ARCHIV Guenter G. Rodewald über das am 30. Januar startende Krimifest BCNegra

Sie sind ja schon bekannt, die wiederkehrenden Verführungsversuche unseres Barcelona-Korrespondenten zu der einen oder anderen Reise in die katalanische Hauptstadt, wenn auch dieses Mal ohne jede Schön-Wetter-Garantie …

Denn der Reisevorwand, den ich heute empfehle, fällt in die letzten Tage des Januar und die erste Woche des Februar. Eine Jahreszeit, die auch hier klimatisch übellaunig ausfallen kann. Zumal der Wettervorsprung zwischen Deutschland und Nordspanien immer weniger ins Gewicht zu fallen scheint, bei den eher frühlingshaften Temperaturen, die in diesem Winter die klimatische Realität in München, Köln, Hamburg oder Berlin ausmachen.

Wenn ich mich also hüte, Versprechungen bezüglich des Wetters zu machen, kann ich aber versichern, dass sich der Besuch der am 30. Januar startenden IX. Semana de la Novela Negra de Barcelona BCNegra 2014 in jedem Fall lohnen wird, aufgrund der breiten Facette der Veranstaltungen und der Auswahl der eingeladenen Gäste.

Der unermüdliche Kommissar der BCNegra, Paco Caramasa, lässt es sich längst gefallen, auch öffentlich als „Faktotum“ der spanischen Krimi–Szene bezeichnet zu werden, denn es ist vor allem ihm und seinem Team zu verdanken, dass dieses Treffen nach wie vor existiert und mit jedem Jahr an Bedeutung gewinnt.

Was um so höher zu bewerten ist, weil hierzulande die Subventionen und Hilfestellungen für kulturelle Veranstaltungen bedrohlich und weiterhin drastisch schrumpfen. So kann es kaum mit anderen Dingen zugehen, als dass Caramasas die notwendige „kriminelle“ Energie besitzt, der Stadt Barcelona das gleiche Volumen an Finanzierung für diese neue Edition abzuluchsen, die bescheidene Summe von 95.000 Euro, die aber die Veranstalter nicht davon abhält, die Session auf drei weitere Tage auszudehnen.

Zudem steuern die über 40 Verlage und fast 30 Buchhandlungen einen erfreulichen Teil und großes Interesse bei – direktere Werbung und engeren Kontakt zu ihren Lesern können sie sich ja auch kaum wünschen.

Ohne Zweifel wird einer der Stars der BCNegra2014 der italienische Autor Andrea Camilleri sein, schon allein unter dem Aspekt, dass der bald 88-jährige Schriftsteller sich nur sehr selten in die Öffentlichkeit begibt und so gut wie gar nicht mehr reist. Aber er hat einen guten Grund zu kommen, denn am 6. Februar bekommt der Vater des Comisario Montalbano im Saló de Cent des Rathauses den IX. Premio Pepe Carvalho vom Bürgermeister der Stadt verliehen.

Camilleri reiht sich in eine illustre Liste von Preisträgern ein, vor ihm gewannen schon unter anderem Maj Sjöwall, Petros Markaris, Andreu Martín, Ian Rankin, Michael Connelly, P. D. James, Henning Mankell und Francisco González Ledesma die angesehenen Auszeichnung.

Der Comisario Montalbano ist Camilleris Hommage an seinen langjährigen Freund Manuel Vázquez Montalbán (Barcelona 1939 – Bangkok 2003), dieser wiederum der Schöpfer von Pepe Carvalho und Namensgeber für den Literaturpreis, also ist es mehr als an der Zeit, dass die drei auf diesem Wege zusammen kommen.

Der Sizilianer wird auch dabei sein, wenn das Theaterstück Sis personatges en cerca de Camilleri (Sechs Personen suchen Camilleri) seine Uraufführung erlebt, das Camilleris katalanischer Übersetzer Pau Vidal und die Schauspielerin Monia Presta geschrieben haben, mit Jordi Boixaderas in der Rolle des Montalbano.

Weitere der eingeladenen internationalen Gäste sind unter anderen aus Schottland Philip Kerr, aus England Sophie Hannah und Peter James, aus Dänemark Jussi Adler-Olsen und aus Italien Ben Pastor.

Natürlich nimmt auch eine große Zahl spanischer und katalanischer Autoren an der BCNegra2014 teil. Für sie stellvertretend seien Dolores Redondo, Teresa Solana, Carlos Zanón, Pep Coll, Andreu Martín und Rafael Vallbona genannt.

Die Korruption, der Sensationsjournalismus, neue Ermittlungmethoden, Kunstfälschung, die gesellschaftlichen Entwicklungen in den Städten und ihr Einfluss auf die Kriminalität, Barcelona als Szenario für Kriminalromane, die Intrigen im Vatikan, Kriminalität im Internet, Gewalt gegen Frauen – das sind einige der Themen bei den diversen Podiumsveranstaltungen mit Autoren, Journalisten, Literaturkritikern, Verlegern und Fachleuten, die über die ganze Stadt verteilt stattfinden, wenn auch der größte Teil in La Capella im Barrio chino abgehalten wird.

Miesmuscheln und Signieren

Und auf keinen Fall darf der Hinweis auf die Abschlussveranstaltung fehlen, dem längst legendären Brunch Musclos i signatures (Miesmuscheln und Signieren), zu der eben als tapas die (schwarzen) Muscheln und Rotwein gereicht werden – Rotwein heißt auf Spanisch vino negro, als ebenso schwarzer Wein. Also auch farblich der richtige Abschluss der BCNegra, der schwarzen Woche. Alles das findet statt in der Barceloneta, dem alten Fischerviertel Barcelonas – in der allerhöchstens 40 Quadratmeter großen Krimibuchhandlung Negra y Criminal von Paco Camaras und auf der Straße davor.

Wem die Vorbereitungszeit zu kurz erscheint oder das Thema wohlmöglich zu düster, oder wer dann doch lieber zu einer unvergleichbar milderen Jahreszeit anreisen möchte, dem empfehle ich in treuer Gewohnheit dafür schon jetzt den 32. Salon Internacional del Comic de Barcelona vom 15. bis 18. Mai. BuchMarkt hat bereits vom stetig anwachsenden Erfolg der bunten und lebendigen Messe berichtet, die zusammen mit dem Salon del Manga de Barcelona im Oktober jeden Jahres die publikumsintensivsten Buchevents Spaniens und Barcelonas bilden. http://bit.ly/1dxh6MW

Neues Label, startet in diesem Frühjahr

Neben den Krimis sind es gerade und vor allem Comics und Graphic Novels, die einen erfreulichen Zuwachs in unserem sonst nach wie vor so stark bis beängstigend schwächelnden Buchhandel registrieren können. Bestes Zeichen dafür ist, dass gerade der eher literarisch und belletristisch orientierte Verlag Ediciones Salamandra ein neues Imprint Salamandra Graphic kreiert hat, mit dem sie im Frühjahr auf den Markt kommen werden.

Also heißt es weiterhin: den Optimismus bewahren, den Kopf hoch halten und die Ohren steif halten (von mir als Bremer natürlich mit einem klassisch norddeutschen s-t über den s-pitzen S-tein s-tolpernd ausgesprochen).

Guenter G. Rodewald lebt in Barcelona und berät Agenturen und Verlage, Kontakt: guenter.rodewald@mercadodelibros.info

Kommentare (0)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert