BuchMarkt-AWARD „Alles muss sich runden“: Sven Kröger zum BuchMarkt-AWARD

In der gerade erschienenen BuchMarkt-Ausgabe werden neben den Schwerpunkten Kochen und Fachbuch auch die Preisträger des diesjährigen BuchMarkt-AWARDs vorgestellt, außerdem liegt die Dokumentation zu den Gewinner-Beiträgen bei.

Zur Einstimmung auf das Heft lesen Sie hier exklusiv die Rede von Sven Kröger zum diesjährigen Award:

Sven Kröger

Guten Tag, meine Damen und Herren,

Wie an jedem Messefreitag im Frühjahr, wie immer zur Mittagsstunde, verleihen wir den BuchMarkt-AWARD, inzwischen im 16. Jahr.

Vielen Dank an alle Teilnehmer, die die Anstrengung der Jurysitzung auch in diesem Jahr wieder auf sich genommen haben. Denn anstrengend ist es tatsächlich. Vor allem deshalb, weil relativ wenig Zeit zur Verfügung steht. Es sind eine ganze Menge Einreichungen, die zunehmend komplexer werden, und – sagen wir das mal vorsichtig, – in unterschiedlicher Qualität dokumentiert sind. Und wenn man den Ehrgeiz hat, diese Einreichungen auch nur halbwegs angemessen zu bewerten, dann setzt das natürlich voraus, dass man wenigstens versteht, was das Ziel und was die Idee einer solchen Werbemaßnahme war.

Wenn es dann innerhalb der Jury auch noch sehr unterschiedliche Positionen und Bewertungen gibt, was in diesem Jahr durchaus der Fall war, dann kommt es zu hitzigen Auseinandersetzungen und schon artet ein beschaulicher Februartag in Leipzig richtiggehend in Arbeit aus. Und dafür, auch jenseits der reinen Pflichtübung, der Dank an alle Beteiligten.

Nach 5 Jahren oder so in der Jury bin ich natürlich in der Position für großformatige Rück- und Ausblicke. Und ich würde schon sagen, dass wir eindeutig eine Bewegungsrichtung vor allem in der Verlagswerbung sehen.

Es gibt eindeutig irgendeine Art von Professionalisierung, die sich in den letzten Jahren vollzogen hat und sicher weiterhin vollziehen wird. Das offensichtlichste Merkmal ist die immer weiter zunehmende Konzentration auf die Programmspitzen. Das heißt: die Kampagnen werden immer größer, die Budgets werden größer, nicht unbedingt in Summe, aber sie werden stärker konzentriert. Die Medienauswahl verändert sich, TV wird mehr und mehr Standardmedium für die großen Kampagnen, etc. etc.

Das können wir alle seit Jahren beobachten und es wird unausweichlich so weiter gehen. Das hat damit zu tun, dass wir uns alle jetzt langsam mit der Situation vertraut machen, dass es der Endkunde ist, der Leser, den wir mit unserer Kommunikation tatsächlich erreichen müssen. Es reicht in vielen Fällen nicht mehr, in der Handelskommunikation so zu tun, als würden wir den Leser erreichen, wir müssen es tatsächlich tun. In der Folge dieser Erkenntnis stehen wir natürlich vor vollkommen neuen Fragestellungen – und müssen uns auseinandersetzen mit so hässlichen Dingen wie der sogenannten Werbewirkungsschwelle. Am Ende dieser Auseinandersetzung werden absehbar noch deutlich höhere Kampagnenbudgets stehen als wir sie jetzt schon kennen.

Für uns hier beim BuchMarkt-AWARD hat dieser Trend natürlich auch seine Schattenseiten, denn man hat da und dort das Gefühl, dass wir einer gewissen Monokultur entgegen gehen. Das ist ja klar, und wer will es den Verantwortlichen auch übelnehmen: je höher das Budget, dass ich auf einen Titel setze, desto höher der Ehrgeiz, das Ding nicht am Ende in der Kommunikation zu versemmeln. Wir setzen also auf Bewährtes – und das Bewährte ist meistens nicht der Motor kreativer Spitzenleistung.

