Heute Jörg Winter im Sonntagsgespräch über sein neues Angebot „Erfa-Gruppen für Mitarbeiter“

Jörg Winter  betreut nicht nur seit 27 Jahren Erfa-Gruppen für Unternehmer im Buchhandel und im Spielwarenhandel, sondern nun auch getrennt davon Erfa-Gruppen für deren Mitarbeiter. Das war Anlass für unser heutiges Sonntagsgespräch mit dem erfahrenen Buchhandelsberater:

Sind Erfa-Gruppen nicht ein angestaubtes Relikt vergangener Zeiten? 

Jörg Winter: Oh, das Gegenteil ist der Fall. Erfa-Arbeit ist enorm hilfreich für Menschen, die sich und ihr Unternehmen voranbringen wollen. Wir sprechen über Strategien, die diesen Namen auch verdienen und wie Umsätze stimuliert werden können, wenn die Frequenz abnimmt und wenn z.B. durch die restriktive Preispolitik vieler Verlage die ganze Branche in eine bedrohliche Situation gebracht wird.

Oh, das sind deutliche Worte. Nehmen Sie auch in der Gruppenarbeit kein Blatt vor den Mund?

Nein, intern reden wir über alles, über Themen der Unternehmensführung, Persönlichkeitsentwicklung und immer wieder das Schauen über den Tellerrand – das alles ist ein guter Mix für engagierte Menschen der Buchbranche. Da ich viel unterwegs bin, auch zunehmend für andere Branchen, apüre ich auch, dass  dabei immer auch Tipps und Ideen für meine Kunden dabei sind. Und nebenbei: Wir habensogar viel Spaß bei dem Ganzen.

Und das können wir uns jetzt auch unter Erfa-Grupepn für Mitarbeiter vorstellen?

Im Grunde ja. denn Erfa – Gruppen haben den großartigen Vorteil, dass sich die Inhaber 2x im Jahr aus ihrem Tagesgeschäft lösen, um sich im Kreis Gleichgesinnter nicht nur über alle Fragen der Unternehmensführung auszutauschen, sondern vor allem, um sich inspirieren zu lassen. Sie profitieren vom Erfahrungswissen anderer, sodass es ihnen z. B. leichter gelingt, Probleme zu lösen oder sich neuen Themen zu öffnen. Das Gleiche gelingt auch, wenn Mitarbeiter dieser Unternehmen zusammenkommen.

Und was bringt das dem Unternehmen und den Mitarbeitern?

Normalerweise setzen sich Mitarbeiter mit ganz anderen Themen auseinander als es Unternehmer tun. In den Erfa-Gruppen bekommen die Mitarbeiter die Möglichkeit durch die Unternehmerbrille zu schauen und sich unternehmerisches Denken anzueignen. Dieser neue Blick ermöglicht den Mitarbeitern Zusammenhänge anders und besser zu verstehen, ihr eigenes Handeln zu reflektieren und sich in ihrem Unternehmen ganz neu zu entfalten.

Ein paar Beispiele würde mir helfen, dass besser zu verstehen…

… zum Beispiel machen wir den Ladencheck der gastgebenden Buchhandlung mit der gleichen Checkliste wie die Chefs. Die Mitarbeiter hinterfragen kritisch und legen die Finger in die Wunde beispielsweise bei einer langweiligen Präsentation, Lücken im Sortiment usw. Auf der anderen Seite nehmen sie gute Ideen und Anregungen für den heimischen Betrieb mit. Die Teilnehmer stellen gelungene Aktionen vor, sprechen darüber, wie sie den Einkauf organisieren, wie Teambesprechungen ablaufen. Auch hier ist es von großer Bedeutung zu erfahren, wie andere es machen. Dieser Austausch von konstruktiver Kritik und direkter Inspiration macht einen großen Reiz der Erfa-Gruppen aus.

Ist es nicht aber  oft so, dass gute Ideen in der Theorie verschwinden und das Licht der Praxis nicht erblicken? 

