Literaturpreise Mit Robert Menasses „Die Hauptstadt“ wurde das erste Buch über die Europäische Kommission ausgezeichnet

Der Kaisersaal im Frankfurter Römer bildete heute Abend auch zur Verleihung des 13. Deutschen Buchpreises das passende Ambiente. Moderatorin Cécile Schortmann, in diesem Jahr nicht stimmlich verhindert, begrüßte die Gäste.

Ina Hartwig

 

Frankfurts Kulturdezernentin Ina Hartwig sprach die Stimmung im Saal an – es sei Spannung und Anspannung gleichermaßen spürbar. Trotz aller oft zitierten Krisen rund um das Buch und das Lesen bleibe der Roman einzigartig. Er könne allerdings von gelegentlich verteilten Preisgeldern nicht leben. Außerdem seien kundige Buchhändler notwendig, die Buchkritik spiele ebenfalls eine wichtige Rolle. „Wir sollten deshalb einen Preis für Kritiker schaffen“, schlug Hartwig vor.

Heinrich Riethmüller, Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, stellte die Frage, wie Menschen in der heutigen Zeit mit Büchern erreicht werden können, an den Anfang seiner Rede. Es sei aufgrund des Überangebots an Möglichkeiten schwieriger geworden. Riethmüller verwies jedoch auf Hany Yanagiharas Roman Ein wenig Leben, der 2016 in den USA einen regelrechten Hype ausgelöst habe: „Tausende Leser wollten ihre Eindrücke teilen, haben sich in Foren zusammengeschlossen und Blogbeiträge geschrieben über einen Roman, der sowohl von seinem Umfang als auch von seinem Inhalt keine leichte Kost ist.“ Die Bandbreite des Literaturgesprächs sei größer geworden – auch beim Deutschen Buchpreis. Es werde nicht nur über die nominierten Bücher, sondern auch über nicht auf der Liste stehende Romane diskutiert. „Alle Shortlist-Titel haben das Zeug dazu, den Funken zu erzeugen für ein Feuer an Debatten“, resümierte der Vorsteher.

 

Cécile Schürmann im Gespräch mit Katja Gasser

 

Über die Arbeit der Jury äußerte deren Sprecherin Katja Gasser, dass es ein Vergnügen gewesen sei, „mit herzoffenen Menschen zu debattieren“. Alle Shortlist-Romane kümmerten sich nicht um Moden und Konventionen.

Auf die Frage von Schortmann, wieso der Suhrkamp Verlag gleich dreimal auf der Shortlist vertreten sei, kleine Verlage in diesem Jahr jedoch gar nicht, antwortete Grasser: „Das ist ein Zeichen, dass Suhrkamp am besten zahlt“ – diese Bemerkung führte im Saal zu Gelächter.

Marc Oliver Schulze las kurze Passagen aus den Büchern der Shortlist

 

In alphabetischer Reihenfolge wurden anschließend die sechs Shortlist-Bücher, ihre Autoren und die Einschätzung eines Jurymitglieds vorgestellt.

Robert Menasse hält den Augenblick für sich fest

 

Heinrich Riehtmüller verkündete zum Schluss, wer den Deutschen Buchpreis 2017 erhält – es ist Robert Menasse mit seinem Roman Die Hauptstadt, erschienen im Suhrkamp Verlag. Der Preisträger zeigte sich überrascht und gerührt, eine Dankesrede habe er nicht vorbereitet. Allerdings erinnerte er daran, dass die so oft gescholtene Europäische Kommission, deren Tätigkeit im Mittelpunkt seines Romans steht, beispielsweise Amazon in die Schranken gewiesen habe. „Und das ist auch einen Beifall wert“, sagte Menasse – die Gäste im Kaisersaal applaudierten.

JF

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