Gerhard Beckmanns Meinung – Betreffend Karlsruher Virtueller Katalog und VLB: Erhöhter Erklärungsbedarf

Auf Nachfragen kommen gelegentlich Antworten, da möchte man gern wissen: Hat der Schreiber überhaupt kapiert, worum es geht, will er den Fragesteller für dumm verkaufen oder nimmt er die Anfrage einfach nicht ernst? Ich weiß nicht, was im hier gegebenen Vorgang zutrifft. Urteilen Sie selbst.

„Sehr geehrter, lieber Herr Beckmann“, mailte mir Jürgen Kleindienst vom Zeitgut Verlag in Berlin, „zu Ihrem Kommentar vom 11. Dezember in buchmarkt.de [mehr…] habe ich noch einen Aspekt beizutragen, der mich als kleinen Verleger (und Mitglied des Börsenvereins) zusätzlich ärgert. Meine Korrespondenz mit MVB in dieser Sache im Anschluss… Ich fände es gut, wenn Sie dieses Thema verfolgen.“

Jürgen Kleindienst hatte sich mit der Mail an die MVB gewandt:

„Sehr geehrte Frau Dr. Schall,
als kleiner Verlag schätzen wir den Service der Uni Karlsruhe bei der schwierigen Suche nach Buchtiteln. Gerade in Zeiten harten Wettbewerbs sind wir bei der Titelfindung auf preiswerte und umfassende Informationen angewiesen. Dass die Uni Karlsruhe jetzt die Inhalte des VlB nicht mehr in die Abfrage des ‚Karlsruher Virtuellen Kataloges’ einbeziehen darf, erfahren wir aus einem aktuellen Hinweis auf der Internetseite der Universität. Hier lesen wir: ‚die MVB zieht es vor, dass die Daten im KVK nicht weiter angeboten werden‘.
„Wir bedauern es außerordentlich, dass damit Verlagen ein einfacher Rechercheweg verwehrt ist. Die ganze Branche weiß, wie lästig und teuer Namensdoppelungen bei Büchern sind. Verlags-Mitteilungen an den Buchhandel mit der Überschrift ‚Zwei Bücher, ein Titel’ könnten längst der Vergangenheit angehören. Es ist im Interesse aller Marktteilnehmer, jede öffentliche Informationsquelle frei und bequem nutzen zu können, um Doppelungen bei der Festlegung von Buchtiteln zu vermeiden.
Wir appellieren daher an Sie und alle Verantwortlichen im Börsenverein, der Universität Karlsruhe umgehend wieder die Nutzung des VLB im Rahmen des ‚Karlsruher Virtuellen Kataloges’ zu gestatten.“

Darauf erhielt Jürgen Kleindienst, wie er selbst es sehr höflich ausdrückt, „folgende Antwort, die ziemlich am Thema vorbeigeht“, verfasst von Clemens Hammacher:

„Sehr geehrter Herr Kleindienst,
herzlichen Dank für Ihre Mail und Ihr Interesse am VLB. Frau Schall hat Ihre Mail an mich als Verkaufsleiter VLB weitergegeben.
Das VLB als Profi-Version ist eine kostenpflichtige Geschäftsanwendung für Buchhandlungen und Bibliotheken. Daneben gibt es über buchhandel.de einen beschränkten, öffentlich zugänglichen Webshop, über welchen Endkunden im VLB recherchieren und über den Buchhandel dann bestellen können. Der KVK hingegen wird hauptsächlich professionell benutzt und ist keine Endkunden-, sondern eine Geschäftsanwendung. Sprich: Wir kannibalisieren an dieser Stelle unserer eigenes Produkt.
Die Endkundenanwendung buchhandel.de soll dem Buchhandel die Möglichkeit geben, im Internet seine Leistungsfähigkeit darzustellen und ist somit eher Mittel zum Zweck, aber keinesfalls zur professionellen Recherche gedacht. In der Profi-Version des VLB stehen Ihnen weit über buchhandel.de hinausgehende Funktionen zur Verfügung, die einer professionellen Recherche Rechnung tragen. Wenn Sie daran Interesse haben, melden Sie sich bitte.
Über den Buchhandel – sprich über die Website buchhandel.de – können Sie jedoch auch weiterhin kostenlos in der eingeschränkten Version des VLB recherchieren und über Ihre Buchhandlung bestellen. buchhandel.de wird nicht mehr von uns, sondern von unserem Partner MSU verwaltet, so dass auf unserer Webseite kein Hinweis hierzu vorhanden sein kann. Die MVB betreibt alleinig die kostenpflichtige Geschäftsanwendung VLB.
Ich hoffe, hiermit Ihre Fragen beantwortet zu haben. Wenn Sie noch weitere Fragen haben, freue ich mich über eine Mail.“

