Bekanntgabe der Preisträger am 25. Januar Deutscher Hörbuchpreis: 18 Nominierungen stehen fest

Zeit für einen Aktionstisch: 18 Hörbücher und 6 Sprecher warten darauf, in Szene gesetzt zu werden – denn sie haben laut Nominierungsjury des Deutschen Hörbuchpreises die besten Leistungen im vergangenen Hörbuchjahr erbracht. Eingereicht wurden 279 Titel von 70 Verlagen. Am häufigsten nominiert ist in diesem Jahr der Hörverlag.

Besonders gefeiert werden alljährlich die besten Hörbuchsprecher, aufgeteilt in männliche und weibliche Stimmen. Als „Beste Interpretin“ kommen für den Hörbuchpreis 2018 in Betracht:

  • Sandra Hüller für Was man von hier aus sehen kann von Mariana Leky, erschienen bei tacheles! / ROOF Music. „Im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend liest Sandra Hüller diesen herrlich skurrilen dörflichen Roman“, begründet die Jury ihre Entscheidung. „Das gesamte Personal des Ortes defiliert dank Hüllers Interpretation und ihrer stimmlichen Bandbreite durch des Hörers Ohren und wird zum Leben erweckt. Mit großer Beiläufigkeit spricht sie die humorigsten Passagen und bringt den Hörer umso mehr zum Schmunzeln. Mit angemessener Ruhe im Erzähltempo erschließt sich dieser wunderbar stilsichere Roman.“
  • Wiebke Puls für Durch Mauern gehen. Autobiografie von Marina Abramović, erschienen im Bonnevoice Hörbuchverlag. Jurybegründung: „Die verstörende Biografie der Ausnahmekünstlerin Abramović bringt Wiebke Puls mit ihrer angenehm dunklen Stimme zumutbar und anhörbar nahe. Man spürt ihre inhaltliche Auseinandersetzung mit der Autorin, zugleich aber wahrt die Sprecherin den nötigen emotionalen Abstand, damit auch der Hörer mit der erforderlichen Distanz diesem radikal aggressiven Leben lauschen kann. Dann jedoch erlebt man die Persönlichkeit einer zutiefst selbstverliebten und gleichzeitig hart mit sich agierenden Performance-Künstlerin.“
  • Valery Tscheplanowa für Der Tag, an dem mein Großvater ein Held war von Paulus Hochgatterer, erschienen im Audio Media Verlag. Jurybegründung: „Mit zart rauchiger Stimme nimmt Valery Tscheplanowa den Hörer mit auf eine hochpoetische Textreise. Eine Erzählung, die immer wieder die Perspektive wechselt, die so viele Fragen offenlässt und deren interpretatorische Brillanz den Zuhörer sehnsuchtsvoll auf ein glückliches Ende der Geschichte hoffen lässt. Kein Überzeichnen, keine Dialektversuche, das Kind nicht kindisch – ganz nah am Geschehen taucht der Hörer in die schwer zu verkraftenden Kriegserlebnisse ein.“

Als „Bester Interpret“ sind nominiert:

  • Christian Berkel für Die Hauptstadt von Robert Menasse, erschienen im Hörverlag. Jurybegründung: „Es gibt diese Stimmen, die mit dem ersten Satz, der erklingt, für Stille im Kopf sorgen. Wenn nur noch Wort und Sinnlichkeit existieren. Stimmen, die es mit der ersten Silbe vermögen, einen Hör-Raum zu öffnen, in dem sich eine Geschichte entspinnen kann. Egal wo, egal wann. Ein österreichischer Roman zur EU-Bürokratie kann so ungemein sexy sein. Wenn er von Christian Berkel gelesen wird. Er führt uns durch das Labyrinth der Wörter hinein in den Roman. Klangvoll, vielschichtig und unterhaltsam.“
  • Andreas Fröhlich für Prinzessin Insomnia & der alptraumfarbene Nachtmahr von Walter Moers, erschienen im Hörverlag. Jurybegründung: „Andreas Fröhlich zuzuhören, ist eine wahre Freude für Phantasie und Ohr. Allein mit seiner Stimme schafft er es, den Zuhörer auf eine urkomische Reise in eine Welt voller Details und Stimmungen mitzunehmen und alle Bilder der Geschichte sowie die Charaktere zu malen. In jedem Augenblick denkt man, dass man sich inmitten der Hauptfiguren befindet und sie begleitet. Was Andreas Fröhlich hier schafft, ist unbegreiflich gute Sprecherkunst.“
  • Heiko Ruprecht für Ein Monat auf dem Land von J.L. Carr, erschienen bei Der Audio Verlag. Jurybegründung: „Das Beste, was beim Hören einer Lesung passieren kann: Echtes Interesse zu haben an den Ereignissen, die der Ich-Erzähler Tom Birkin aus J.L. Carrs Roman erzählt. Noch mehr: Vertrauen zu haben zu diesen Menschen, dessen Bericht wir lauschen. Ihm auf seinem ereignisreichen und von Emotionen zerklüfteten Pfad folgen zu wollen und dabei froh zu sein, an seiner Seite gehen und ihm zuhören zu dürfen – wie einem besten Freund. Das gelingt Heiko Ruprecht mit seinem fein nuancierten, dezent kraftvollen Vortrag.“

