Das Sonntagsgespräch Gerdt Fehrle: Warum der Buchhandel von Verlags-PR profitiert

Jeden Tag lesen wir Rezensionen in den großen Tageszeitungen oder hören Fernsehberichte über neu erschienene Bücher – aber wie werden die Journalisten überhaupt aufmerksam auf genau diese Bücher? Durch die richtige PR lautet die Antwort von Gerdt Fehrle. Der studierte Germanist betreibt Pressearbeit für Verlage. Im Interview mit BuchMarkt spricht Gerdt Fehrle über die Aufgaben einer Agentur für Verlags-PR und ihren Nutzen für den Buchhändler vor Ort.

BuchMarkt: Herr Fehrle, wie würden Sie die Hauptaufgabe Ihrer Agentur beschreiben?

Gerdt Fehrle

Gerdt Fehrle: Unbescheiden gesagt erweitern wir PRler zwei der wichtigsten Verkaufsinstrumente der Branche gewissermaßen ins Unendliche. Das ist zum einen die Vorschau der Verlage, also deren Produktkatalog. Das ist zum anderen die Verkaufsfläche der Buchhandlungen. Denn wir sorgen dafür, dass die Produkte unserer Auftraggeber in den Zeitungen und Zeitschriften, im TV und Hörfunk und – immer wichtiger – im Internet präsent sind. Also morgens beim Durchblättern der Zeitung beim Kaffeetrinken, während der Hausarbeit im Frühstücksfernsehen, auf dem Weg zur Arbeit via Radio oder am Abend beim Sozialkontakten in Facebook & Co. In all diesen Medien erscheinen die Produkte unserer Auftraggeber, nämlich: Bücher.

Ja, Aufmerksamkeit ist immens wichtig, um Bücher zu verkaufen. Aber wie genau erregen Sie diese?

Wir versorgen die Redakteure mit Informationen über Neuerscheinungen der Verlage. Das heißt, unsere Hauptaufgabe ist es, den Redakteurinnen und Redakteuren bei SZ, ARD und ZDF, aber auch beim Hinterdupfinger Tagblatt erst einmal zuzurufen: Hallo – schon gehört: da gibt es Buch XY. Haben wir das getan, ist das wichtigste vollbracht, die Pflicht, sozusagen. Kür ist es dann, wenn wir unsere Botschaft den Kolleginnen und Kollegen in den Redaktionen auch noch so rüberbringen, dass sie besagtes Buch XY interessant, im besten Falle spannend, im allerbesten Falle rezensierenswürdig finden. Denn wir wollen ja, dass Buch XY im jeweiligen Medium erscheint. Damit möglichst viele Menschen, die sich irgendwo und mit irgendetwas beschäftigt befinden und eben nicht gerade in einem Verlagskatalog blättern oder in einer Buchhandlung stehen, erfahren: aha, Buch XY also! Und es haben wollen und zwar sofort. Also im Idealfall gleich in die nächste Buchhandlung marschieren und Buch XY kaufen.

Bei den vielen Buch-Neuerscheinungen jedes Jahr ist es sicherlich schwierig, mit seinem Buch in den Medien Beachtung zu finden. Haben Sie ein Erfolgsrezept?

Es gibt unterschiedliche Wege, die Redaktionen zu begeistern. Um eines aber kommt kein PRler herum: erst muss er die Redaktionen mal erreichen. Dazu benötigt man vor allem: die Adresse. Klingt banal, ist es aber nicht. Adressen sind heute bares Geld wert. Wir von Prospero haben einen Adresspool von über 50 000 Medienvertretern in Deutschland. Das allein ist aber noch gar nicht toll. So einen Pool kann man kaufen. Wir verfügen zugleich aber auch über sehr fein differenzierte Unter-Pools, echte Special-Interest-Dateien von Medienleuten, die sich für ganz bestimmte Themen interessieren. Das sind manchmal nicht mehr als fünf oder zehn Ansprechpartner. Aber eben die richtigen. Da kommunizieren wir dann ganz direkt, ganz hemdsärmlig und oft von Du zu Du. Diese Pools kann man nicht kaufen. Diese Pools erarbeitet man sich über jahre- oder jahrzehntelange kontinuierliche Kommunikation mit den Journalisten. Deshalb werden Verlage, die einen langen Atem haben und ständig kommunizieren, auch belohnt. PR funktioniert nur richtig gut, wenn sie auf Dauer angelegt ist und sich über einen langen Zeitraum entfalten darf.

Das heißt, jeder, der die richtigen Adressen beisammen hat, kann erfolgreich Verlags-PR betreiben?

Nein, dafür braucht es noch ein wenig mehr. Gut geschriebene Texte sind das A und O in der PR. Journalisten sind Textmenschen. Medien transportieren Botschaften über Text. Egal, ob zum Lesen wie in den Printmedien oder zum Hören wie im TV oder Hörfunk. Beim Texten trennt sich bei PR-Agenturen, meiner Meinung nach, auch die Spreu vom Weizen. Denn einen Verteiler kaufen kann jeder. Ihn verfeinern, spezifizieren, spezialisieren können schon weniger, aber immer noch genug. Wollen Sie aber herausfinden, ob eine PR-Agentur etwas taugt, lassen Sie sich ein paar Texte aus dem jeweiligen Haus zuschicken. Wenn Sie nicht wenigstens einmal lächeln oder zustimmend nicken, ist es nicht die richtige Agentur für Sie und Ihre Produkte.

Inwiefern nutzt Ihre Arbeit dem kleinen Buchhändler vor Ort?

Ähnlich wie in dem alten Song „Love is in the air“ sorgen wir Verlags-PRler dafür, dass ständig Buch in der Luft liegt. Dass überall, wo Menschen Medien genießen, auch das Buch da ist. Und ein entsprechend positives Image hat. Davon profitieren alle Branchenteilnehmer: Die Medien, weil sie von der Aura, die das Buch als Medium nach wie vor hat, gestärkt werden. Auch einer Süddeutschen Zeitung, einer FAZ oder der aspekte-Sendung steht ein Interview, beispielsweise mit einer spannenden Autorin oder einem Autor, gut zu Gesicht. Die Verlage, weil sie ihre Produkte einer breiten Öffentlichkeit präsentieren können. Und natürlich nicht zuletzt auch der Buchhandel, der durch die PR der Verlage eine eben fast schon ins Unendliche erweiterte Verkaufsfläche bekommt. Oder wenn nicht gleich Verkaufsfläche – denn um ein Buch zu kaufen, muss der zukünftige Leser ja zumindest noch einen Laden betreten oder online gehen – so doch Werbe- und Info-Fläche.

Hat die aktuelle Krise der Zeitungen und Zeitschriften Auswirkungen auf Verlags- bzw. Buch-PR und die dazugehörigen Strategien? Durch den Wegfall der Medien fällt ja auch potenzieller Anzeigenplatz und Resonanzboden für Berichterstattung weg. Kann die Medienkrise so zu einer Krise der Buch-PR werden?

Wenn der BuchMarkt verschwinden würde, gerieten wir natürlich schon in Panik … aber nein, im Ernst: Wir leiden mit, wenn eine Zeitung oder eine Zeitschrift eingestellt wird. Aber bei 18 000 deutschen Medien (Zimpel) bleiben unsere PR-Strategien tragfähig.

Gerdt Fehrle ist Inhaber und Geschäftsführer der Münchner PR-Agentur Prospero. Mit inzwischen zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bietet der studierte Germanist und Philosoph mit seiner Firma seit 1999 Pressearbeit für Verlage.

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