Robert Schneider mit „Schlafes Bruder“ war bei Reclam Leipzig der erste Autor, den sie durchsetzte Birgit Peter

Wer Birgit Peter begegnet ist, hat sie als eine Frau kennengelernt, die wenig Worte machte, schon gar nicht um sich selbst, die aber mit einer umso ungeheuereren Energie sich einsetzte für Autoren, Bücher, Kollegen. Seit 1976, als sie gerade ihr Studium der Germanistik/Deutsch als Fremdsprache in Leipzig beendet hatte, arbeitete sie mit einem selbstlosen Engagement in der Branche, das man gar nicht genug würdigen kann.

Fast 20 Jahre als Lektorin für skandinavische Literaturen im Leipziger Reclam Verlag, später, nach 1990 ebendort als Cheflektorin und Verlagsleiterin. Wichtige skandinavische Autorinnen und Autoren den Lesern in der DDR bekanntzumachen gelang der ausgezeichnet Schwedisch sprechenden Lektorin ebenso, wie sie den Verlag nach dem Mauerfall durch die schwierigen Wendewirren steuerte, neue Programmlinien entwarf, Autoren an den Verlag band, während Reclam zuvor als Taschenbuchverlag stark von Lizenzen gelebt hatte. Robert Schneider mit „Schlafes Bruder“ war der erste, den sie durchsetzte, erst gegen Widerstände des Ditzinger Reclam Verlags, zu dessen Betriebsteil der Leipziger geworden war, dann im deutschsprachigen Raum und international. Adolf Endler und Natascha Wodin folgten. Aber auch in den slawischen Literaturen, weiter in den skandinavischen, im Bereich Kulturgeschichte, Geschichte, Ästhetik gelang es ihr, den Verlag als einen wichtigen in Deutschland sichtbar zu machen und im Gespräch zu halten.

1994 übernahm sie die Programmleitung im Gustav Kiepenheuer Verlag Leipzig. Hier etablierte sie als einen wichtigen Programschwerpunkt Literatur aus den Niederlanden und machte etwa den großen Willem Frederik Hermans hier bekannt. Aber sie stellte auch junge Autoren erstmals einem deutschen Publikum vor, beispielsweise den damals noch vollkommen unbekannten Stefan Hertmans. Und sie kreierte ein stark wahrgenommenes Sachbuchprogramm.

2003 übernahm sie für 16 Jahre die Leitung des Literaturhauses in Leipzig und machte es zu einem wirklichen Zentrum des literarischen Gesprächs in der Stadt. 6 NobelpreisträgerInnen waren zu Gast, Swetlana Alexijewitsch einmal, bevor sie den Preis bekam, vor 30 Zuhörern, ein zweites Mal später in einem natürlich überfüllten Saal. 2011 war auch Peter Handke da, der damals kaum auf Lesungen aufgetreten ist. Unter den deutschsprachigen Autorinnen und Autoren gibt es wohl wenige, deren Weg nicht irgendwann ins Leipziger Literaturhaus führte, zu Birgit Peter. Und so oft kamen sie wieder. Birgit Peter war ein treuer Mensch, sie war die Verkörperung von Verlässlichkeit. Auch internationale, sehr viel auch osteuropäische Autoren waren häufig zu Gast, und es zählt zu den großen Leistungen dieser stillen, energischen Frau, ihnen immer wieder ein aufgeschlossenes, großes, neugieriges, konzentriertes Publikum organisiert zu haben. Für Übersetzer engagierte sie sich, wissenschaftliche Kolloquien zu literatur- und verlagsgeschichtlichen Themen richtete sie aus, mit bewundernswerter Zielstrebigkeit, ja Zähigkeit.

Aufgeben war nicht ihre Sache, gegen Widerstände angehen hingegen umso mehr. Loben ließ sie sich ungern, eigentlich nie. Es ging ihr immer um andere. Dass ihr nach ihrem krankheitsbedingten Ausscheiden aus dem Berufsleben so wenig Zeit blieb, für sich, für die Familie, obwohl es doch so ausgesehen hatte, als wäre die Krankheit besiegt, ist eine große Ungerechtigkeit. Ich habe Birgit Peter, die ich als junger Lektor 1990 im Reclam Verlag kennenlernte und der ich im vergangenen Jahr als Leiter des Leipziger Literaturhauses nachgefolgt bin, viel zu verdanken, auch und vor allem eine Freundschaft über 30 Jahre, die auch durch alle räumlichen Entfernungen immer wichtig blieb. 

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