Verlage Moritz Verlag: Abend mit Illustratoren, Übersetzern und Buchhändlern

Gestern Abend wurde es eng im Kaffeehaus Lucille im Frankfurter Nordend: Rund 40 Buchhändler aus Frankfurt und Umgebung waren der Einladung des Moritz Verlags gefolgt und in das kleine Café gekommen. Zu Gast waren die Illustratoren Axel Scheffler und Jörg Mühle sowie die Übersetzerinnen Bettina Münch und Ursula Gräfe.

Axel Scheffler, Jörg Mühle, Daniela Lang (v.l.)

 

Verlagsleiter Markus Weber begrüßte die Buchhändler und stellte Illustratoren und Übersetzerinnen kurz vor. Dann führte Daniela Lang, verantwortlich für Pressearbeit im Verlag, das Gespräch mit Axel Scheffler und Jörg Mühle. Im Mittelpunkt standen die beiden Kinderbücher Die Rückkehr der Killerkatze von Anne Fine, übersetzt von Bettina Münch und neu illustriert von Axel Scheffler, sowie Viele Grüße, Deine Giraffe von Megumi Iwasa, übersetzt von Ursula Gräfe und neu illustriert von Jörg Mühle.

„Der Text war toll, und die Übersetzung war toll“, äußerte Scheffler zu Beginn. Auch Mühle fand „seinen“ Text spannend, teilweise bizarr. „Aber genau das machte es reizvoll“, unterstrich er. Es gäbe allerdings auch andere Fälle, bei denen der Text nach dem ersten Lesen noch ok. sei, nach drei Wochen aber nicht mehr.

Die Originalausgabe habe Mühle nur kurz durchgeblättert: „Ich wollte das nicht unbedingt sehen.“ „Das ging mir bei der Killerkatze genauso“, schloss sich Scheffler an. Zwangsläufig käme es bei kurzen Texten zu Ähnlichkeiten bei den Illustrationen von Original und übersetzter Ausgabe. „Dann unterscheidet manchmal nur der Strich“, erläuterte Scheffler.

„Aber vielleicht kommt man beim näheren Hinsehen auch auf andere Ideen“, fügte Mühle hinzu.

Die Arbeit der Illustratoren beginnt damit, dass der Verlag ihnen einen Text schickt. „Genau, ich bekomme die Wortvorlage und den Abgabetermin und brauche Anlauf“, gestand Mühle. Mit Zeichnungen in Größe einer Streichholzschachtel beginne er und zeigte dazu seinen Skizzenblock. In der Tat – erstaunlich klein. „Dann scanne ich die Zeichnungen ein und bearbeite sie“, erklärte der Illustrator.

Skizzen von Axel Scheffler

 

„Aber wie kommen die Charaktere zustande?“, wollte eine Buchhändlerin wissen. „Eigentlich ist ja die Killerkatze nicht wirklich böse“, sagte Scheffler. Er zeichne einfach drauflos, erst grob, dann zunehmend detaillierter. „Und manchmal kommen Vorschläge vom Lektorat“, sagte er.

„Der Charakter einer Figur entsteht sehr spät bei mir“, äußerte Mühle, „ich denke mich erst später in die Geschichte hinein.“

Skizzen von Jörg Mühle

 

„Wagen es die Illustratoren, bei den Zeichnungen etwas hinzuzufügen, was nicht im Text steht?“, fragte Daniela Lang. „Ja, das gehört dazu“, antwortete Mühle, „mein Problem bei der Giraffe war, dass ein Pelikan in meiner Welt nicht auf einem Baum sitzt. Mit einer schreibenden Giraffe hatte ich weniger Schwierigkeiten.“ Gelächter im Publikum. Mühle habe viele Ideen, stelle sich aber immer die Frage, welche davon gut seien. „Ich kann meine eigenen Bücher nicht gleich sehen, wenn sie fertig sind.“ „Das geht mir auch so“, schloss sich Scheffler an.

Markus Weber mit dem ersten von Axel Scheffler illustrierten Buch

 

Markus Weber hielt Die Geschichte von vier Kindern, die um die Welt segelten hoch – das erste von Axel Scheffler illustrierte Buch, erschienen 1991 bei Beltz & Gelberg, damals arbeitete auch Markus Weber noch in diesem Verlag. Der ebenfalls von Scheffler illustrierte Grüffelo wurde erst 1999 in Deutschland publiziert.

