2018 feiert mit der "Gute Nachricht Bibel" (DBG) die erste moderne Übersetzung ihr 50-jähriges Jubiläum - Wir sprachen mit Reiner Hellwig und Folkert Roggenkamp „Bei allem Zuspruch und trotz hoher Verkaufszahlen gab es harte Kritik. Für einige durfte eine Bibel nicht so klingen!“

Folkert Roggenkamp
Reiner Hellwig

Wenn es um die Bibel geht, fällt den meisten zuerst die Lutherbibel ein. Doch die stilprägende deutsche Bibelübersetzung ist bei weitem nicht die einzige. 2018 feiert mit der Gute Nachricht Bibel die erste moderne Übersetzung ihr 50-jähriges Jubiläum. Die zeitliche Nähe zur 68er-Bewegung ist kein Zufall. Wir sprachen zum Thema mit Reiner Hellwig, dem Kaufmännischen und Verlegerischen Leiter der Deutschen Bibelgesellschaft und Folkert Roggenkamp, seit Juli 2018 Vertriebsleiter bei der kirchlichen Stiftung.

BuchMarkt: In diesem Herbst stand alles im Zeichen eines runden Geburtstags: Die „Gute Nachricht Bibel“ wurde 50. Wie haben Sie gefeiert?

Reiner Hellwig: Zum Jubiläum konnten wir auf der Frankfurter Buchmesse fünf neue Ausgaben der Gute Nachricht Bibel präsentieren, in neuem Design, einem neuen Layout mit neuer Typographie und durchgesehenem Text. Seit ihrem Erscheinen 1968 ist die Gute Nachricht Bibel die führende moderne Bibelübersetzung, nun wird das auch in der Gestaltung wieder sichtbar.

Folkert Roggenkamp: Unser Auftritt in Frankfurt stand ganz im Zeichen der neuen „Gute Nachricht Bibel“, vom Standdesign bis zur Gute-Nachricht-Schokolade. Und weil die Kollegen aus Georgien, das ja Gastland der Buchmesse war, in diesem Jahr ebenfalls eine Gute-Nachricht-Bibelübersetzung herausgebracht haben, haben wir das spontan gemeinsam gefeiert, mit gutem georgischem Wein.

Eine Frischzellen-Kur innen und außen – was hat sich denn konkret geändert?

fr: Das Layout ist klarer und übersichtlicher geworden. Der Leser findet sich leichter im Text zurecht. Erklärungen zu schwierigen Begriffen sind einfacher auffindbar. Die Schrift ist erstmals in einer Bibel serifenlos. Sie wirkt frisch, modern und gleichzeitig aufgeräumt. Farbenfrohe Einbände, wie die der Limitierten Editionen, sorgen dafür, dass man die Bücher gern in die Hand nimmt.

rh: Ich denke, uns ist das Spannungsfeld zwischen „modern“ und „retro“ sehr gut gelungen. Unsere Partnerin bei der Neugestaltung war die Kreativ-Agentur gobasil, die für uns auch schon die BasisBibel und die NGÜ (Neue Genfer Übersetzung) gestaltet und dafür renommierte Design-Preise gewonnen haben. Inhaltlich waren es einige hundert Änderungen, vor allem an Stellen, wo der Text sprachlich nicht mehr dem Stand der Zeit entsprach. Das Profil der Gute Nachricht Bibel bleibt davon aber unberührt. Sie ist immer noch eine echte 68erin!

Das müssen sie erklären: Was hat das mit der 68er-Bewegung zu tun?

rh: Die 68er-Bewegung war geprägt von einer Aufbruchsstimmung, die auch vor der Kirche nicht haltmachte. Ein Traditionsabbruch war spürbar und gleichzeitig wollten sich viele nicht mit altertümlichen Formen und Floskeln zufriedengeben. Die Gute Nachricht griff eben genau das auf: die Bibel in einem Deutsch, das jeder versteht – auch jene, die nicht mit der Kirchensprache vertraut sind.

fr: Tatsächlich hat man sich damals mehr getraut, als man von einer „ehrwürdigen Bibelanstalt“ erwarten würde. Da wurden zum Beispiel keine Theologen, sondern Journalisten mit der Übersetzungsarbeit beauftragt, um sicherzustellen, dass man nah an der Alltagssprache bleibt. Das Neue Testament, das 1968 als erstes erschien, hatte keine Verszählung wie üblich, dafür aber zeitgenössische Karikaturen. Das war schon eine Revolution. Diese Hintergründe schildern wir auch in einer zusätzlichen „Jubiläumszeitung“, die wir für Buchhändler und Interessierte kostenlos zur Verfügung stellen.

