Ausstellungen Goethe hatte mit allen etwas zu tun

Mareike Hennig stellt die restaurierten Gemälde vor

Die Gemäldegalerie im Frankfurter Goethe-Museum ist beinahe ein Geheimtipp. In 14 Räumen hängen Bilder aus der Goethezeit – es ist die einzige deutsche Gemäldegalerie, die sich ausschließlich mit diesem Zeitraum von etwa 1750 bis 1850 beschäftigt. Zum 100. Geburtstag des Goethe-Hauses 1997 wurde der neue Anbau Goethe-Museum mit der Galerie eröffnet.

Im Raum sieben, der sich mit dem antiken Sehnsuchtsland Arkadien beschäftigt, ist ein mit tiefrotem Samt bedeckter Tisch aufgestellt, links davon befindet sich eine Staffelei. Mareike Hennig, Leiterin der Kunstsammlung des Freien Deutschen Hochstifts, begrüßte die Medienvertreter: „Das sieht aus wie ein weihnachtlicher Gabentisch, erinnert aber eher an Ostern und das Fest der Auferstehung.“ Auferstanden sind sieben Gemälde, alle stammen aus dem Depot des Museums und befanden sich in einem desolaten Zustand.

Durch die Initiative Kunst auf Lager, einem Bündnis zur Erschließung und Sicherung von Museumsdepots zwischen 2014 und 2018, konnten Mittel akquiriert werden. Dabei steuerte die Ernst von Siemens Kunststiftung, sie gehört zu den insgesamt 13 Stiftungspartnern, etwa 18.000 Euro zur aufwändigen Restaurierung der Gemälde bei.

„Insgesamt haben wir rund 500 Werke im Goethe-Haus, -Museum und Depot. Rund 120 Arbeiten werden in der Galerie gezeigt“, erläuterte Hennig.

Das Doppelporträt von Friederike Elisabeth und Wilhelmine Oeser, 1776 von Johann Heinrich Tischbein dem Älteren angefertigt, war die aufwändigste Arbeit für Restauratorin Maike Behrends. Die Schwestern sind Töchter des Leipziger Malers Adam Friedrich Oeser – dessen Porträt, gemalt von Anton Graff, hängt nur einige Räume weiter. Außerdem ein weiteres Doppelporträt von Johann Heinrich Tischbein, das die eigenen Töchter im türkischen Gewand zeigt. Oeser unterrichtete auch Goethe, man kannte einander und war befreundet.

„Das Bild hatte eine kraterartige Oberfläche. Unter UV-Licht wurden die Schäden sichtbar, alte Retuschen zeigen sich als schwarze Flecken“, erläuterte die Expertin anhand einer digitalen Pageflow-Dokumentation. Diese wird übrigens in Kürze online auf der Seite goethehaus-frankfurt.de zu finden sein. Vermutlich wurde das Bild in feuchten Räumen gelagert, musste sogar am unteren Keilrahmen im Wasser gestanden haben. Nach dem Abtragen der Firnis füllte die Fachfrau die schadhaften Stellen mit Kreidegrund auf, um eine glatte Fläche zu erhalten. Erst dann wurden farbliche Anpassungen vorgenommen. „Ein früherer Restaurator hat auch ein Auge erfunden“, sagte Behrends.

Besonders stolz sind die Hüter der Kunstsammlung auf zwei Gemälde von Louise Seidler. 1832 fertigte sie das Bildnis der Ottilie Arnoldie, spätere von Wangenheim, und im gleichen Jahr das Porträt von Julie Zschaler als Braut (spätere Großheim), an. Die Malerin war eine Freundin Goethes, der sie protegierte, vor den „bösen“ Romantikern und gar den Nazarenern warnte und sie zur Ersten Kustodin der Weimarer Sammlung machte. Seidel hatte bei Gerhard von Kügelgens gelernt. Eugen Weber malte ihn als Miniaturporträt, sowohl aufstellbar als auch aufhängbar – zudem ein praktischer Reisebegleiter. Kügelgens porträtierte auch Goethe und Schiller.

Kaum Bildnisse gibt es von Adelbert von Chamisso. Der Autor des Peter Schlehmiel wurde von einem unbekannten Künstler in Pastell porträtiert, eine hoch empfindliche Pigmenttechnik. Stockflecke, Retuschen, Kratzer und Abriebe kennzeichneten das Bild vor der Bearbeitung, zu der eine spezielle Restauratorin hinzugezogen wurde. Chamisso, ein Dichter, Übersetzer, Weltreisender und Titulargelehrter, sang Goethe-Lieder auf Polynesien und Hawaii.

Ebenfalls als Pastell angelegt ist das Porträt von Charlotte von Kalb, Briefpartnerin von Goethe und Schiller, Hölderlin und Jean Paul.

Den Abschluss der kleinen Porträt-Reihe bildet Christoph Wilhelm Hufeland, gemalt von Johann Friedrich August Tischbein. Hufeland war Arzt von Goethe, Schiller, Wieland und Herder. Sein Porträt muss einiges durchgemacht haben, denn fünf starke Beschädigungen rund um das Gesicht geben Rätsel auf. Hat jemand auf das Bild geschossen? Oder eingestochen? Das zunächst als nicht besonders ramponiert erschienenes Gemälde erwies sich unter dem UV-Licht als aufhaltsame Arbeit.

Nur für ein paar Stunden waren die Gemälde aufgebaut worden. Sie verschwinden zunächst wieder und werden im Deutschen Romantik Museum, das man 2021 zu eröffnen hofft, die Besucher erfreuen. „Die Gemäldesammlung in den 14 Räumen ist auf etwa 400 Quadratmetern untergebracht. „Das neue Museum wird zwar nicht mehr ganz so viel Platz für die Sammlung bieten, aber wesentlich besser Lichtverhältnisse“, sagte Mareike Hennig.

JF

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