Der Fotograf und Verleger Sven Nieder bringt mit "Kraterleuchten" einen neuen Verlag auf den Weg Sven Nieder: „Wir machen geiles Zeug mit netten Leuten!“

Sven Nieder: „Außerdem reizt es mich, in der Zukunft auch eine Edition zu gründen, die grönländische Autoren in deutscher Übersetzung herausbringt“

Mit der Übernahme des Regionalia Verlags mit Sitz in Rheinbach bei Bonn wird der in Daun (Kreis Vulkaneifel) ansässige Eifelbildverlag zu einer echten Marktgröße im deutschsprachigen Raum (Wir berichteten bereits über die Übernahme). Der Name der neuen Gesellschaft: Kraterleuchten GmbH. Ihr 42-jähriger Geschäftsführer Sven Nieder ist zugleich renommierter Fotograf, der sich vom kreativen Potenzial seiner Eifelheimat inspirieren lässt –  ein Gespräch aus aktuellem Anlass:

BuchMarkt: Als Fotograf einen eigenen Verlag zu gründen, ist alles andere als selbstverständlich. Wie kamen Sie zum Eifelbildverlag?

Sven Nieder: Die Initialzündung dafür stammt eigentlich von meinem Vater Hans Nieder, der ein Fotostudio betreibt und aus einer regelrechten Fotografendynastie kommt, die auch wirtschaftliches Geschick hat. Aber natürlich war ich früh mit einbezogen. Es fing ganz pragmatisch und unspektakulär an. Wir suchten einen Verlag für den Bildband Himmel über der Vulkaneifel , zu dem Jacques Berndorf die Texte und Karl Johaentges und ich die Luftaufnahmen beisteuerten. Und wir entschieden kurzerhand, die Organisation und den Vertrieb selbst zu übernehmen, also einen eigenen kleinen Verlag zu gründen. Auch der für den deutschen Fotobuchpreis nominierte Bildband Stella Polaris*Ulloriarsuaq über die Gletscher in Grönland ist da erschienen.

Mit Grönland verbindet Sie bis heute nicht nur die Faszination für die bedrohte Eiswelt.

Das stimmt, meine Ehefrau Laali Lyberth ist Grönländerin. Wir sind regelmäßig in ihrer Heimat, und wer die „Sendung mit der Maus“ kennt, kann Laali hören, denn es ist ihre Stimme, wenn dort auf Grönländisch, also Kalaallisut, gesprochen wird. Außerdem reizt es mich, in der Zukunft auch eine Edition zu gründen, die grönländische Autoren in deutscher Übersetzung herausbringt.

Aber die Eifel ist dennoch Ihr Zentrum…und soll es auch bleiben?

Natürlich, denn ich erlebe, dass meine Heimat eine Landschaft ist, die ungemein viel Freiraum für kreatives Arbeiten schenkt. Lebensqualität wird groß geschrieben und bedeutet nicht nur Geld, sondern vor allem auch seelische und körperliche Gesundheit. Hier werden einem keine Steine in den Weg gelegt. Für gute Ideen findet man sehr leicht Mitstreiterinnen und Mitstreiter; so war es auch beim Festival „Dauner Fototage“ , das mein Vater ins Leben rief und das nun deutschlandweit bekannt ist. Man unterstützt einander auf dem Land, und hier ist eine pfiffige Szene aus Menschen entstanden, die Neues wagen, ganz gleich ob in Sachen Literatur oder Malerei oder Fotografie oder Musik… Viele sind aus anderen Regionen hergezogen, andere sind zurückgekommen, so wie ich. Ich habe ja zum Beispiel auch in Bielefeld studiert und gearbeitet. Aber in der Vulkaneifel sind die Pfade noch nicht ausgetreten, hier wollen die Leute noch was und sind nicht übersättigt von allem.

Bezieht sich das nur auf das geistige Klima in der Region oder hat es auch ganz handfeste  Vorteile für Sie als Verleger?

Für den Eifelbildverlag, den ich dann 2016 auch offiziell von meinem Vater übernommen habe, fand sich zum Beispiel als Firmensitz mitten im Herzen der Kreisstadt Daun das Haus einer seit 1864 bestehenden Druckerei, in dem es nun ein Co-Working-Space mit dem „Institut Denkunternehmung“ des Kulturwissenschaftlers Dr. Tim Becker und mit der Druckmanufaktur von Thomas Probst gibt. Es ist sehr inspirierend, wir profitieren voneinander. Zum Beispiel haben wir Tassen und Postkarten mit typischen Redewendungen auf Eifeler Platt erfunden, die ins Hochdeutsche übersetzt werden… ein echter Renner, auch bei Touristen. Und immer wieder nutzen wir im Verlag auch die alten Heidelberger Tiegel oder den Klischeebelichter, wir nehmen extrem hochwertige Papiere. Das macht auch den Charakter unserer Bücher aus. Wir machen ‚geiles Zeug mit netten Leuten‘, wie wir sagen, und wollen das so gut machen, dass man die besondere Qualität auch in hundert Jahren noch anerkennt.

Ist dann die Übernahme eines größeren Verlages wie des Regionalia Verlags, der auch viele „Schnelldreher“ im Programm hat und Titel, die mit 250.000 verkauften Exemplaren sicher keine Manufakturerzeugnisse sind, nicht eine Art Sündenfall für Sie?

Nein, überhaupt nicht! Erstens bleiben die Charaktere der Verlage, die unter dem Dach von Kraterleuchten zusammengefasst sind, ganz eigenständig erhalten…so auch der Eifelbildverlag und die Edition Bildperlen, in der wir mit dem Fotoforum kooperieren und international renommierte Fotografen unter Vertrag nehmen. Zweitens passt die Ausrichtung des Regionlia Verlags sehr wohl zu unseren bisherigen, denn es geht auch dort darum, die faszinierenden Seiten verschiedener Landschaften darzustellen, sprachlich, historisch oder auch touristisch.  Und drittens: Die Zusammenarbeit mit dem Regionlia-Gründer Bruno Hof, der ja an Bord bleibt, lässt sich genauso anknüpfen an, wie ich es bereits gesagt habe: ‚Geiles Zeug mit netten Leuten‘, das Motto des Co-Working-Space.

Ich schätze seine große Erfahrung und er, dass er nun kein Einzelkämpfer mehr ist. Mit den Erfolgstiteln des Regionalia Verlags bekommen wir auch insgesamt die Kraft, um exzellente neue Projekte entwickeln und verwirklichen  zu können.

 

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