Veranstaltungen „Frankfurt liest ein Buch“ startet in die achte Runde

Gestern Abend begann in der Deutschen Nationalbibliothek mit einer Podiumslesung Prominenter aus der Frankfurter Stadtgesellschaft die achte Auflage von Frankfurt liest ein Buch. Im Fokus des diesjährigen Lesefestes steht Benjamin und seine Väter von Herbert Heckmann, in einer Neuauflage im Verlag Schöffling & Co. erschienen.

Lesende, Kulturdezernentin und Verleger

Elisabeth Niggemann, Generaldirektorin der Deutschen Nationalbibliothek, begrüßte die Gäste im ausverkauften Saal: „Es ist wieder gelungen, ein Frankfurt-Buch zu finden. Diesmal steht ein lesehungriger Junge im Mittelpunkt.“ Augenzwinkernd forderte sie schreibende Gäste aus dem Publikum auf, sich selbst an einem Frankfurt-Sujet zu versuchen – das Werk könnte dann vielleicht in 80 Jahren ebenfalls für das Lesefest auserkoren werden.

Frankfurts Kulturdezernentin Ina Hartwig stellte fest, dass es weder bei den Organisatoren noch beim Publikum im achten Jahr des Lesemarathons Ermüdungserscheinungen gäbe. „Jedes Buch von Frankfurt liest bietet einen eigenen Blick auf die Stadt und hat eine eigene Sprache“, bemerkte sie. Mit der Teilnahme am vierzehntägigen Lesefest mit 90 Veranstaltungen an 70 Orten werde auch eine Haltung geehrt, nämlich die, zu lesen, werde das Buch als Kulturgut verstanden.

In einer kurzen Einblende wurde ein Fernseh-Interview mit Herbert Heckmann aus dem Jahr 1962 gezeigt, als Benjamin und seine Väter erstmals erschien. „Da war Fernsehen noch ökonomisch – es waren 57 Sekunden“, kommentierte Verleger Klaus Schöffling. Er zitierte den Autor: „Ich schreibe, weil ich die Menschen liebe. Für narzistische Seelenwäsche habe ich wenig übrig, ebenso wenig für die gestelzte Arroganz … Ich fange gern von vorne an, behalte jedoch meine Freunde. Literatur ist für mich Aufklärung zur Menschlichkeit – mit allen Mitteln, boshaften, heiteren, frechen, geduldigen, nachdenklichen.“ Es sei Aufgabe der Verlage, zu suchen, zu finden und dem literarischen Gedächtnis aufzuhelfen. Schöffling verwies auf den FAZ-Redakteur Florian Balke, der in einem Beitrag schrieb: „Nichts stellt sich den Mechanismen des von Neuerscheinungen besessenen und … auf sofortige Verfügbarkeit geeichten Buchmarkts so deutlich entgegen wie dieses Festival.“

Der Chansonnier Jo van Nelsen begann mit der Lesung und trug die Passage vor, in der ein stattlicher Mann die Geburt eines Kindes amtlich bestätigen und den Namen Benjamin eintragen lässt. Ein Name, der beim Beamten auf Widerstand und Unwillen stößt.

Opern-Intendant Bernd Loebe setzte fort und las einen Abschnitt, der Jonas, den Anwalt Fritz Bernoulli, Benjamins Ersatzvater, beschreibt: „Bis zur Geburt Benjamins, der etwas unvermittelt in sein Leben trat, war er ein menschenfreundlicher Solipsist, der gütig war, um seine Ruhe zu haben.“

Eine Episode mit einem Fernrohr, dem Freund Klaus und dem Vorhaben, nach Amerika auszuwandern, trug die Schülerin Anouk Charlotte Arnold vor.

Claudia Dillmann, Direktorin des Deutschen Filmmuseums Frankfurt, las von der Sehnsucht Benjamins nach seinem tatsächlichen Vater und von den Schwierigkeiten der Mutter Anna Weis, auf die Fragen des Sohnes zu antworten.

Werner D’Inka, Herausgeber der FAZ, sprach von Veränderungen der Mutter, die fröhlicher war, ein helles Kleid anzog und Rouge auflegte: Sie hatte eine Bekanntschaft gemacht. Sohn Benjamin stand dieser allerdings kritisch gegenüber.

Ionka Senger, Soziologin, las vom anfangs nur vorgegeben, später tatsächlichen Interesse Benjamins für Bücher – eigentlich wollte sich der Junge zunächst nur mit seinem Ersatzvater über den neuen Bekannten der Mutter unterhalten.

Schauspieler Hartmut Volle rezitierte die Passage, in dem die Mutter ein Lügengebäude um den Vater errichtet hatte und auf den Einfall kam, zum Bahnhof zu gehen, um diesen Vater abzuholen. Doch ein Unfall passiert.

Ein weiterer Abschnitt: Benjamin soll einen Aufsatz über einen Frühlingstag schreiben, will dabei das schöne Wort Chrysanthemen unterbringen – aber das seien ja Herbstblumen, bemerkt Jonas.

Im Februar 1931 ging es politisch hoch her, Jonas forderte Benjamin auf, fortan die ersten Seiten der Zeitung zu lesen. Diese Passage trug Michael Reckhard, Geschäftsleiter der Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen, vor.

Den Abschluss der Lesung bildete eine sportliche Episode: Benjamins dünner Freund Gogo bekam zum Geburtstag von seinem Vater einen Punchingball, um seine Muskeln zu stählen. Doch alles Training half nichts – Gogo bekam keine Muskeln. Auch Gogos Vater versuchte sich am Sportgerät, blamierte sich jedoch. Da war Jonas doch ein ganz anderer Mann, fiel Benjamin auf. Hadwiga Fertsch-Röver, hr2-kultur, hatte diesen Abschnitt gelesen.

JF

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