Die Akademie der deutschen Medien wird 25 Jahre alt - Bernd Zanetti heute im Sonntagsgespräch über Fortbildung in Zeiten der Digitalisierung „Die Grundlage für gute und erfolgreiche Weiterbildung ist nach wie vor Qualität“

Die Akademie der Deutschen Medien in München feiert in diesem Jahr ihr 25-jähriges Jubiläum. Dies war Anlass für Fragen an deren Geschäftsführer Bernd Zanetti.

buchmarkt.de: Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum! Wie würden Sie die Entwicklung der Akademie rückblickend beschreiben?

Bernd Zanetti

Bernd Zanetti: Wir haben in den letzten Jahren unser Programm kontinuierlich um neue Themenfelder – vor allem im Bereich digitale Medien – erweitert. Und konnten damit auch stetig neue Zielgruppen erschließen. Mittlerweile führen wir im Offenen Seminarprogramm jährlich rund 280 Seminare zu unterschiedlichen Themen durch und begrüßen in unseren Kursen über 4.000 Teilnehmer jährlich. Unsere Kunden kommen heute aus verschiedensten Branchen, von Verlagen und Medienunternehmen über Industrie sowie produzierendem Gewerbe bis hin zu öffentlichen Einrichtungen und Stiftungen. Da hat sich seit unserer Gründung also einiges getan.

Eine Studie des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels belegte jüngst, dass die Deutschen insgesamt immer weniger Bücher kaufen und lesen und dass die Buchkäufer immer älter werden (70+). Warum haben Bücher und Lesen – vor allem bei jüngerem Publikum – derart an Relevanz verloren?

Zum einen hat sich mit der Digitalisierung – also dem Smartphone, Social Media oder Streaming-Diensten wie Netflix & Co. – nicht nur unser Kommunikations- und Leseverhalten verändert, sondern auch unser Kaufverhalten. Und das insbesondere bei jüngeren Zielgruppen. In diesem Zusammenhang besteht die größte Herausforderung für Verlage meiner Ansicht nach darin, ihre Endkunden direkt anzusprechen, sowohl was Marketing als auch was Vertrieb angeht. Sie konnten sich da lange vor allem auf den stationären Buchhandel als starken Partner verlassen.

Und was können Verlage und Buchhandlungen nun tun, um diesem Trend entgegenzuwirken?

Beide Seiten müssen nun aber den Endkunden noch stärker in den Mittelpunkt rücken und Strategien entwickeln, um die Leser besser zu erreichen. Stichworte wie „Customer Experience“ oder „Customer Journey“ – also was können wir tun, um unseren Kunden an allen Kontaktpunkten mit unserem Produkt oder Unternehmen die bestmögliche Erfahrung zu bieten – sollten daher auch in unserer Branche an oberster Stelle stehen. Stationäre Buchhändler sollten sich nicht scheuen, eigene Online-Shops zu betreiben und zu optimieren. So können sie neue Kunden dazu gewinnen und in der Regel gibt es auch eine positive Rückwirkung auf die stationäre Buchhandlung.

Außerdem erscheint es mir wichtig, intensiv über die Ausprägungen des literarischen Lebens nachzudenken. Ein Großteil der Veranstaltungen wirkt doch schon etwas angestaubt. Mit neuen Formaten bestehen gute Chancen, Bücher wieder mehr zum Gespräch zu machen.

Was tut die Akademie der Deutschen Medien, um die Verlags- und Buchbranche bei diesem Prozess zu begleiten?

Durch die Digitalisierung kommen auf uns alle neue Anforderungen zu, viele Berufsbilder befinden sich im Wandel oder entstehen komplett neu. Da gilt es, sich permanent zu qualifizieren, um als Mitarbeiter oder Unternehmen wettbewerbsfähig zu bleiben. Und damit wird (betriebliche) Weiterbildung zum zentralen Faktor. Gerade im Bereich Online Marketing oder wenn es um die Konzeption und Produktion von digitalen Medien geht, müssen Mitarbeiter stets auf dem neuesten Stand bleiben. Auf diese Herausforderungen reagieren wir als Akademie und haben ein entsprechend breitgefächertes Angebot: Neben klassischen Verlagsthemen finden sich in unserem Programm auch zahlreiche Seminare, die sich mit der Konzeption und Vermarktung von Corporate und Digital Media beschäftigen, mit Marken- und Unternehmenskommunikation oder mit Innovations- und Führungsthemen.