Als „Bestes Sachhörbuch“ gehen diesmal ins Rennen:

  • Fritz Bauer. Sein Leben, sein Denken, sein Wirken von David Johst / Fritz Bauer Institut (Hrsg.) und Der Audio Verlag. Jurybegründung: „Ein Verdienst der Herausgeber ist es, Reden, Interviews und andere Hördokumente Fritz Bauers einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Dadurch, dass die Zwischentexte und die von ihm selbst gesprochenen Passagen für sich stehen, wirken sie umso intensiver und vermitteln ein lebendigeres Bild des Menschen Fritz Bauer, als eine Biografie es könnte. Der Hörer lernt ihn nicht nur als Initiator der Auschwitz-Prozesse, sondern auch als Rechtsphilosophen und als Zeitzeugen kennen.“
  • Die Welt im Rücken von Thomas Melle und tacheles! / ROOF Music. Jurybegründung: „Der Autor trägt nicht einfach seinen Text vor, sondern er interpretiert und erzählt ihn. Ohne Selbstmitleid und ohne um Betroffenheit zu bitten, spricht er über die Höhen und Tiefen seines Lebens zwischen Manie und Depression und lässt sein Publikum unmittelbar daran teilhaben. Thomas Melle als Sprecher nimmt seine Hörer mit, baut Spannung auf und findet die richtige Balance zwischen dramatischer Erzählung und sachlicher Information.“
  • Gotthold Ephraim Lessing. Dichter, Kritiker … Spieler. Facetten eines ruhelosen Lebens von Beate Herfurth-Uber und MultiSkript. Jurybegründung: „In der Hörbiografie wechseln sich erzählerische Passagen, Interviews und Briefwechsel Lessings mit seiner Frau und Zeitgenossen ab. Durch die nichtlineare Erzählweise, akzentuiert von Zwischenmusiken und ein Vorwort von Dieter Hildebrandt im O-Ton, ist ein fesselndes Hör-Erlebnis entstanden. Die Produktion zeichnet ein eindringliches, mehrdimensionales Bild Lessings. In Verbindung mit dem Film, als Download zum Hörbuch, werden die Möglichkeiten des Mediums voll ausgeschöpft.“

Als Preisträger in der Kategorie „Beste Unterhaltung“ sind als Kandidaten ausgewählt worden:

  • COOKIE. Sieben Takes aus ihrem Leben von Michael Farin / Zeitblom und belleville-Verlag. Jurybegründung: „Hier ist eine Radiokomposition von hypnotischer Wirkung geglückt: ein Klangkunstwerk, die Biografie einer Künstlerin widerspiegelnd, in deren Lebenszeit sieben Lebensläufe gepasst hätten. Überschneidungen und Überlappungen verschiedener Phasen sind von hohem Raffinement. Leben auf der Rasierklinge, hart, schnell, von Gier nach extremen  Erfahrungen angetrieben. Absolut furchtlos durch frühe Begegnung mit dem Tod. Unkonventionell, lässig und wild wird eine Göttin des Undergrounds adäquat gefeiert.“
  • QualityLand von Marc-Uwe Kling und Hörbuch Hamburg. Jurybegründung: „Ein satirischer Blick in die Zukunft, inszeniert voller Überraschungen, Humor und Erschrecken. Erstaunlich ist, wie gern man als Hörer der Verlockung folgt, Science-Fiction als denkbare Realität auszuloten. Ein Drahtseilakt zwischen Entlarvung, Grusel und purer Unterhaltung. Der Autor Marc-Uwe Kling schafft es, seine Pointen so zu zünden, dass sie erst platzen, wenn man es sich ein paar Sätze später gemütlich gemacht hat. Und er hat die Gabe, absolut unwiderstehlich komisch und aufrüttelnd zu wirken.“
  • Der Club von Takis Würger und headroom Verlag. Jurybegründung: „Ballastfrei, rasant und muskulös ist dieser Text umgesetzt worden mit Stimmen, die die unterschiedlichen Charaktere so rau, arrogant, rechthaberisch und überheblich oder tief, ruhig und weich vermitteln, dass man nicht unbeteiligt bleiben kann. Dieses Hörbuch hat eine überraschend magische Wirkung, mit einer zeittypischen Kakophonie aus Rechthaberei, Schönfärberei und Selbstherrlichkeit. Die Geheimnistuerei verführt zum Hineindenken und zur empathischen Teilnahme an rätselhaften Vorgängen.“

In der Königsklasse des Hörbuchs, der Kategorie „Bestes Hörspiel“ als aufwendigste Umsetzungsform von Literatur, stehen ebenfalls drei Produktionen zur Wahl:

