Gerhard Beckmanns Meinung – Dem Buchhandel geht es noch zu gut. Oder?

In einer Münchner Großbuchhandlung hat eine Kundin das eben erschienene Buch eines Münchner Autors bestellen wollen. Sie brachte auf einem Zettel nicht nur die genaue Bibliographie mit – Otto Ernst Mock, Auch ich habe Hitler nicht umgebracht, Karl Stutz Verlag, Passau, 173 Seiten, Euro 16,80 – sondern auch die ISBN-Nummer. Die Sortimenterin schaut im Computer nach, findet den Titel nicht und erklärt: “Das muss ich beim Verlag bestellen. Es dauert vier Wochen.“

In einer anderen süddeutschen Buchhandlung erfährt eine zweite Kundin, die das gleiche Werk kaufen will, von der dortigen Sortimenterin, wiederum nach kurzem Suchen im Computer: „Das Werk kann ich nicht bestellen.“

Ähnliche Geschichten hörte der Autor bei Die Wahrheiten des G. G. Belli, seinem älteren, doch als Insel-Taschenbuch noch immer lieferbaren Werk.

Okay, beide Titel sind weder bei KNOe noch bei Libri gelistet. Aber wie kann es angehen, dass zwei Sortimenterinnen ihren Kunden solch falsche Auskünfte geben? Im ersten Fall wäre das Buch – ich habe nachgecheckt – binnen einer Woche in der Münchner Buchhandlung gewesen, im zweiten Fall hätte es sich sehr wohl bestellen lassen – direkt beim Verlag eben, und zwar mit 35 Prozent Rabatt.

Sind einer Buchhandlung 35 % Grundrabatt heute etwa schon zu wenig? Dann sollten die Herren Geschäftsführer und Damen „Verkäuferinnen“ sich doch bitte mal über die Rabattpraktiken anderer Branchen erkundigen.

Bestellen Buchhandlungen Titel in vielen Fällen nur mehr über das Barsortiment oder gar nicht, wenn sie dort nicht geführt werden, oder mit abschreckenden Lieferfristangaben, falls sie überhaupt bereit sind, sie direkt beim Verlag zu ordern?

Ist das Interesse von Kunden dem Buchhandel egal? Sind nicht gerade Menschen, die ein Werk wie die oben genannten kaufen wollen, eher Vielleser? Ist es da nicht unvernünftig, gerade solche Kunden in die Wüste zu schicken oder mit falschen Auskünften zu traktieren, die eher vom Kauf abhalten?

Handelt es sich bei den Beispielen um Missetaten vereinzelter fauler Angestellter? Oder stellen sie von oben verfügte Maßnahmen dar?

Geht es solchen Buchhandlungen, die ja zu Recht über schlechte Zeiten klagen, noch zu gut? Muss es ihnen noch schlechter gehen, damit sie wieder lernen, sich auf die Wünsche von Kunden und Lesern einzulassen, um sie als Dauerkunden zu gewinnen?

Gerhard Beckmann sagt hier regelmäßig seine Meinung … und freut sich über Antworten an GHA-Beckmann@t-online.de

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