 73 zum ersten Mal Bundeskanzler geworden).
In Eurer Verlagsgeneration ziehen sich die Kollegen nun, freiwillig oder nicht, in der Mitte ihrer süßen Sechziger zurück, zumeist ohne intelligible Gründe: Klaus Eck, Uli Genzler, Georg Reuchlein auf der anderen Straßenseite, demnächst wohl auch Helge Malchow…
In dem Zusammenhang kam mir eine großartige Idee. Von Udo Lindenberg wissen wir, dass im Onkel Pö eine Rentnerband spielt. Warum gründen wir nicht den Veteranenverlag? Wir wissen, wie‘s geht, ein Unternehmer, der Ruhm und Rendite einfahren will, müsste sich doch finden lassen. Als Dorfältester wäre ich dann gern Euer Außenposten in der Provence…

Was meinst Du? Das fragt Dein alter Kumpan Lothar Menne

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