Er schuf mit seiner Agilität und Umtriebigkeit ein kleines Imperium, er ist nimmermüde Gunter Narr (80)

Gunter Narr wird heute 80 Jahre alt. Rainer Moritz (Leiter des Literaturhauses Hamburg) gratuliert dem Tübinger Verleger zum runden Geburtstag:

Gunter Narr

Er war mein erster Arbeitgeber, im Frühherbst 1989, als ich in seinem Verlag als Lektor eingestellt wurde. Damals gab es diesen bereits seit zwanzig Jahren. 1969 hatte es Gunter Narr, noch in Diensten der Neuphilologischen Fakultät der Universität Tübingen stehend, gewagt, zusammen mit seiner ersten Frau Brigitte einen wissenschaftlichen Verlag zu gründen. Dessen Fundament bildete in den Anfängen die Linguistik, vertreten vor allem durch Vorlesungsskripte des großen Romanisten Eugenio Coseriu.

Mit der ihm eigenen Agilität und Umtriebigkeit erweiterte Gunter Narr rasch sein Verlagsprogramm und schuf – mit Sitz im Tübinger Stadtteil Hirschau – ein kleines Imperium, das er durch die für Wissenschaftsverlage schwieriger werdenden Zeiten erfolgreich führte. Während Mitbewerber die Segel strichen oder aufgekauft wurden, modernisierte er sein Unternehmen beharrlich. Einen wichtigen Coup landete er, als er in den 1980er- und 1990er-Jahren den Francke Verlag übernahm und damit Zugang zu den Uni-Taschenbüchern (UTB) erlangte. Über dieses Format ließ sich sein Wunsch realisieren, nicht nur Tagungsbände, Dissertationen und Habilitationen zu verlegen, sondern mit auflagenstarken Lehrbüchern viele Studierende zu erreichen.

So erschienen in Gunter Narrs Verlagsgruppe zahlreiche linguistische und literaturwissenschaftliche Grundlagenwerke, die aus den Lehrveranstaltungen des Grundstudiums nicht wegzudenken sind. Narr, der sich zudem jahrelang im baden-württembergischen Landesverband des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels engagierte, besaß und besitzt eine Nase dafür, welche Entwicklungen die Geisteswissenschaften nehmen und welche Experten dafür die richtigen Ansprechpartner sein könnten. Sein Tübinger Reich (in dem derzeit etwa 260 Titel jährlich erscheinen) erweiterte er in den letzten durch die Zukäufe des UVK und des Expert Verlags und arbeitet daran, mit seiner zweiten Frau Sonja und seinem Sohn Robert die Weichen für die Zukunft zu stellen.

Dazu gehört, dass der nimmermüde Gunter Narr zuletzt für Aufsehen sorgte, als er sich entschloss, den Fortbestand des angesehenen Klöpfer & Meyer Verlags zu sichern. Unter den Namen Klöpfer, Narr leistet er sich nun den von ihm schon in der Vergangenheit gelegentlich gepflegten Luxus, neben der Sekundär- auch Primärliteratur zu veröffentlichen. So darf man sichern sein, dass Gunter Narr seinen 80. Geburtstag am 27. September und das 50-jährige Bestehen seines Verlags würdig feiern wird. Genauso sicher indes darf man sein, dass er künftig, keine Kreuzfahrtreisen unternehmen oder sich vornehmlich um die Blumen in seinem Garten kümmern wird. Nein, Gunter Narr wird weiterhin fast so vital wie 1989 – ich erinnere mich genau – durch die Gänge des Verlagshauses eilen, über den einen oder anderen Autor in bestem Schwäbisch schimpfen und unentwegt Projekte anschieben. Und das freut mich.

Rainer Moritz

Kontakt: narr@narr.de

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