Das bildet sich dann auch tatsächlich ab, wenn man die Summe der Einreichungen über die letzten 5 Jahre betrachtet: Ausnahmen bestätigen dabei wie immer die Regel – aber insgesamt wird der Anteil der – sagen wir mal – durchgedrehten Ausreißer, also der kleinen, verrückten, weitgehend nutzlosen aber dafür begeisternden Maßnahmen kleiner. Was allerdings auch bedeutet, dass sich hier ein Feld eröffnet für die Verlage, die budgetmäßig nicht in der Champions League spielen.

Insgesamt gewinnt aber die Frage nach dem Nutzen an Boden. Das spiegelt sich nicht nur in den Einreichungen, es hat sich auch sehr deutlich in den Diskussionen gezeigt, die die Jury in diesem Jahr geführt hat. Insbesondere in den Kategorien der Spots und der Onlinewerbung wurde das sehr deutlich. Man hatte das Gefühl, wir haben jetzt irgendwie das postnaive Zeitalter erreicht. Während es vor ein paar Jahren sozusagen noch gereicht hat, den Nachweis zu erbringen, dass Bilder sich auch bewegen können, drehten sich die diesjährigen Positionen doch sehr viel mehr um die Frage nach dem generellen Nutzen bestimmter Formate, die es am Ende des Tages mit Mühe auf ein paar hundert Kontakte bringen.

Ja, so ist das: der große Trend macht vor nichts und niemandem Halt. Eine kleine Empfehlung in Richtung der kommenden BuchMarkt-AWARD-Jury wäre, die Bewertungskriterien noch einmal nachzujustieren und eine neue Antwort auf die Frage zu finden: Was wollen wir am Ende bewerten – den Mut zur kreativen Ausnahmeleistung oder den nachweislichen Nutzen?

Beides hat ganz offenbar sein Daseinsrecht – und so freuen wir uns, dass wir heute auch beides sehen werden: einige Werbemaßnahmen, die ganz offenbar nützlich und erfolgreich waren. Aber eben auch einige, die jenseits aller Nützlichkeit einfach gelungen sind und verschwenderisch Freude verbreiten.

In diesem Sinne schreiten wir gleich zur Verleihungszeremonie, dies allerdings nicht, ohne wie immer noch einen Hinweis in eigener Sache loszuwerden, das Procedere der Jurysitzung betreffend. Denn wir werden auch heute wieder sehen, dass einige Awards an Verlagshäuser oder auch Agenturen gehen, die selbst einen Vertreter in der Jury hatten. Das ist auch gar nicht anders möglich, wenn wie in diesem Jahr mit Lübbe, Random House und Droemer gleich drei große Verlage vertreten sind.

Deshalb muss ich auch in diesem Jahr wieder darauf hinweisen, dass selbstverständlich alle Jurymitglieder ausgeschlossen sind von den Diskussionen um Projekte, die sie selbst eingereicht haben. Das heißt: sie stimmen nicht nur selbstverständlich nicht mit ab, sie nehmen auch an den Diskussionen nicht teil. Ich glaube also, mit Sicherheit sagen zu können, dass die Teilnahme an so einer Jurysitzung keinen Vorteil bringt im Hinblick auf die Ausbeute an Awards.