  • Die Zwangsjacke nach Jack London, Regie: Kai Grehn, Musik: Tarwater, erschienen im Major Label. Jurybegründung: „Den Raum der Freiheit in einem Marterinstrument zu entdecken, mit dem man umgebracht werden soll, ist keine einfache Übung. Der klaustrophobischen Enge der Zwangsjacke entkommt der Todeskandidat Darrel durch die Abspaltung seines Ichs von seinem Körper. Dabei durchlebt er alle Entwicklungsstadien des Menschen. Als „körperlose Stimme“ findet der Text von Jack London im Hörspiel sein eigentliches Medium und in Sebastian Blomberg eine stimmliche Verkörperung, die in das suggestive Sounddesign von Tarwater eingebunden ist.“
  • Dienstbare Geister von Paul Plamper und Hoerspielpark. Jurybegründung: „Paul Plampers Hörspiel konfrontiert uns damit, wie am deutschen Wesen die Welt genesen soll. Er erzählt von der Ausbeutung der dienstbaren Geister aus Kamerun, die 1905 und 2015 mit erstaunlich ähnlichen Argumenten gerechtfertigt wird. Durch die herausragende schauspielerische Leistung des Ensembles werden die vielschichtigen Subtexte und Narrative (post-)kolonialistischer Konflikte bis in die Mikrostrukturen der Kommunikation hörbar gemacht.“
  • Georg Horvath ist verstimmt nach Saša Stanišić, Regie: Oliver Sturm, Musik: Andreas Bick, erschienen im Hörverlag. Jurybegründung: „Dass man die Welt mittels der Sprache nicht einholen kann ist, ist eine Erfahrung, die Georg Horvath schon gemacht hat, bevor sich seine Dienstreise durch Südamerika zu einer Odyssee entwickelt. Da hilft auch eine beständige „Neuverwortung“ nicht. Als „Hör-Spiel“ funktionieren Saša Stanišić‘ heitere „Wort-Spiele“ deshalb so gut, weil Regie und Komposition ihnen Stimme und Klang geben – und einen Raum, in dem sich ihre komplexe Leichtigkeit entfalten kann.“

Über die Auswahl für das „Beste Kinderhörbuch“, die von der Nominierungsjury festgelegt wurde, diskutiert in den nächsten Tagen eine Kinderjury, die vom Ulla-Hahn-Haus in Monheim organisiert und begleitet wird. Nominiert sind:

  • Käferkumpel nach M.G. Leonhard, erschienen bei Silberfisch im Hörbuch Hamburg Verlag. Jurybegründung: „‘Käferkumpel‘, vom NDR unter der Regie von Robert Schoen und mit Musik von Peter Kaizar inszeniert, hat alles, was ein herausragendes Hörspiel für Kinder braucht: eine originelle Geschichte mit herrlich skurrilen Ideen und Personen sowie tolle Sprecher, die mit großer Freude und viel Können in die Rollen der unterschiedlichen Figuren schlüpfen – das macht das Ganze zu einem witzigen und außergewöhnlichen Hörvergnügen.“
  • Die furchtlose Nelli, die tollkühne Trude und der geheimnisvolle Nachtflieger von Verena Reinhardt, erschienen bei der Hörcompany. Jurybegründung: „Es ist eine wundervolle Reise voller skurriler Wesen, deren fantasievollen Geschichten und Erlebnissen man mit Spannung und viel Freude folgt. Virtuos umgesetzt von Franziska Hartmann, die den Charakteren die passenden Stimmen, Witz und Spannung verleiht. Mit viel Spaß begibt man sich mit ihr auf die außergewöhnliche Reise der Figuren und durchlebt mit ihnen ein spannendes Abenteuer.“
  • Caspar und der Meister des Vergessens von Stefanie Taschinski, erschienen bei Oetinger audio. Jurybegründung: „Hörbuchsprecher Simon Jäger liest diese märchenhafte Geschichte von Stefanie Taschinski, die an Kinderbuchklassiker wie ‚Timm Thaler‘ und ‚Krabat‘ erinnert, sehr lebendig und mitreißend. Er nimmt seine Hörer mit nach Memoria und lässt sie an einem fantastischen Abenteuer über Freundschaft und die Kraft der Erinnerung teilhaben. Gruselig und unheimlich, spannend und faszinierend – ein Hör-Erlebnis, das man nicht so schnell vergisst.“

Wie jedes Jahr stellen die Nominierungen für den Deutschen Hörbuchpreis eine breit gemischte Empfehlungsliste dar und bedienen im Grunde jeden Geschmack – nicht nur von Hörbuch-Fans, sondern allgemein von Literaturliebhabern, die das Besondere suchen. Deshalb und aufgrund der erhöhten Aufmerksamkeit in Medien und Handel lohnt sich ein Aktionstisch von Mitte Januar bis Ende März. Eine noch größere Titel-Auswahl finden Sie auf der zuvor veröffentlichten Longlist.

Die Bekanntgabe der meisten Preisträger ist am 25. Januar, das beste Kinderhörbuch wird am 1. Februar veröffentlicht. Die Gala zum Deutschen Hörbuchpreis wird am 6. März im WDR-Funkhaus in Köln gefeiert. Sie wird nicht nur live im Radio übertragen – ab 20.05 Uhr auf WDR 5, hr2, NDR Kultur, SWR2 und Antenne Saar –, sondern als Aufzeichnung auch wieder im Fernsehen: am 11. März ab 11 Uhr auf 3sat.

rw

 

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