Eine Marktforschungsstudie der Hörbuchverlage zum Verkauf von physischen CDs ist in Vorbereitung IG Hörbuch-Tagung: Das Potenzial ist noch nicht ausgeschöpft

Heute ging die Jahrestagung der IG Hörbuch im Haus des Buches in Frankfurt am Main zu Ende. Rund 60 Teilnehmer und Referenten hatten sich zusammengefunden, um Themen wie Smart Speaker, Influencer Marketing, den Deutschen Hörbuchpreis oder Verpackungsformen zu diskutieren.

Kilian Kissling, Heike Völker-Sieber (der hörverlag/Random House Audio) und Johannes Ackner (Buchfunk) vom Sprecherkreis der IG-Hörbuch begrüßen die Teilnehmer

Da die IG Hörbuch bei ihren Tagungen in Frankfurt bislang immer die höchsten Anmeldezahlen gehabt habe und die Infrastruktur des Haus des Buches überdies kostengünstig sei, schlug Argon-Geschäftsführer Kilian Kissling aus dem Sprecherkreis gleich zu Beginn vor, die Mainstadt künftig zum standardmäßigen Ort für die Jahrestagung zu machen. Außerdem kündigte er eine Marktforschungs-Studie zur Entwicklung des Verkaufs von physischen CDs an, in Zusammenarbeit mit dem Börsenverein, die Lothar Sand betreuen wird, der nach dem Ausscheiden von Petra Fust im Börsenverein für die Hörbuchverlage zuständig ist.

John Ruhrmann

John Ruhrmann, Managing Director & Co-Founder Bookwire, sprach im ersten Referat über „Das Hörbuch und den Aufstieg der Smart Speaker“, insbesondere über die Geräte von Amazon Echo, Google Home, Apple Homepos und Sonos in Verbindung mit Software wie Alexa von Amazon, Google Assistent von Google, Siri von Apple, Bisby von Samsung, S Voice von Samsung und Cortana von Microsoft. Laut einer Studie der ARD-Werbung Sales & Services GmbH nutzen 9 Millionen, also 13 Prozent der Deutschen über 14 Jahren, regelmäßig einen eigenen Smart Speaker. Acht von zehn Nutzern sind jünger als 50 Jahre, und die Geräte stehen vor allem im Wohnzimmer (75 Prozent), in der Küche (26 Prozent), dem Schlafzimmer (25 Prozent) sowie im Kinderzimmer (11 Prozent).

Hörbücher könnten auf diese Weise aber noch häufiger gehört werden: Zwei Stunden und 13 Minuten läuft der Smart Speaker im Schnitt in deutschen Haushalten, der Anteil des Hörbuchs an dieser Zeit liegt bei einer Minute – im Vergleich dazu Musik: 60 Minuten, Radio: 52 Minuten. „Das riesige Potenzial muss für das Medium Hörbuch noch gehoben werden“, so John Ruhrmann, und dafür müsse das „individuell, superpersönlich und ergonomisch werden, und braucht emotionale Bindung – das ist mehr, als nur ein Lautsprecher sein“.

Birgit Hagmann

Birgit Hagmann, Head of Category Management Buch bei Thalia, war an dem Tag nach Frankfurt gekommen, an dem die Genehmigung der Fusion von Thalia und der Mayerschen vom Kartellamt bekannt gegeben wurde, die Bedeutung des Unternehmens als wohl wichtigster Vertriebskanal für physische Hörbücher in Deutschland also noch größer geworden war. „Willkommen unter der Oberfläche. Thalia die neue Marke“, lautete der Titel ihres Redebeitrags, in dem sie u.a. die Entstehung der Werbekampagne „Welt, bleib wach“ skizzierte. In drei Filialen (Hagen, Düsseldorf, Leipzig) werden derzeit Konzepte ausprobiert, mit denen man Kunden fürs Buch begeistern möchte, darunter ein Kuratierungssystem, bei dem z.B. ein Autor wie Marc Elsberg seine Lieblingstitel empfiehlt und mit diesen Titeln ein Büchertisch gestaltet wird. Dafür ist man von großen Tischen auf das handlichere Format 60x60cm umgestiegen. Ausprobiert wird auch die Hörbuch-Präsentation außerhalb der Hörbuch-Abteilung direkt bei den zugehörigen Buchtiteln. „Auch ich glaube, dass wir das Potenzial des Hörbuchs bei Thalia noch nicht ganz ausgeschöpft haben“, so Birgit Hagmann.

Tina Lurz

Tina Lurz von der Agentur ehrlich & anders gab einen Überblick über „Blogger Relations & Influencer Marketing: Basics, Tipps und Möglichkeiten für Hörbuchverlage“. „Im Buchbereich sind wir ganz klar im Micro-Influencer-Bereich mit Reichweiten unter 10.000 Follower“, stellte sie klar. Da seien „Nischenblogger mit tiefem Fachwissen und Leidenschaft“ am Werk, für die der Blog in der Regel ein Hobby sei. Und viele Buchblogger seien auch Hörbuch-Fans. „Es lohnt sich, den richtigen Influencer mit der richtigen Ansprache zu finden“, riet sie den Hörbuchverlagen. „Die Zielgruppe ist da. Lernen Sie sie kennen und kommunizieren Sie.“

Kurt Schüler

Kurt Schüler, GVM Gesellschaft für Verpackungsforschung mbH, sprach zum Ausklang am Donnerstag über die Gestaltung der Verpackungen von Hörbüchern. Dabei stellte er Vor- und Nachteile von Kunststoff-Varianten, Papiervarianten und Kunststoff-Papier-Kombinationen vor. „Kunststoff ist in vielen Einsatzbereichen ein funktional und ökologisch überlegenes Verpackungsmaterial“, so Kurt Schüler. Als Verpackung von Datenträgern sei Kunststoff aber heute nicht mehr zeitgemäß, er habe nur noch als Originalitätssicherung in Form von Folie seinen Platz. Moderne Kartonlösungen seien nicht nur aus der Perspektive der Verwertung zu bevorzugen, auch die Entnahme des Datenträgers und die Aufbewahrung seien einfach. Deutlich wurde, wie komplex das Thema Verpackung in Hinsicht auf den ökologischen Aspekt ist.

