Die Rechte-Kolumne Rainer Dresen: Mitten drin statt nur dabei – Stefan Niggemeier war im Hofbräukeller

„Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache – auch nicht mit einer guten Sache; dass er überall dabei ist, aber nirgendwo dazu gehört.“

Dieser kluge Satz wird dem unvergessenen Journalisten Hanns Joachim Friedrichs zugeschrieben. Sicher kennt der zu den besten deutschen Medien-Journalisten gehörenden Stefan Niggemeier dieses Credo. Niggemeier wurde schließlich nicht ohne Grund vielfach für seine kritischen Medienbeobachtungen ausgezeichnet, u.a. ist er mehrfacher Grimme-Preisträger und „Journalist des Jahres“ 2007.

In seinem aktuellen Artikel „Planlos zerstritten: VG Wort vorerst handlungsunfähig“ (http://uebermedien.de/8035/planlos-zerstritten-vg-wort-vorerst-handlungsunfaehig/ nun berichtet Niggemeier gewohnt meinungsstark über die geplatzte Abstimmung der VG Wort-Mitgliederversammlung [mehr…], in der bekanntlich die Rückzahlungsmodalitäten der Verlegerbeteiligung geregelt werden sollten. Einer kleinen Minderheit von selbsternannten „Freischreiber“-Journalisten war es mit zumindest fragwürdigem Auftritt (hierzu Michael Hanfeld in der FAZ „Zerstörung Teil 1“ http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/zukunft-der-vg-wort-zerstoerung-teil-eins-14430526.html) gelungen, eine Sperrminorität in ihrer Berufsgruppe zu erreichen und damit die gesamte Abstimmung über die Rückzahlung lahm- weil bis November auf Eis zu legen.

Bemerkenswert daran ist nicht nur, dass zu der betreffenden „Berufsgruppe 2“ der VG Wort neben Journalisten vor allem Sachbuchautoren und -übersetzer gehören, die zum Teil händeringend auf die Rückzahlungen warten, von der die Journalisten, so sie nicht ausnahmsweise zugleich Autoren oder Übersetzer sind, gar nicht profitieren werden. Bemerkenswert ist auch, dass sich in den letzten Monaten vermehrt einige der „Freischreiber“ als VG Wort-Mitglieder anmeldeten, mutmaßlich auch von dem Wunsch getragen, in der Abstimmung Flagge bzw. Stimmkärtchen zu zeigen, und dass zu den jüngst eingetretenen Neu-Mitgliedern auch der renommierte Medienjournalist Stefan Niggemeier gehört. In seinem Vorbereitungs-Artikel vom Donnerstag vergangener Woche „Showdown im Hofbräukeller“ http://uebermedien.de/7962/showdown-im-hofbraeukeller/ teilte er dies verdienstvollerweise ganz offen mit: „Ich bin Mitglied bei Freischreiber und, allerdings nur als Karteileiche, in der DJU. Ich bin im Sommer Mitglied in der VG Wort geworden und am Samstag vor Ort.

Nun also mutierte Niggemeier innerhalb weniger Stunden vom Beobachter zum Handelnden und dann wieder zurück zum Beobachter. Am Donnerstag noch berichtete er über die bevorstehende Versammlung. Am Samstag war er „vor Ort“ und griff aktiv, Stimmkärtchen hebend, ins Geschehen ein. In seinem nachfolgenden Bericht über die Abstimmung warf er der VG Wort schon in der Überschrift vor, „Planlos zerstritten“ und „vorerst handlungsunfähig“ zu sein. Am Ende des Artikels immerhin legte er wiederum offen, was vor Ort jeder sehen konnte, der die geschäftige Betriebsamkeit am Tisch der „Berufsgruppe 2“ verfolgte: „Ich bin Mitglied bei Freischreiber und habe für eine Vertagung des Votums gestimmt und gegen den Entwurf des Vorstands.“

Tja, kann man machen, sozusagen erst durch das eigene (Mit-)Handeln die Handlungsunfähigkeit herbeiführen, welche dann die Grundlage für einen schön zugespitzten Bericht über eben jene Handlungsunfähigkeit liefert. Man kann sich aber bildhaft vorstellen, wie der sonst so (Kollegen-) kritikfreudige Medienbeobachter Niggemeier – die Google-Sucheingabe „Niggemeier kritisiert Journalisten“ ergibt nicht weniger als 24.500 Treffer – mit Journalisten umspringen würde, die so die Position des Handelnden mit der des berufsmäßig Berichtenden vertauschen.

Nur zur Klarstellung: Auch ich war im Hofbräukeller. Ich habe wie übrigens ausnahmslos alle anderen Verlagsdelegierten auch für die Rückzahlung gestimmt. Auch ich schreibe darüber. Aber ich bin kein Medienjournalist. Und auf den Grimme-Preis für meine BuchMarkt-Bemühungen warte ich bislang noch vergebens.

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