Ralf Kramp über 30 Jahre KBV Verlag „Es geht weiter, und wir mischen noch lange mit“

Im Oktober hat der KBV-Verlag auf der Buchmesse sein dreißigjähriges Jubiläum gefeiert. Das war Anlass für das heutige Sonntagsgespräch mit KBV-Verleger Ralf Kramp:

Ralf Kramp: „Events wie den Verlagspreis oder den Buchhandlungspreis finde ich nicht besonders geeignet, den Buchmarkt zu fördern. Alles wird zur battle. Das ist das falsche Signal. Der Buchhandel kämpft genug; diese Förderung gehört gerecht an alle verteilt“

 

Dreißig? Früher hat man nur wirklich runde Jubiläen gefeiert.

Ralf Kramp: Ich muss ehrlich sein: Das 25jährige haben wir ganz schlicht  verpennt. Als wir realisierten, dass der KBV schon ein sattes Vierteljahrhundert existiert, war es zu spät, um die Korken knallen zu lassen. Tatsächlich liegt das exakte Datum der Verlagsgründung im Ungenauen. Das hat etwas mit den Wirren und Besitzerwechseln um die Jahrtausendwende zu tun. 2019 nun haben wir dann aber rechtzeitig gefeiert. Auf der Frankfurter Buchmesse, weil das erste öffentliche Auftreten des Verlags auch da im Jahr 1989 stattgefunden hat. Mit einem Buch, das noch nicht gedruckt war – aber das ist eine andere Geschichte.

Also hast Du jetzt das dreißigste nicht in der Sorge gefeiert, das vierzigste nicht mehr zu schaffen?

Natürlich hat man als Kleinverleger auch hin und wieder Anwandlungen, über ein Aufgeben oder einen Verkauf nachzudenken. Die Umstände sind in diesen Zeiten ja nicht gerade komfortabel. Wir erleben, dass andere Verlage unseres Zuschnitts sich in andere Häuser eingliedern oder den Laden komplett dichtmachen. Aber eine Kombination aus Naivität, Starrsinn und Trotz lösen bei mir dann sehr schnell einen Verdrängungsmechanismus aus, und ich sage: Weiter so. Oder weiter so ähnlich jedenfalls. Ich sehe mir meine engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an, betrachte neugierig und stolz das nächste Halbjahresprogramm, und die Zweifel sind augenblicklich wie weggefegt.

Ich habe lange gebraucht um zu merken, dass das K in Deinem Verlagsnamen gar nichts mit Dir und dem KBV Verlag zu tun hat …

… den haben ja auch die Herren Klein und Blechinger gegründet  Ich kam zum KBV dann die sprichwörtliche Jungfrau zu ihrem Nachwuchs. Ich war Autor und Karikaturist, ein musisch orientierter Einzelkämpfer, der mit planvollen Kalkulationen nicht viel am Hut hatte. Und dann wurde mir der Verlag angeboten. Es war eine Zeit des Umbruchs in meinem Leben. Ich lernte meine heutige Frau Monika, die Buchhändlerin kennen. Die Chance, das Buchgeschäft aus drei Blickwinkeln zu betrachten, reizte mich: Als Autor, als Verleger, als Buchhändlerinnengatte … Ich verstehe jetzt wirklich alle, die im Buchgeschäft unterwegs sind.

Das macht es, das weiß ich aus eigener Erfahrung, nicht unbedingt immer leichter

… das stimmt. Zu der Zeit, in der ich eingestiegen bin – 1996 als Autor – war der Buchmarkt eine gesetzte Größe. Ein mehr oder weniger fest umrissener Komplex im Gefüge der Kultur. Nie hätte ich einen Gedanken daran verschwendet, dass sich hier einmal etwas gravierend verschieben könnte. Die darauf folgenden Jahrzehnte haben dann aber gezeigt, dass eben nichts unveränderbar ist. Die Entwicklungen rasen an uns vorbei, reißen uns mit, bringen uns aus dem Tritt. Das Buch wurde totgesagt, der Buchmarkt, so heißt es allenthalben, sei ein Dinosaurier, eine uralte, nicht anpassungsfähige Spezies, die unweigerlich dem Aussterben ausgeliefert ist. Ich sehe das nicht. Es geht weiter, und wir mischen noch lange mit. Hier kommt dann wieder meine hilfreiche Kombination aus Naivität, Starrsinn und Trotz zum Tragen.

Da sind wir schon wohl einer Meinung. Aber gibt es Entwicklungen, die Dich motivieren? 

Das ist zum Beispiel die Independent-Bestsellerliste. Damit ist eine Plattform geschaffen worden, auf der jetzt auch mal ein bisschen Sternenstaub auf die Schultern der kleineren, unabhängigen Verlage rieselt. Ob das als Verkaufsförderung taugt, ist schwer einzuschätzen, aber es ist eine schöne Bestätigung seine Titel zwischen den großartigen Veröffentlichungen der Verlage zu finden, die man seit jeher schätzt und bewundert.

KBV ist von Anfang an jährlich mehrfach vertreten, das ist doch toll. Anders aber nicht, wie ich weiß.

Ja, ich kann zum Beispiel nicht sagen, dass ich Events wie den „Verlagspreis“ oder den „Buchhandlungspreis“ besonders geeignet finde, den Buchmarkt zu fördern. Jedem einzelnen Kollegen gönne ich diese Auszeichnung, jeder Buchhandlung die Prämierung, aber warum werden Einzelne herausgehoben aus der Masse derer, die es doch alle verdient hätten? Warum muss heute alles in einem Wettbewerb münden? Alles wird zur „battle“. Das ist das falsche Signal. Der Buchhandel kämpft genug; diese Förderung gehört gerecht an alle verteilt – und noch ein bisschen aufgestockt, nebenbei gesagt.

Aber du bleibst in Feierstimmung?

Natürlich. Mit der Fortführung der unglaublich erfolgreichen Jacques Berndorf-Reihe wurde uns vor Jahren ein Geschenk gemacht. Das hat uns großen Aufwind beschert und uns nicht zuletzt die Einrichtung des „Kriminalhauses“, unserer Heimstatt mitten im Krimiland Eifel ermöglicht. Ein solches Geschenk bekommt man nur einmal. Heute steht der KBV auf einem soliden Fundament, und jedes neue Programm beschert uns eine kleine Abenteuerreise, bei dem wir wieder testen können, ob wir all das im Laufe der Jahre Erlernte auch anzuwenden wissen.

Die Fragen stellte Christian von Zittwitz

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