"Die Konzernmanager haben keine Ahnung, wie man qualitativ und vor allem kommerziell gute Ware anschafft" sagt Christian Strasser Lesetipp: „Sex, Books & Rock`n Roll“ über „70 Jahre Buchmesse Frankfurt“

Der Artikel von Christian Strasser im JOURNAL FRANKFURT: „Das Feuilleton jubelte, endlich hatten sie wieder einen der ihren in die Welt der Bücher eingeschmuggelt“

Seit Jahren meidet Christian Strasser die Öffentlichkeit; einzig die Programme seiner Verlagsgruppe Europa, Scorpio, Trinity, L.E.O und Golkonda sollen dafür sprechen, wie er denkt und was er bewirken will. Jetzt aber hat er sich doch wieder einmal  öffentlich gemeldet: Am Donnerstag erschien im JOURNAL FRANKFURT dem größten und wohl auch anspruchsvollsten Stadtmagazin der Republik, unter dem Titel Sex, Books & Rock`nRoll ein kritischer Beitrag zum Branchengeschehen. Er  bezieht auch Position zum Fall Laugwitz, dessen neueste Entwicklung heute auch Thema war:  „Das Feuilleton jubelte, endlich hatten sie wieder einen der ihren in die Welt der Bücher eingeschmuggelt“.

Strasser zu diesem kritischen Blick auf die Buchbranche des Jahres 2018 zu bewegen ist Ronja Merkel gelungen, die seit einigen Monaten Chefredakteurin des Stadtmagazins ist und zuletzt Programmleiterin des LEO Verlags war. Sie hatte ihrem alten Chef darum gebeten und Strasser folgte „ihrem Wunsch sehr gern. Die Welt wird noch viel von dieser erst 29 Jahre alten Dame hören, sie ist eines der größten Talente, das mir je begegnet  ist“….

Der Text von Christian Strasser ist zuerst als Teil der Titelstory im aktuellen JOURNAL FRANKFURT (Ausgabe 10/2018) erschienen. Hier ein Auszug:

„Kein Mensch braucht Buchmessen. In Minutenschnelle kann heute jeder Nachrichten, Anfragen, Verkäufergeschwätz und sogar gewichtige Manuskripte von Manhattan nach München, von Boston nach Berlin versenden. Das gleiche gilt im digitalen Zeitalter freilich für Sportartikelmessen oder Ärztekongresse. Trotzdem lädt heute jedes Land, sei es noch so klein und abgelegen, zu einer International Book Show. Nur eine Veranstaltung elektrisiert freilich nach wie vor die gesamte Branche: Die Frankfurter Buchmesse ist und bleibt das zentrale Ereignis der internationalen Buchwelt, bestimmt jede Agenda mehr als Weihnachten oder Jom Kippur. Trotz der idiotisch vervielfachten Hotelpreise, der verstopften Straßen und der überfüllten Hallen – wer hier nicht sichtbar ist, muss wohl gestorben sein oder wegen Bilanz­betrugs im Knast einsitzen.

Natürlich ist eine Messe zunächst eine kommerzielle Veranstaltung, aber der Doppelcharakter der „geheiligten Ware Buch“ (Bertolt Brecht) sorgt auch hier für eine Dosis Glamour. Neben Tauschwert und anständigem Profit ging es in den Verlagen immer auch um Literatur und Wissenschaft, um Risiko und Gefühl, um den Beitrag zur Kultur, um „Bar-Geld und Bar-Genie“, wie Heinrich Heines Verleger Julius Campe den schmerzhaften Zwiespalt umschrieb. Darum ging es schon in Leipzig, auf der Mutter aller Buchmessen, die nach Krieg und deutscher Teilung gen Frankfurt am Main emigrierte. Die Anfänge waren bescheiden und überschaubar, aber seit den 60er-Jahren geht dort die Post ab. Die etwas protzigen Empfänge internationaler Player wie Time Life und Bertelsmann, auf denen sich gut bezahlte Manager auf die üppigen Buffets stürzten, als kämen sie direkt aus der Sahelzone, wurden auch mal von bewegten Studenten mit langen Haaren gesprengt. Bei der Verleihung des Friedenspreises hechtete Daniel Cohn-Bendit über die Absperrungen, als ginge es um olympisches Gold. ()“

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