„Ich mag nicht, wenn alles schon im Text steht, was soll ich da noch machen?“, kam Jörg Mühle auf das Gespräch zurück.

Beide Illustratoren waren sich einig, dass man im Laufe der Zeit bestimmte Fertigkeiten und Fähigkeiten erwirbt, anderes jedoch auch verloren geht.

„Wie kommt man zu einem eigenen Stil?“, fragte Daniela Lang. „Das ist eine mysteriöse Geschichte, der eigene Stil ist ein Geschenk, kein bewusster Prozess“, antwortete Axel Scheffler. Natürlich sei es hilfreich, wenn man einen Stil hat, der erkannt werde.

Jörg Mühle hat viel ausprobiert, in der Werbung und für Zeitungen gearbeitet. „Im Laufe der Jahre ist auch Bequemlichkeit mit hinzugekommen – Aquarelle sind dann nicht mehr das Mittel meiner Wahl“, gab er zu.

„Sind Sie Künstler oder Handwerker?“, wollte Lang weiter wissen. „Ich arbeite auf dem Gebiet der angewandten Kunst, bin Illustrator. Ich habe in Hamburg Kunstgeschichte studiert und ging dann nach England, um Grafik zu studieren. Dort bin ich in das ‚goldene Zeitalter der Illustration’ hineingeraten“, sagte der seit 1986 in London lebende Scheffler.

„Ich wollte das einfach machen, ohne dass ich einen bestimmten Berufswunsch hatte“, erklärte Mühle. Er studierte an der HfG in Offenbach, ging dann zu weiteren Studien nach Paris. „Dort habe ich erfahren, dass Illustrationen geschätzt werden. In den Verlagen gibt es einen Art Director und einen Lektor – das ist so in Deutschland nicht üblich. Aber die Unterschiede würde ich 15 Jahre später nicht zwischen den Ländern sehen, sondern eher zwischen guten und schlechten Verlagen.“ In England sei das ebenso, nur dass sich die Verlage dort mehr einmischten, ergänzte Scheffler. Dort stehe Teamwork im Vordergrund, man habe weniger Freiheiten.

Bettina Münch (r.)
Ursula Gräfe (r.)

 

Beim Thema Lektorat kamen die beiden Übersetzerinnen mit ins Gespräch. „Ein guter Lektor kümmert sich um jede Übersetzung, egal aus welcher Sprache“, sagte Ursula Gräfe. Und ja, man müsse etwas am Text ändern – gerade bei der aus dem Japanischen übertragenen Giraffe, sonst wäre es zu schräg geworden. „Man wünscht sich eigentlich einen Lektor, der hilft.“ Schwierig sei es, wenn bereits eine englische Übersetzung aus dem Japanischen vorliege, dann diene diese meist als Master Copy im Verlag. „Das stört mich“, gab Gräfe zu.

Bettina Münch bekannte: „Natürlich erschrickt man erst einmal intuitiv, wenn der Lektor viel ändert. Aber es ist ein Segen.“

Zwischen Autor und Illustrator gäbe es normalerweise keinen Kontakt. Das sei ihm auch lieber so, äußerte Mühle. Er habe bisher nur ein Mal eine solche Zusammenarbeit gehabt, die sich jedoch schlussendlich als wertvoll herausstellte: „Es war ideal – am Ende wurden Text und Illustrationen geändert.“ Aber Mühle falle es schwer, fremde Ideen umzusetzen.

Scheffler bemerkte ebenfalls, dass eine Kooperation nicht zwangsläufig erfolgreich sei. Es müsse wirklich passen. „Das ist bei den Übersetzern genauso“, sagte Bettina Münch und verwies auf unterschiedliche Erfahrungen.

Für die beiden aktuellen Bücher, die Illustratoren und Übersetzerrinnen gerne signierten, hatte der Moritz Verlag gesorgt. Und für einen äußerst unterhaltsamen und ungewöhnlichen Abend auch.

Auf eine hübsche Idee zur Umsetzung des Buches Viele Grüße, Deine Giraffe verwies Markus Weber zum Schluss: Die Buchhandlung Buchpalast in München regte mit einer Aktion an, wieder einmal Briefe zu schreiben.

JF

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