Selene Mariani über ihr Buch "Ellis" (Wallstein) „Wenn ich schreibe, verwebe ich immer Erlebtes, Gehörtes und Geträumtes miteinander“

In unserem Autor*innen-Special sprechen wir in dieser Woche von Montag bis Freitag mit Autorinnen und Autoren zum neuen Buch. Heute: Selene Mariani.

Was bedeutet es, sich weder in dem Land, in dem man lebt, zuhause zu fühlen, noch in dem Land, in dem man geboren wurde? In einer zarten, bildreichen Sprache geht Selene Marianis Roman Ellis (Wallstein) episodenhaft diesen Fragen nach, Rückblenden mit assoziativen Erinnerungen weben sich dabei immer wieder in die erzählte Jetzt-Zeit ein. Anlass für Fragen:

BuchMarkt: Frau Mariani, das fragen wir immer zuerst: In Ellis, worum geht es?

Selene Mariani: Ellis, die Protagonistin, ist als Kind mit ihrer Mutter aus Italien nach Deutschland gekommen. Seitdem steht für sie die Frage nach ihrer eigenen Zugehörigkeit im Raum. Kann die konfliktreiche und doch wichtige Freundschaft mit Grace ihr dabei helfen, eine Antwort zu finden?

Selene Mariani:“Einerseits freue ich mich über Leser:innen, die sich zum ersten Mal näher mit dem Thema Zugehörigkeit und Identität beschäftigen und dadurch vielleicht ein bisschen besser verstehen, wie es sich anfühlen kann, wenn man nicht klar irgendwo hingehört. Andererseits hoffe ich sehr, dass Menschen, die Ähnliches erlebt haben wie Ellis, das Buch aufschlagen und denken: Ja! Genau so ist es! Dass Menschen sich verstanden fühlen.“ (c) privat

Es geht also vor allem um die Themen Herkunft und Zugehörigkeit?

Ja, und um die Freundschaft der beiden Frauen – Ellis und Grace – und wie Freundschaft mit Identität zusammenhängen kann.

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Was hält die Protagonistinnen Ellis und Grace zusammen? 

Genau das versucht das Buch zu ergründen. Es gibt beim Lesen sicherlich Momente, wo man sich sogar empört fragt, wieso Ellis Grace nicht den Rücken zuwendet. Warum sie das nicht tut, findet man Schritt für Schritt heraus.

Wie entstand die Idee, über das alles einen Roman zu schreiben?

Das war ein Prozess. Ich hatte schon über hundert Seiten an etwas ganz anderem geschrieben, bis ich irgendwann merkte, dass mich die Freundschaft zweier Nebenfiguren eigentlich mehr interessierte als das, worauf ich bis dahin den Fokus gesetzt hatte. Also fing ich an über die beiden Frauen zu schreiben und irgendwann merkte ich, wie sich das Thema Zugehörigkeit mehr und mehr in den Text schlich.

Spielt also auch Ihre eigene Erfahrung mit rein?

Auf jeden Fall. Wie meine Protagonistin bin ich in Italien und Deutschland aufgewachsen. Die Frage nach Zugehörigkeit beschäftigt mich daher schon immer.

Welche Gefühle verbinden Sie mit Ihrer Zeit in Italien?

Wenn ich an die Jahre in Italien denke, spüre ich sonnige Hitze im Gesicht und auf den Armen. Ich sehe mich barfuß auf einem Mäuerchen balancieren. Ich höre und rieche die Mopeds an mir vorbeidüsen. Das klingt vielleicht alles nicht besonders, und trotzdem vermisse ich es sehr.

Wie viel von Ihrer eigenen Vita  finden wir denn im Roman wieder?

Wenn ich schreibe, verwebe ich immer Erlebtes, Gehörtes und Geträumtes miteinander. Nur in wenigen Fällen kann man klar erkennen, wo sich Fiktion und Biographie überschneiden – zum Beispiel eben bei dem Deutschland-Italien-Thema. In den meisten anderen könnte ich das wohl nicht mal selbst.

Können die LeserInnen sich auf eine Fortsetzung der Geschichte freuen oder ist sie am Ende abgeschlossen?

Das Buch ist kein klassischer Fortsetzungsroman. Trotzdem kann ich nicht sagen, dass die Geschichte „abgeschlossen“ wäre – ich glaube, es gibt immer noch mehr zu sagen.

Welche Leserschaft möchten Sie ansprechen?

Einerseits freue ich mich über Leser:innen, die sich zum ersten Mal näher mit dem Thema Zugehörigkeit und Identität beschäftigen und dadurch vielleicht ein bisschen besser verstehen, wie es sich anfühlen kann, wenn man nicht klar irgendwo hingehört. Andererseits hoffe ich sehr, dass Menschen, die Ähnliches erlebt haben wie Ellis, das Buch aufschlagen und denken: Ja! Genau so ist es! Dass Menschen sich verstanden fühlen.

Und welche Reaktionen erhoffen Sie sich?

Ich hoffe, dass alle, die das Buch lesen, irgendeinen Aspekt von sich darin wiedererkennen. Dass es Trost spendet und/oder Inspiration.

Mit welchem Argument kann der Buchhändler das Buch ideal verkaufen?

Das Buch ist trotz der vielen Themen, die es behandelt, ziemlich schmal. Es lässt sich also sehr gut in die Tasche packen und mitnehmen. Man kann es entweder an einem Tag komplett durchlesen oder zwischendurch immer wieder eins der kleinen Kapitel.

Welche drei Wörter beschreiben das Buch perfekt?

Dicht, intensiv, spannend? Das hoffe ich zumindest!

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