Auf der einen Seite machen Weiterbildung und Entwicklungsmöglichkeiten Arbeitgeber für potentielle Mitarbeiter attraktiver. Vor dem Hintergrund, dass sich Unternehmen in der Branche zunehmend schwer tun, passende Mitarbeiter zu finden, kann das ein entscheidender Faktor sein. Auf der anderen Seite können vorhandene Mitarbeiter durch beständige Qualifizierung und Fortbildungsangebote wiederum stärker an das eigene Unternehmen gebunden werden. Auch persönliche Kompetenzen werden im Zuge der Digitalisierung immer bedeutender, zum Beispiel die Kommunikations- oder Projektmanagement-Fähigkeiten von Mitarbeitern, die zunehmend abteilungsübergreifend zusammenarbeiten und somit immer agiler arbeiten müssen.

Welche Themen aus Ihrem Programm sind besonders relevant für die Buchbranche bzw. welche Kompetenzen sollte die Buchbranche künftig ausbauen?

Ich denke, dass es auch in der Buchbranche im Wesentlichen um die Stärkung digitaler Kompetenzen geht. Das Thema E-Commerce zum Beispiel: Da besteht bei vielen Buchhandlungen und Verlagen Optimierungspotenzial, was den Online-Shop oder die Website angeht. Und auch das Shop-Marketing (per Newsletter oder Social Media) sollte weiter professionalisiert werden – eben um auf das veränderte Kauf- und Konsumverhalten der Zielgruppen zu reagieren.

Stichwort Online Marketing: Was sind hier die aktuellsten Entwicklungen – und entsprechend auch Themen, die Sie in Ihrem Programm abdecken?

Das reicht von E-Mail- und Newsletter-Marketing, das nach wie vor ein sehr effektiver Vermarktungskanal ist, über Social Media bis hin zu Influencer Marketing. Für Verlage und Buchhandlungen kann es ja zum Beispiel auch erfolgversprechend sein, mit Bloggern und YouTubern zusammenzuarbeiten. Und ohne Zweifel bietet es sich an, auf Social Media Autoren vorzustellen, Neuerscheinungen zu empfehlen oder Hintergrundgeschichten zu erzählen. Das sind kostengünstige Wege, um bei seiner Zielgruppe Aufmerksamkeit zu erreichen. Zu diesem Thema haben wir zum Beispiel einen Zertifikatskurs zum neuen Berufsbild des „Audience Development Managers“ in unserem Programm. Das Thema wird in Zukunft immer relevanter werden und ist auch für Verlage und Buchhandlungen, die oft ohnehin schon eine treue Fangemeinde haben, interessant: Wie kann ich auf meinen digitalen Kanälen noch mehr Aufmerksamkeit erlangen, die Beziehung zu meiner Community pflegen, ein loyales Publikum aufbauen und das Engagement meiner Kunden steigern?

Die Digitalisierung macht Weiterbildung besonders notwendig, wie hat sie sie verändert? Also wie sah Weiterbildung vor 25 Jahren aus, wie funktioniert sie heute?

Die Grundlage für gute und erfolgreiche Weiterbildung ist nach wie vor Qualität. Das bezieht sich sowohl auf relevante Themen und Inhalte als auch auf erfahrene Referenten mit fachlicher und didaktischer Expertise. Aktualität ist ebenfalls ein entscheidender Faktor – gerade in Zeiten der Digitalisierung. Die Seminarprogramme müssen laufend auf den neuesten Stand gebracht werden, denn nur so ist die Praxisrelevanz gewährleistet. Wichtig ist auch die Anpassung der Vermittlungswege: Die Lernformate müssen interaktiv gestaltet sein, um die Teilnehmer besser zu erreichen und somit auch den Lernerfolg zu optimieren.

Denken Sie, dass digitale Qualifizierungsformen – also E-Learning – Präsenzveranstaltungen bald ablösen werden?

Für bestimmte Bereiche sind digitale Lernformen – ob Webinare, Lernprogramme oder Podcasts – durchaus sinnvoll und werden sich vermutlich durchsetzen, zum Beispiel beim Erlernen von Sprachen. Außerdem ist natürlich die Kostenersparnis ein entscheidender Vorteil. Gerade große Unternehmen, die eine Vielzahl an Mitarbeitern schulen, setzen daher verstärkt auf E-Learning. Digitale Qualifizierungsformen sind allerdings nur dann zu empfehlen, wenn auch hier Qualität an oberster Stelle steht. Denn um den Lernerfolg für die Teilnehmer zu sichern, müssen zum Beispiel gerade digitale Lernprogramme programmatisch und organisatorisch begleitet werden. Ohne eine aktive Betreuung der Teilnehmer bleibt der Lernerfolg suboptimal. Folglich hat auch gutes E-Learning seinen Preis.

Grundsätzlich denke ich aber, dass gerade in Zeiten zunehmend digitaler Alltagskommunikation Präsenzveranstaltungen ihre Berechtigung haben, ja sogar in gewisser Weise bedeutender werden, da gemeinsames Lernen sowie der Vergleich mit anderen förderlich für das Lernen und auch für die Motivation der Lernenden sind.

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