Ein Zwischenruf und Rechts-Tipp für Buchhändler von Hans ten Doornkaat Warum das Vorlesen von Bilderbüchern im Netz auch problematisch sein kann

Buchhandlungen versuchen alles, um für ihre Angebote zu werben, mehr denn je. Bilderbuchverlage reagieren großzügig und haben auf ihren Webseiten Links zu Lesungen im Netz, Bildmotive für den Buchhandel zum Download und so weiter. Atlantis-Lektor Hans ten Doornkaat erklärt, warum das Vorlesen von Bilderbüchern im Netz aber auch ungewollt zu einer Urheberrechtsverletzung führen und damit problematisch sein kann. Hier sein Zwischenruf:

Hans ten Doornkaat: „Vorsicht vor Urheberrechtsverletzung“  © zvg

Wenn ein Autor aus seinem Roman vorliest, macht er Appetit aufs Ganze. Wenn eine Buchhändlerin ein Bilderbuch vorliest, macht sie den ganzen Inhalt frei zugänglich.

Erstens kann keine Buchhandlung das Interesse haben, dass die Bücher, die wir verkaufen wollen, durch Gratis-Downloads ersetzt werden. Zweitens sind solche Publikationsformen in Verlagsverträgen nicht vorgesehen. Im Atlantis-Verlag haben wir deshalb die Autor*innen und Illustrator*innen angefragt, welchen außerordentlichen Nutzungen sie zustimmen. Viele haben ihrerseits mit Zusatzangeboten wie Ausmaldownloads und eigenen kurzen Filmen reagiert. Kurzum, wir ziehen alle am gleichen Strick, aber damit das so bleibt, einige Hinweise:

  • Gefilmtes Vorlesen mit viel Sofa und Bücherregal und vor einer Kamera, die ab und an aufs Buch zoomt, aber nicht jede Illustration erfasst, ist nicht unumstritten, aber praktizierte Grauzone.
  • Das ganze Bilderbuch quasi als vertontes pdf und ohne „Vorlesekulisse“ ins Netz stellen, ist – wenn nicht explizit freigegeben vom Rechteinhaber – ein Verstoß gegen das Copyright.
  • Das Zeigen und Vertonen von Ausschnitten ist Werbung. Wir kennen das von professionell gemachten Trailern und von Leseproben im Netz. Wer jetzt selbst Neues wagt, kann mit dem Charme des Handgemachten vielleicht besonders punkten.

Wenn Verlage und Urheber*innen in der Krisenlage dennoch großzügiger handeln als rechtlich vorgesehen, dann erlauben sie das mit schriftlicher Absprache (z.B mit Formular via Website), um die Kontrolle über die Buchrechte nicht völlig zu verlieren. Die entsprechende Vereinbarung gilt beispielsweise bis im Herbst. Bei Streaming ist das einfacher zu kontrollieren, als wenn ganze Bilddateien und vertonte Formate als Downloads zur Verfügung gestellt werden. Downloads lassen sich bekanntlich weitersenden.

Kein Verlag will den Handel hindern, für Bücher und Serviceleistungen zu werben. Dass es aber nicht zu einem Ausverkauf der Inhalte kommen darf, gehört auch zu den gemeinsamen Interessen. Und für mich als Lektor ist das Beachten der Rechtslage immer auch Teil meiner Wertschätzung für Autor*innen und Illustrator*innen.

Hans ten Doornkaat

Kommentare (1)
  1. Lieber Hans ten Doornkaat,
    unsere Agentur erhält in diesen Tagen viele Bitten um Erlaubnis, Bilderbücher im Internet vorzulesen. Ihr Beitrag hilft, die Grenzlinien zwischen Erlaubtem, Geduldetem und Nicht-Erlaubtem zu erkennen. Deshalb herzlichen Dank für diesen Zwischenruf.

    Herzliche Grüße,
    Silke Weniger

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