Gestern herrschte außerhalb des Caricatura Museums Frankfurt ebenfalls Auftrieb: Sturm „Sabine“ hatte einen Kranausleger auf das Dom-Dach krachen lassen. Nun wurde ein weiterer Kran zur Bergung aufgebaut. Dazu hatten sich hinter den Absperrungen allerlei Schaulustige eingefunden. Drinnen im Leinwandhaus fand die Presse Preview zur neuen Ausstellung statt. Achim Frenz, Leiter des Caricatura Museums, kommentierte den Vorfall draußen auf seine Weise: „Dass der Baukran auf das Gotteshaus fiel, war Protest von ganz oben. Aufgrund der Dombaustelle kann nämlich das Festival der Komik seit zwei Jahren nicht auf dem Weckmarkt stattfinden. Das gefällt an höchster Stelle nicht. Wir hoffen, dass die Bauerarbeiten schnell voran kommen und wir die zehnte Ausgabe des Festivals Ende August im Rahmen des Museumsuferfestes feiern können.“
Ebenfalls um die Zahl Zehn geht es bei der neuen Ausstellung Beste beste Bilder – Die Cartoons des Jahrzehnts. Das Weltgeschehen einer Dekade spiegelt sich in 26 Zeichnungen auf Papier, zwölf Drucken auf Kapa, zehn Drucken auf Forex, zwei Collagen, einem Druck auf Leinwand, einem Gemälde und 222 Digitalisaten (Drucken auf Papier) auf zwei Ausstellungsebenen wider. Dazu erschien im Lappan Verlag ein knapp 400-seitiges Buch, das eben das Beste aus den seit 2010 herausgegebenen Jahresbänden versammelt.
„Die Buchreihe liefert einen Überblick zur cartoonistischen Entwicklung, veröffentlicht werden sowohl Arbeiten etablierter Zeichner als auch jene von nicht so bekannten Künstlern“, erläuterte Frenz. Seit 2016 dienen die Bände als Grundlage für die Vergabe des Deutschen Cartoonpreises, der gemeinsam vom Lappan Verlag und der Frankfurter Buchmesse ausgelobt und auf der Messe verliehen wird. Der Cartoonpreis 2019 ging an Piero Masztalerz.
„Pro Band erhalten wir zwischen 2000 und 3000 Einsendungen“, sagte Dieter Schwalm, der zusammen mit Wolfgang Kleinert die Bände herausgibt, „wir schreiben die Cartoonisten an“. So haben sich für den Band 2019 rund 300 Cartoonisten beworben, etwa 90 wurden berücksichtigt.
Zur Eröffnung der Ausstellung am Mittwoch, 12. Februar, werden Gregor Gysi und Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann erwartet, der Akademische Arbeiterliederchor Frankfurt umrahmt die Veranstaltung musikalisch. „Warum haben Sie Gysi zur Eröffnung eingeladen?“, möchte ein Medienvertreter wissen. „Wir haben ihn angefragt, und er hat eingewilligt. Er ist an Cartoons interessiert, kann sich gut ausdrücken und ist witzig“, antwortete Wolfgang Kleinert. „Außerdem hatten wir die Sache in Thüringen vorausgesehen. Deshalb haben wir Gysi angefragt“, ergänzte Dieter Schwalm. Beide Herausgeber, die aus verschiedenen Teilen Deutschlands stammen, arbeiten seit der Wiedervereinigung zusammen.
„Bei der ersten Ausgabe der Besten Bilder wussten wir nicht, ob sich das Buch verkaufen würde. Es verkaufte sich gut. Inzwischen sind die Karikaturen deutlich politischer geworden“, meinte Schwalm. „Wichtig waren uns auch neue Leute mit neuen Techniken“, fügte Kleinert hinzu. Dazu zählen eben die Digitalisate.
„Digitale Zeichnungen, also Ausdrucke, sind für ein Museum nicht so toll“, bemerkte Frenz. In Kassel wird für junge Künstler seit 2007 eine Sommerakademie für Komische Kunst veranstaltet, da werde eine Woche lang von früh bis spät gezeichnet. „Mal sehen, wo die Digitalisierung hinführt. Man sieht ja keinen Strich mehr, irgendwie geht die Handschrift verloren“, sagte Frenz. Außerdem sei die Vermarktung für Cartoonisten zunehmend schwierig geworden.
Rebecca Leudesdorff, die mit Beste Beste Bilder ihre erste Ausstellung kuratiert, empfindet das nicht ganz so: „Digitales büßt nichts an Originalität ein.“ „Kann man so sehen, muss man aber nicht“, hielt Frenz dagegen.
Unter den 81 beteiligten Künstlern des Dekaden-Bandes sind zehn Frauen. Immerhin, das Verhältnis hat sich in den letzten Jahren zugunsten der Frauen verbessert.
Die Ausstellung ist bis zum 14. Juni im Caricatura Museum Frankfurt zu sehen.
JF