Okay. Klar, dass die MVB ihr Produkt VLB nicht kannibalisieren will. Mit dem VLB streicht der MVB schließlich Jahr um Jahr mehr oder weniger 4,5 Millionen Euro ein, und auf den daraus resultierenden Gewinn ist der Börsenverein, weiß Gott, angewiesen. So weit, so gut, einverstanden. Dann freilich geht schier alles daneben.

1. Was soll die Behauptung Hammachers, der Karlsruher Virtuelle Katalog werde „hauptsächlich professionell genutzt“ und sei „keine Endkunden-, sondern eine Geschäftsanwendung“? Wie kämen KNOe/KV, Libri und Amazon auf die Idee, ihre Kataloge in den kvk aufnehmen zu lassen, wenn der KVK von Endkunden nicht zum Kauf von Büchern benutzt würde?

2. Was für ein Verwirrspiel treibt Hammacher da mit dem Begriff Profi!? Natürlich sind die Wissenschaftler und Spezialisten, die den KVK nutzen, „Profis“ – in ihrem eigenen Fachsektor. Aber nicht, wie Sortimenter und Bibliothekare, für Buchbestellungen! Und als „Profis“ in anderen Berufen und Disziplinen sind sie, was Bücher angeht, selbstverständlich Endkunden. Die rund 350.000 Titel, die nur im VLB verzeichnet sind, können noch dazu nur über das stationäre Sortiment erwerben. Der zusätzliche Zugang zum VLB im KVK kann also den Verlagen und dem Buchhandel nur dienen. Wofür der VLB ja auch da ist.

3. Ist es ferner nicht 100prozentiger Quatsch, wenn Clemens Hammacher hinsichtlich einer Zugänglichkeit des VLB im KVK behauptet: „Wir kannibalisieren an dieser Stelle unser Produkt“? Das wäre aber nur dann der Fall, wenn der KVK den Zugriff auf die kostenpflichtige Profi-Version des VLB ermöglicht hätte. Dem war jedoch nicht so. KVK-Benutzern stand dort lediglich auf die abgespeckte VLB-Version von buchhandel.de zur Verfügung. Die ist allerdings eh öffentlich zugänglich und kostenlos. Oder meint Hammacher etwa, dass die MVB ihre Einnahmequelle mit dem VLB durch buchhandel.de selbst „kannibalisiert“?

Ist das alles möglicherweise bloß ein bengalisches Vorfeuer, um einem Verleger den Kauf eines Produktes nahe zu legen, das er, wie hier von vornherein klar, gar nicht braucht? Falls dem so wäre: Ist die Antwort nicht ein Zeichen dafür, dass den MVB-Mitarbeitern ein adäquates Geschäftsmodell für den VLB nicht klar ist?

Gerhard Beckmann sagt hier regelmäßig seine Meinung … und freut sich über Antworten an GHA-Beckmann@t-online.de. Natürlich können Sie diese Kolumne auch im BuchMarkt-Forum diskutieren. Einfach oben auf der Seite den Button „Forum“ anklicken, einloggen und los geht‘s.

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