Gerhard Beckmanns Meinung – Wer Kunden ansprechen will, muss gründlich zu Werke gehen

Gute Idee, dachte ich, als ich in der Buchhandlung den knallgrünen Sticker auf Romanen entdeckte. Sie waren auf einem Tisch mit Titeln der Saison präsentiert, ganz in Nähe des Eingangs, ohne Vorbau mit Billigware aus Modernem Antiquariat – auch das war prima. Die Sticker trugen die Aufschrift NEU.

Für das, was brandneu und aktuell ist, interessieren sich, wie ich in meinem Bekanntenkreis immer wieder erlebe, erstaunlich viele Leute. In Buchhandlungen ist es gewöhnlich nicht zu erkennen. Die Armen können also gar nicht wissen, was an wirklich Neuem angeboten wird. Darum fand ich den Sticker eine gute Idee.

Beim Weiterschauen musste ich freilich entdecken, das dort etwa zwei Drittel der Hardcover-Romane den Sticker trugen. Die meisten von ihnen waren Novitäten aus dem Februar, März und April dieses Jahres. Was, bitte sehr, sollte an denen NEU sein? Wir hatten Ende Juli.

Schließlich fiel mir die Tafel über dem Ladentisch auf – „Spiegel-Bestsellerliste“. Unter dem Aspekt sah die Sache allerdings nicht viel besser aus: Die als NEU etikettierten Hits standen nämlich schon fünf, sechs, acht, elf, zwölf oder mehr Wochen auf der Bestsellerliste. Sind sie für den Kunden, der Neues sucht, etwa NEU, wenn er sie oder schon seit x Wochen liegen sieht? Der Sticker kann doch nur für Kunden gedacht sein, die regelmäßig in das Geschäft kommen, weil sie regelmäßig lesen und deshalb Neues suchen. Macht gerade der Sticker diese Romane dann nicht zu ollen Kamellen?

Es reicht nicht, eine gute kaufmotivierende Idee zu haben. Wenn eine Idee wirken soll, muss sie auch sinngemäß sorgfältig ausgeführt werden – mit konkretem Blick auf die Kunden, die sie ansprechen soll.

Gerhard Beckmann sagt hier regelmäßig seine Meinung … und freut sich über Antworten an GHA-Beckmann@t-online.de

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