Die Rechte-Kolumne Rainer Dresen: Eine(n) Wulff googeln?

Bettina Wulff, die ehedem tätowierteste Bundespräsidentengattin aller Zeiten, nach der wenig schmeichelhaften Demission ihres Gatten immerhin noch die tätowierteste Ex-Bundespräsidentengattin aller Zeiten, will endlich ihre verlorene Ehre wiederherstellen.

Dies erfuhr die Welt ausgerechnet durch Hans Leyendecker, den ehedem renommiertesten Investigativjournalisten des Landes. In der Süddeutschen Zeitung teilte er mit, was er vermutlich nicht erst groß recherchieren musste, sondern was ihm schlicht von interessierter Seite mitgeteilt wurde. Die Leyendecker-geadelte Exklusivmeldung, für die ihm die SZ gleich die ganze Seite Drei freiräumte und die dann brav von allen deutschen Medien wiederholt wurde, lautete dahingehend, dass Frau Wulff sich nun endlich gegen Verleumdung und Denunziation wehre.

Der geneigte Leser erfuhrt weiter, dass Frau Wulff schon seit Längerem, aber bisher ohne öffentliche Anteilnahme gegen ein paar Spinner vorgehe, die zu den Hoch-Zeiten der Christian Wulff-Affäre in abseitigen Internetblogs etwas von einer angeblichen Rotlichtvergangenheit der Gattin schwafelten. Zusätzlich sollte die Öffentlichkeit nun aber auch erfahren, dass Frau Wulff gegen Google und gegen Günther Jauch Klagen eingereicht habe.

An Google stört Frau Wulff, dass dessen Such-Algorithmus, der besonders häufige User-Suchanfragen automatisch speichert, dann, wenn man nur „Bettina Wulff“ eingibt, die Suchanfrage von ganz alleine um Begriffe wie „Prostituierte“ und „Escort“ ergänzt. Google hat die Forderung bereits zurückgewiesen.

Günther Jauch geriet in Frau Wulffs Visier, weil er kurz vor dem Wulff-Rücktritt eine Meldung der Berliner Zeitung, wonach Bild angeblich den Rotlicht-Gerüchten hinterherrecherchiert habe, direkt an den gerade anwesenden stellvertretenden Chefredakteur der Bild weitergab, der sie aber mit „Quatsch“ ziemlich eindeutig dementierte. Damit ist eigentlich der Juristerei Genüge getan. Gerüchte darf man dann weitergeben, wenn man sich davon distanziert. Hier hat Jauch nur den Bericht über ein Gerücht thematisiert und dann durch den Bild-Experten sofort dementieren lassen. Das aber genügte Frau Wulff nicht. Jauch müsse eine förmliche Unterlassungserklärung abgeben. Er habe die Gerüchte erst hoffähig gemacht, so die Argumentation von Wulffs Promi-Anwalt Lehr, der vor kurzem erst durch seine medienwirksame Verteidigung des Heiligen Stuhls gegen das schröckliche Titanic Cover bundesweit Schlagzeilen machte [mehr…].

Jauch meldete sich nicht selbst zu den nunmehr höchst medienwirksam platzierten Vorwürfen, sondern schickte seinen eigenen Promi-Anwalt Schertz ins Rennen. Dieser gab noch vor Zustellung der Lehr-Klage eine Unterlassungserklärung ab, mit der sich Jauch ohne Anerkennung einer Rechtspflicht verpflichtete, die Gerüchte nicht weiter zu verbreiten. Zugleich ließ er erklären, dass er niemals über Frau Wulff eine falsche Tatsachenbehauptung aufgestellt, sondern lediglich im Dezember vergangenen Jahres aus einem Artikel der ‚Berliner Zeitung‘ zitiert und daraus eine entsprechende Frage an den stellvertretenden Bild-Chefredakteur formuliert habe. Diese Schertz-Reaktion war nicht nur aus Juristensicht, sondern auch PR-technisch genau die richtige, da so der sich anbahnenden Auseinandersetzung Wulff/Jauch raschestmöglich die öffentliche Aufmerksamkeit entzogen wurde.

Nachlassender PR-Wirbel aber freut nicht immer, erscheint doch, Zufall aber auch, just in diesen Tagen und damit Monate früher als ursprünglich angekündigt das Erinnerungsbuch „Jenseits des Protokolls“ von Bettina Wulff im Münchner Riva Verlag. Darin erfährt man endlich alles über Frau Wulff, was man auch früher schon nicht wissen wollte, so die Namen ihrer vormaligen Lebensgefährten (Tom, Achim, Torsten) und auch, dass sie selbst nicht weiß, was ihr – selbstredend auch auf dem Buchcover abgebildetes – neckisches Tattoo nun wirklich bedeutet.

Immerhin, dadurch gerät auch das sonstige Verlagsprogramm von Riva mächtig in die Schlagzeilen. Die heutige SZ widmet dem Verlag, den man sich „als sehr bunten Supermarkt mit einer überdimensionierten Frischetheke vorstellen“ müsse, einen schönen Beitrag auf der Panorama-Seite. Unter der Überschrift „Pornfighter trifft Schachgenie“ stellt der Autor Christian Mayer Autorenkollegen von Frau Wulff vor. Von Ex-Titan Oliver Kahn bis zum Skandalrapper Bushido und von „Pornfighter“ Long John bis zum ehemaligen Bordellbetreiber („Bel Ami“) Detlef Uhlmann reicht die illustre Schar. Gleich vier Minuten beschäftigte sich auch das heute-journal gestern mit dem Buch. Der Moderator Claus Kleber hatte offenbar ebenfalls das Verlagsprogramm studiert und bemerkte launig, dass man bei Riva nun sicherlich erwarte, dass die neue Autorin den bisherigen Sachbuch-Toptitel des Hauses überhole. Der heiße „Bel Ami“ und handle von den Lebenserinnerungen eines Bordell-Besitzers. Vielleicht, so der Rat des Moderators Kleber, sollte die gelernte PR-Beraterin Wulff über diese Koinzidenz einmal mit ihrer Verlags-PR-Beratung reden.

So schlecht aber kann die PR nicht sein, bei Amazon ist das Buch bereits auf Platz 12 gelandet, allerdings mit zahlreichen „Tags“ versehen, die vielleicht Wulffs Anwalt missfallen könnten. „Tags“ sind von Amazon-Nutzern einem Buch zugeordnete Schlagwörter oder Kategorienbezeichnungen. Obwohl Amazon den Lesern empfiehlt, bei der Vergabe von Tags auf „ordinäre oder obszöne Ausdrücke, aufhetzende oder böswillige“ Bezeichnungen zu verzichten oder auf solche, die „diskriminierend, beleidigend oder bedrohend auf andere Nutzer wirken“ könnten, ließen sich die Amazon-Nutzer nicht nehmen, folgende Tags zu Bettina Wulffs Buch anzubringen: „escort, schamlos, prostitution, wer kauft den mist, unverschämtheit, ehrensold, niveaulos, callgirl, lügen, prostituierte“.

Dreimal „gebraucht“ gibt’s das Buch bei Amazonien im übrigen auch schon: Zur Info: Das Opus ist noch gar nicht erschienen…

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