Anne-Mette Noack

Heute wurde die Tagung fortgesetzt mit einem Beitrag von Anne-Mette Noack,  Leiterin Kulturprojekte, Marketing und Kommunikation im Börsenverein. Sie sprach über eine stärkere Verknüpfung des Deutscher Buchpreises mit den Hörbuchverlagen. „Warum machen wir nicht mehr Marketing mit den Hörbuchverlagen für die Titel des Deutschen Buchpreises?“, lautete ihre Ausgangsfrage. Zum Beispiel nutzen bislang nur wenige Hörbuchverlage den Störer „Deutscher Hörbuchpreis“ für ihre Cover.

Sonja Kunze, Birgit Echtler

Susanne Barwick, Stellvertretende Justiziarin im Börsenverein, brachte die Zuhörer auf den aktuellen Stand rechtlicher Fragen. Birgit Echtler, Geschäftsführerin Stiftung Zuhören und Sonja Kunze, Projektleiterin Hörclubs, stellten die Hörclubs der Stiftung Zuhören vor. Die Stiftung setzt sich für Zuhörbildung und Förderung von Medienkompetenz ein, Schirmherr der Stiftung Zuhören ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Kitas und Schulen (bis zur 6. Klasse) können gegen eine Gebühr Materialsets bestellen, mit denen sie rund um das Thema Zuhören arbeiten können. Bisher gibt es über 3.200 initiierte Hörclubs bundesweit. Für Pädagogen werden Fortbildungen angeboten.

Zuhören in der Schule sei in der Regel eine Bringschuld – dabei könne Zuhören durchaus mit Spaß verbunden sein, müsse aber gelernt werden, so wie das beim Lesen selbstverständlich ist. Als Kriterien für die Auswahl von Hörbüchern für die Hörboxen nannte Sonja Kunze u.a. die Alterseignung, Themen, die für Jungen und Mädchen spannend sind, Produktionen, bei denen sinnvolle Unterbrechungen möglich sind, um sie in Hörclubstunden einzubinden, ein nicht zu hohes Tempo, nicht zu viele Fachbegriffe – und die Sprecherauswahl: „Gute Verständlichkeit ist wichtiger, als dass es ein Promi ist.“

Lars Birken-Bertsch

Lars Birken-Bertsch von der Frankfurter Buchmesse berichtete über die Neugestaltung des Gemeinschaftsstandes Hörbuchverlage, der für dieses Jahr bereits ausgebucht ist. Es gibt aber noch ein Areal in der Nähe, für das Buchungen möglich sind, ebenso für die Audio Business Lounge. Der Audio Summit soll am Donnerstag von 14 bis 17 Uhr stattfinden, die Anregung, ihn lieber auf den Mittwoch Vormittag zu legen, nahm Lars Birken-Bertsch mit. Außerdem werden von Mittwoch bis Sonntag auf der Audio Stage Präsentationen stattfinden. „Wir feiern dieses Jahr gemeinsam die Premiere und schauen dann, wie wir das ausbauen können“, so Lars Birken-Bertsch.

Mathias Hoheisel, Geschäftsführer des Deutschen Hörbuchpreises e.V., referierte über die Hintergründe des Deutschen Hörbuchpreises. Claudia Gehre, Media Consult, berichtete über die Task Force, die 2018 von Mathias Hoheisel einberufen worden war, um das Ansehen des Preises zu verbessern: „Wir wollen, dass der Preis ein Marketingtool ist, mit dem Sie arbeiten können – davon abgesehen, dass er natürlich eine Anerkennung ist für diejenigen, die im Hörbuchbereich arbeiten.“ Veränderungen, die bereits stattgefunden haben, sind eine neue Jury, mehr übertragende Sender für die Gala, mehr Publikum (300 Karten sind im freien Verkauf, zusätzlich zu rund 600 geladenen Gästen), die neue Preiskategorie Bester Podcast sowie ein neues Bühnenbild. Der Preis sei für 2020 und 2021 gesichert, erklärte Mathias Hoheisel, auf der Agenda stehe die Suche nach einem Namenssponsor, um Spielraum für weitere Innovationen zu bekommen.

Harald Krewer, Heike Schmidtke, Mathias Hoheisel

Harald Krewer, speak los-verleger, erklärte, das Interesse der Verlage sei groß, Teil der Idee des Deutschen Hörbuchpreises zu werden. Unklar sei aber, wie sich auch kleinere Verlage einbringen können, die es sich nicht leisten können, Mitglied zu werden. Auch zu dieser Frage sollen bei einem Barcamp Antworten gefunden werden, erklärte Heike Schmidtke, Programmleiterin im Argon Verlag, die im Vorstand des Deutschen Hörbuchpreises mitarbeitet. Das Treffen soll am 2. August oder 6. September in Köln stattfinden, und man benötige mindestens 30 Teilnehmer, um in Arbeitsgruppen zu diskutieren. Eine erste Abfrage bei den Teilnehmern der IG Hörbuch zeigte: Die Zahl ist erreichbar.

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