Was kann der Leser der „Jubiläumszeitung“ noch erwarten?

fr: Neben Wissenswertem zur Gute Nachricht gibt es auch interessante Berichte. So etwa ein sehr anschaulicher Beitrag der Historikern Barbara Beuys, die heute als Autorin von Biografien bekannt ist, und die damals als junge Studentin aus einem katholischem Elternhaus mit an der Übersetzung arbeitete. Sie schildert eindrücklich, mit welchen Herausforderungen sie konfrontiert war, aber auch die Aufbruchsstimmung, die in dem Projekt herrschte.

Was ist in Ihren Augen so besonders an diesem Jubiläum? Worauf Sind Sie besonders stolz bei der Deutschen Bibelgesellschaft?

rh: Zu ihrem Erscheinen 1968 war die „Gute Nachricht für Sie“, wie sie damals noch hieß, ein echtes Wagnis. Bei allem Zuspruch und trotz hoher Verkaufszahlen gab es aber harte Kritik. Für einige durfte eine Bibel nicht so klingen! Dass wir einmal ein erfolgreiches 50. Jubiläum feiern würden, davon war damals nicht auszugehen.

fr: Trotzdem hat man das Projekt konsequent weiterverfolgt und an den Stellen nachgebessert, wo es notwendig war. Das war mutig! Und es wurde belohnt: Eine ganze Generation sagt heute: „Das ist meine Bibelübersetzung.“ Darauf sind wir als Deutsche Bibelgesellschaft durchaus stolz.

Was ist seit der ersten Ausgabe bis heute passiert – welche Entwicklung hat die „Gute Nachricht Bibel“ vollzogen?

rh: Nach dem Erscheinen des Neuen Testaments hat man sich schnell für eine Fortführung des Projekts entschieden, dem 1982 die gesamte Bibel mit Altem Testament folgte. Dafür hatte man sich auch katholische Unterstützung gesucht und so – ebenfalls eine Revolution! – die erste und bis heute einzige interkonfessionelle Bibelübersetzung erarbeitet.

fr: Die Gute Nachricht hat sich über die Jahre zur wichtigsten Bibel neben der Lutherbibel und der katholischen Einheitsübersetzung, entwickelt. Anfänglich lediglich als „Zweitbibel“ wahrgenommen, ist sie heute gerade für Schüler und Konfirmanden häufig die erste Bibel, mit der sie in Kontakt kommen.

rh: Aber natürlich ist es eine ständige Herausforderung, eine Bibelübersetzung, die für sich reklamiert, „die Moderne“ zu sein, über Jahre auf diesem Stand zu halten. Sprache verändert sich. Und so ist es immer wieder nötig gewesen, den Text genau anzuschauen.

Würden Sie alles wieder so machen?

rh: Natürlich war die Situation um 1968 gesellschaftlich wie kulturell speziell. Und auch der Buchmarkt heute mit der sich radikal verändernden Medienlandschaft steht ganz eigenen Herausforderungen gegenüber. Was wir aber mitnehmen können, ist der Mut und die Beharrlichkeit, mit denen die Kollegen von damals das Projekt vorangetrieben haben.

Kann der Allgemeine Sortimentsbuchhändler die Bibel auch in seinem Laden verkaufen?

fr: Er kann nicht nur, er tut es bereits erfolgreich! Das Lutherjahr 2017 hat den Umsatz in der Warengruppe Religion nachhaltig beflügelt, und auch die Gute Nachricht Bibel profitiert von diesem Aufschwung. Und die hochattraktive, weil mitgliederstarke, buchaffine und zahlungskräftige Zielgruppe 60+ sucht gerade im kleinen und mittleren Buchhandel Inspiration und Rat für alle Lebenslagen. Die letzten Erhebungen über die Umsatzentwicklung der Unabhängigen im Gegensatz zu den Filialisten belegt das deutlich. Wir werden den Buchhandel im kommenden Jahr forciert mit Maßnahmen zur Wissensvermittlung „rund um die Bibel“ unterstützen, denn hier fehlt es häufig an Grundkenntnissen, die von der Zielgruppe aber erwartet werden.