Blick ins Auditorium

Kategorie I: Bestsellermarketing

Fangen wir gleich mal mit dem Schwersten an. Mit der eigentlichen Arbeit des Bestsellermarketings: Einen Bestseller zu machen nämlich gewissermaßen aus dem Nichts. Wenn das wirklich ginge, verlässlich immer ginge, säßen wir vermutlich nicht hier, wir wären unfassbar reich. Manchmal geht es aber doch. Da hat man das erste Buch eines neuen, eines international erfolgreichen Autors, den hier noch keiner kennt. Das will man in einem der umkämpftesten Märkte ganz nach oben bringen. Nennen wir ihn romantische Komödien. Das geht nicht von selbst, da reicht nicht der Rückenwind des bisherigen Erfolges. Da muss die Strategie ganz eng aus der Geschichte entwickelt sein, die sie transportieren soll, da braucht es Charme und Witz und eine zündende optische und eine feine Textidee. Alles muss sich runden.

Kategorie II: Buchcover

Das Buchcover – das kleinste Plakatformat der Welt UND eines der mächtigsten Marketinginstrumente, das unsere Branche kennt. Wenn das Buch es erstmal auf die Tische der Buchhandlungen geschafft hat, dann ist es vor allem das Cover, das entscheidet, ob die Kunden zugreifen oder nicht. Vor allem, ob diejenigen zugreifen, die nach diesem Buch nicht gesucht haben.

Fünf Cover haben wir gesehen, die diese Aufgabe überdurchschnittlich erfolgreich gelöst haben…

Ein Buch, in dem es um Bücher geht, um ihren Geruch, ihre Magie, darum, wie man süchtig wird nach ihnen, wie einen Bücher um den Verstand bringen, muss man auch so verpacken. So verpacken, dass schon das Cover jenen Geruch, die Magie, das Suchtpotential transportiert, dass man schon vom Ansehen, Anfassen süchtig wird.

Beiden gelingt es auf ziemlich beeindruckende Weise, das Innere dieser Bücher nach außen zu kehren, also eine Atmosphäre, die der Text für den Leser entwickelt, bereits im Covermotiv zu erzeugen. Zudem bedienen beide nicht unbedingt das, was durch die letzten Jahre zu Regeln des Genres geworden ist. Sie sind also anders als das meiste, was benachbart auf den Tischen liegt. Entsprechend auffällig und plakativ sind sie. Was will man mehr von einem Cover – eben insbesondere in diesen Genres

Kategorie III: Print-Werbung

In dieser Kategorie ist ja irgendwie der Wurm drin. Auch in diesem Jahr wieder: überhaupt kaum Einreichungen, dann sehr kontroverse Diskussionen auch hier, letztlich keine einzige Arbeit, für die sich die Jury darauf verständigen konnte, einen Award zu verleihen.

Ich kann mich auch in diesem Jahr erneut nur wiederholen: Reicht mehr ein in dieser Kategorie! Nicht immer nur die Bestsellerkategorie, es gibt doch Printwerbung, und gar nicht mal schlechte. Also: bitte daran denken, denn so kann das ja nicht weitergehen …

Kategorie IV: POS-Werbung

Das glatte Gegenteil zu den traurigen Ergebnissen in der Kategorie Print: der Point of Sale.

Offensichtlich noch ein Ort, der Raum für Ideen bietet, nicht nur für die Verlage, auch für die Buchhandlungen selber. Entsprechend vielfältig waren die Einreichungen, entsprechend schwierig war die Auswahl und entsprechend viele Awards haben wir vergeben: Insgesamt sechs, so viele Awards wie in keiner anderen Kategorie.

Man macht sich ja angesichts gewisser Umstände und gescheiterter Buchhandelsprojekte gerade auch in Berlin so seine Gedanken, wie es denn weiter gehen könnte mit dem Buchhandel im Auge des digitalen Sturms sozusagen. Wer das wissen will, kann sich gern in Berlin die Autorenbuchhandlung ansehen. Die zeigt seit Jahrzehnten wie es geht. Wie man Veranstaltungen gestaltet, wie man ein Publikum anspricht und hält, wie zielgruppenorientiertes Handeln mit Büchern funktioniert. Das alles ist durchdacht. Und atmet immer die Leidenschaft und Phantasie für das zu vermakelnde Objekt Buch. So sehen nicht nur die Veranstaltungen aus. So sieht eben auch die Printbeilage „Geistesblüten“ aus. Das ist ein Kundenmagazin der besonderen Art, ein Kundenmagazin, wie es sein soll. Es gibt sie noch die feinen Buchhandlungen.