Der Grad der Inspiration und Ermutigung zeichnet Mitarbeiter – Erfa – Gruppen aus wie sonst kaum ein anderes Instrument der Mitarbeiterschulung. Wenn den Mitarbeitern Freiraum zur Umsetzung gegeben wird, ist der Erfolg nicht aufzuhalten. Chefs und Mitarbeiter arbeiten mehr denn je Hand in Hand. Es ist ein wirklich gutes Mittel, um Eigenverantwortung zu schaffen und sich für neue Impulse anderer zu öffnen. Es findet ein Lernen aus der Praxis für die Praxis statt. Für die Chefs ein tolles Ergebnis wenn sie erleben, wie großartig sich ihre Mitarbeiter entwickeln.

Was passiert denn da genau? 

Zum einen ist es die erfahrene Wertschätzung durch ihre Chefs. Die Unternehmer ermöglichen ihren Leuten einen fast 2-tägigen Workshop. Neben dem finanziellen Aufwand ist es vor allen Dingen das Besondere, an solchen hochwertigen Veranstaltungen teilnehmen zu können. Dieses entgegengebrachte Vertrauen der Chefs macht Weiterentwicklung möglich und ist den Mitarbeitern sehr bewusst.

Was macht den Reiz für Mitarbeiter aus, daran teilzunehmen?

Es wird auf Augenhöhe mit den Kollegen gesprochen. Immer an sachlichen Themen orientiert, stets auf den Austausch fokussiert, was bei den anderen funktioniert. Da muss keine Überzeugungsarbeit geleistet werden. Das zieht sich durch die ganze Bandbreite der Themen. Wir sprechen über Zahlen, über den Einkauf, wie es untereinander im Team besser laufen kann. In letzter Konsequenz, wie sie ihre Chefs im Alltag besser unterstützen und Ihren Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten können.

Wie oft treffen sie sich?

Wir sehen uns 1x im Jahr. Über die Umsetzung im Alltag und die Reflexion der Ergebnisse im darauffolgenden Treffen im kommenden Jahr findet eine kontinuierliche Entwicklung statt. Und wenn die Mitarbeiter sich zu einer WhatsApp-Gruppe zusammenschließen, besteht der Kontakt auch zwischen den Treffen. Wir starten am ersten Tag gegen 14 Uhr und landen am Folgetag um 16 Uhr.

Was müssen Chefs für diese Form der Tagung zahlen?

Für jeden Teilnehmer liegen die Ausgaben zwischen 400 und 500 Euro je Tagung. Darin enthalten sind auch das Hotel mit Vollverpflegung.

Können die das stemmen? In Ihren Erfa-Gruppen gibt es ja auch relativ kleine Betriebe. 

Sie wollen das. Denn über die Kontinuität der Teilnahme wird so viel Innovation freigesetzt, dass jeder Cent wieder reinkommt. Dass viele Unternehmen ohne explizites Weiterbildungsbudget arbeiten, ist vollkommen unverständlich. Jeder muss sich entwickeln, wenn das Unternehmen vorankommen soll.

Zum Schluss zu Ihnen: Sie machen diesen Job eine gefühlte Ewigkeit, aber Ihre Begeistzerung für die Sache wirkt ungebrochen. Wie sehen Sie Ihre persönliche Zukunft in der Branche?

Unser Markenversprechen heißt: Wir machen Entwicklung möglich. Das gilt für unsere Kunden, das gilt auch für mich und meine Kollegin Iris Keller, die mich seit Anfang des Jahres konzeptionell und strategisch begleitet. Ich persönlich glaube an die Zukunft des Buches, an modern geführte Läden und an Menschen, die sich entwickeln wollen. Es ist doch so: Viele Läden bieten eine erstklassige Atmosphäre. Buchhandlungen sind heute oft digital hervorragend aufgestellt und werden sehr professionell geführt.

Ich wollte von Ihnen wissen, wie Sie Ihre Zukunft sehen?

Wie bisher mache ich und machen wir Buchhandlungen fit für die Zukunft. Mit Inspirationen vielfältigster Art, mit Leichtigkeit und Vertrauen ins Gelingen.

Sie sind also wunschlos zufrieden?

Nicht ganz. Was ich mir wünsche ist eine Imagekampagne, die nicht lahm daherkommt, sondern das Buch wieder als topmodernes Produkt zeigt. Und seine Käufer und Leser in den Mittelpunkt stellt. Das Produkt Buch ist unverändert großartig, allen stimmungstötenden und undifferenzierten Analysen zum Trotz.

Die Fragen stellte Christian von Zittwitz

(durch Klick auf Foto oben zu mehr Infos)

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