Wenn man sich als Buchhändler so gar nicht für religiöse Literatur oder Bibeln interessiert – kann man so etwas dann trotzdem verkaufen?

Aber ja! Buchhändler begeistern sich ja auch eher selten persönlich für den „Darm mit Charme“, „die Weisheit alter Hunde“ oder das Jahr „1913“. Selbstverständlich können sie daher auch die Bibel verkaufen – eigentlich sogar noch besser, denn die kennt in Deutschland nun wirklich jede und jeder. Und religiös muss man dafür auch nicht sein.

Wo sehen Sie die Bibel in 50 Jahren – im Jahr 2068?

rh: 50 Jahre sind eine lange Zeit – auch für eine Bibelübersetzung! Die wechselvolle Geschichte der Gute Nachricht zeigt, wie viel hier passieren kann. Aber ich gehe davon aus, dass sie auch in 50 Jahren noch ihre Leser findet. Das setzt voraus, dass sie nicht in einem Bücherregal verschwindet und verstaubt, sondern sprachlich immer am Puls der Zeit bleibt.

fr: Nicht umsonst wird die Bibel das „Buch der Bücher“ genannt: mit 3000 Jahren Geschichte auf dem Buckel (und nicht zuletzt dem Segen von ganz oben)wird die Bibel auch in 50 Jahren die Menschen bewegen, begeistern, inspirieren und trösten. Welche der Bibelübersetzungen es dann sein werden und in welcher Form die Menschen die Bibel lesen, lässt sich heute nicht beantworten. Aber bis dahin werden wir weitere schöne Ideen realisiert haben, gestalterisch, typographisch, physisch und nicht physisch – es wird nicht langweilig werden mit der Bibel, das kann ich versprechen.

Die Fragen stellte Franziska Altepost

Kommentare (2)
  1. Ich habe heute, 07.02.2021 den ev. Gottesdienst im TV verfolgt und hier wurde die neue Basisbibel in verschiedenen Farben vorgestellt. Nun suche ich eine Erklärung der Unterschiede zwischen rot, blau, grün und gold. ich möchte mir auch eine dieser neuen Basisbibeln zu legen . Klar ist das ich gerne das alte und neue Testament lesen möchte. Aber welche ist die richtige für mich???
    Gruß Josef Busch

  2. Hallo Herr Busch,
    Das habe ich mich als interessierter Laie auch gefragt. Meine Recherchen haben Folgendes ergeben: Die BasisBibel gibt es in zwei Versionen – „Komfortabel“ und „Kompakt“. Diese liegen wiederum in unterschiedlichen Farben vor. Die Farben sind reine Stil-oder Designangelegenheit (was gefällt Ihnen besser im Bücherregal). Zwischen den o.g. Versionen soll es keinen inhaltlichen Unterschied geben. Sie unterscheiden sich lediglich in der Art und Weise wie der Text gesetzt ist. In der Komfortablen erhält jeder Sinnabschnitt seine eigene Zeile (wie in einem Gedicht); hierdurch braucht diese Version mehr Platz und hat mehr Seiten. Die Kompakte ist hingegen wie ein Roman strukturiert. Hierdurch wird der Text „platzsparender“ untergebracht. Seit dem 21.1.2021 sind die Versionen als Vollbibel erhältlich (AT und NT). Davor war nur das NT veröffentlicht.
    Ich möchte Sie aber noch der Vollständigkeit halber darauf aufmerksam machen, dass der Text hier Bezug auf die „Gute Nachrichten“-Bibel von 1968 Bezug nimmt. Die BasisBibel ist erst ab den 2000ern in Angriff genommen worden und soll sprachlich „noch moderner“ und „einfacher lesbar“ sein.

    Schöne Grüße
    Daniel

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