Und noch einmal etwas komplett anderes ist das hier: die Erfindung einer lokalen Währung als Kundenbindungssystem – der Neandertaler.

Das Ganze funktioniert so, dass man in der Buchhandlung Weber in Erkrath im Neanderland für einen Euro diesen Neandertaler kaufen kann. Und diesen Taler kann man entweder sparen oder verschenken – in jedem Fall kann man ihn jederzeit gegen einen Warenwert von 1 Euro in der Buchhandlung Weber eintauschen. Also eine Art Gutscheinsystem, aber doch etwas anderes als die üblichen Papp- und Plastikkarten. Vor allem für Kinder, die natürlich die allererste Zielgruppe sind für den Neandertaler. Für die Kinder macht dieser Taler das ganze Thema Buch und Lesen noch spannender als es ohnehin ist. Und inzwischen denkt der gesamte ortsansässige Einzelhandel darüber nach, ob er die Idee aufgreift und die Lokalwährung für ganz Erkrath einführt.

Das ist wirklich Lokalmarketing, das funktioniert. Eine schöne Idee.

Kategorie V: Events

Eine Kategorie, die immer sehr unterschiedliche Einreichungen hervorbringt – und wir haben in diesem Jahr wieder alles gesehen: Kneipen-Promotions, Häkeltreffs in Buchhandlungen, Messe-Veranstaltungen und Live-Hörspiele. Es ist nicht ganz leicht, hier zu einer fairen Bewertung dieser so unterschiedlichen Events zu kommen- nach langer Diskussion ist die Jury zu diesem Ergebnis gekommen …

Kategorie VI: Online-Werbung

Ich hatte es angedeutet – Online war eine der schwierigen Kategorien in diesem Jahr. Viiiele Diskussionen – die sich, mehr oder weniger, am Ende um die generelle Nutzenfrage drehten. Tatsächlich gibt es nirgendwo so viele Formate, die wir unter dem Kosten/Nutzen-Aspekt als gescheitert betrachten müssen wie im Online-Bereich. Und natürlich kann man die Frage stellen, ob das Format Microsite eigentlich überhaupt awardwürdig ist, wenn nicht nachgewiesen werden kann, dass es jemals irgendeine Microsite auf Kontaktzahlen gebracht hat, die zumindest die Kosten wieder eingespielt haben.

Sehr kontroverse Diskussionen, eigentlich am Ende auch kein wirklich versöhnliches Ergebnis. Was bleibt, ist die Frage nach dem nächsten Innovationsschub im Online-Sektor. Und die Erkenntnis, dass sich dieses Medium der Erfolgsfrage stellen muss. Und bis dahin gibt es in diesem Jahr vier Awards…

Kategorie VII: Spot des Jahres

Spots haben Konjunktur, jedenfalls hat diese Kategorie von Jahr zu Jahr mehr Einreichungen zu verzeichnen. Und je mehr es werden, desto mehr fällt auf, wie unterschiedlich die jeweiligen Anforderungen der medialen Kanäle sind. Natürlich ist es im Grunde vollkommen unzulässig, einen TV-Spot mit einem Online-Trailer zu vergleichen. Dort kostet jede Sekunde richtig Geld und wir senden zwischen Joghurt und Handy-Flatrate. Hier kostet die Zeit gar nichts, dafür guckt keiner hin. Kurz gesagt: bei den Spots wird es dringend Zeit, ein Wirkungskriterium in die Bewertung einfließen zu lassen. Bisher fehlen uns dazu die Erkenntnisse – und so bewerten wir immer noch Machart, Kreativität und Besonderheit des Spots.
Sven Kröger

Die Gewinner

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Nadine Lettke
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