Preisverleihung findet am 23. November 2018 statt Julián Fuks und Manja Präkels erhalten Anna Seghers-Preis

Die diesjährigen Träger des Anna Seghers-Preises stehen fest: Sie werden an den Brasilianer Julián Fuks sowie die Berliner Autorin Manja Präkels verliehen. Erstmals seit 2012 können wieder zwei Anna Seghers-Preise vergeben werden. Die Preisverleihung findet am 23. November 2018 in der Berliner Akademie der Künste am Pariser Platz statt.

In ihrem Debütroman „Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß“ schildert Manja Präkels am Beispiel einer brandenburgischen Kleinstadt eindringlich, wie jugendlicher Nazikult das Vakuum der Wendezeit füllt, öffentliche Plätze besetzt und sich in Gewalt entlädt. „Gegen die Verwirrungen unserer Zeit setzt Manja Präkels die Genauigkeit ihrer Sprache und ihrer Beobachtung“, begründet Juror Ralph Hammerthaler seine Entscheidung.

Julián Fuks trat zuletzt mit dem Roman „A resistência“ (Der Widerstand) hervor, einem Buch über das politische Exil und einen „möglichen Adoptivbruder“, den seine argentinischen Eltern zur Zeit der Militärdiktatur vor der Zwangsadoption retteten. 2017 erhielt Fuks dafür den renommierten portugiesischen Literaturpreis Premio José Saramago. Für den Anna Seghers-Preis wählte ihn der Literaturübersetzer Klaus Laabs aus.

Seit 2012 können erstmals wieder entsprechend der langjährigen Tradition zwei Preise verliehen werden, an je eine AutorIn aus Lateinamerika und aus dem deutschen Sprachraum. Zur verbesserten Ertragslage der Stiftung beigetragen haben u.a. die Transit-Verfilmung durch Christian Petzold und diverse Theaterinszenierungen von Seghers-Texten wie beispielsweise Das siebte Kreuz im Schauspiel Frankfurt und im Theater Oberhausen sowie die Aktion „Frankfurt liest ein Buch“, bei der es in diesem Jahr ebenfalls um Das siebte Kreuz geht. „Anna Seghers‘ Werke werden so viel gelesen, gespielt, verfilmt wie lange nicht“, berichtet Hans-Willi Ohl, Vorsitzender der Anna Seghers-Gesellschaft. „Hier wird deutlich, dass uns die Texte von Seghers mit ihrer poetischen Qualität und ihrer politischen Grundierung auch heute noch viel zu sagen haben.“

Der mit je 8.000 Euro dotierte Preis wird von der Anna Seghers-Stiftung an Nachwuchsautoren aus dem deutschen Sprachraum und aus Lateinamerika verliehen, die im Sinne von Anna Seghers mit den Mitteln der Kunst zur Entstehung einer gerechteren menschlichen Gesellschaft beitragen möchten. Die Auswahl der Preisträger übernehmen im jährlichen Wechsel von der Stiftung beauftragte Persönlichkeiten aus dem literarischen Leben.

DIE PREISTRÄGER

JULIÁN FUKS wurde 1981 als Sohn argentinischer Psychoanalytiker im brasilianischen São Paulo geboren, wo er Lateinamerikanische Literatur studierte und in Literaturtheorie promovierte. Er lebt dort noch heute und arbeitet als Autor, Übersetzer und Literaturkritiker. Sein aktueller Roman, „A resistência“ (Companhia das Letras, 2015), wurde mit dem brasilianischen Prêmio Jabuti sowie dem portugiesischen Premio José Saramago ausgezeichnet. Er debütierte 2004 mit dem Erzählungsband „Fragmentos de Alberto, Ulidsses, Carolina e eu“, und bereits seine ersten beiden Romane, „Procura do romance“ (2012) und „Histórias de literatura e cegueira“ (2007), brachten ihm bei der Kritik viel Lob ein. 2012 kürte ihn die Zeitschrift Granta zu einem der besten jungen Autoren Brasiliens. Bei der Arbeit an seinem neuen Roman, „A ocupação“, unterstützt ihn innerhalb des Rolex and Protégé Arts Programme der mosambikanische Autor Mia Couto als Mentor.
Fuks‘ Werke wurden bislang in acht Sprachen übersetzt,  bisher aber noch nicht ins Deutsche.

MANJA PRÄKELS, 1974 in Zehdenick/Mark geboren, ist Sängerin der hochgelobten Band Der singende Tresen und Autorin des Lyrikbandes „Tresenlieder“. Sie ist Mitherausgeberin der Prosa-Anthologie „Kaltland“, eines Klassikers der Nachwende-Literatur. Mit Markus Liske stellte sie das Erich-Mühsam-Lesebuch „Das seid ihr Hunde wert!“ (2014) sowie den Band „Vorsicht Volk! Oder: Bewegungen im Wahn?“ (2015) zusammen. Präkels erhielt für ihr Werk zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem das Alfred-Döblin-Stipendium der Akademie der Künste (2005) und das Aufenthaltsstipendium im Writers House Ventspils, Lettland (2012/13). Für ihren Debütroman „Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß“ (Verbrecher Verlag 2017) wurde sie mit dem Kranichsteiner Jugendliteratur-Stipendium 2018 ausgezeichnet und für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2018 nominiert.

Die Juroren

RALPH HAMMERTHALER, geboren 1965 in Wasserburg am Inn, lebt als Schriftsteller in Berlin. Er veröffentlichte die Romane „Alles bestens, Aber das ist ein anderes Kapitel“, „Der Sturz des Friedrich Voss“ und „Kurzer Roman über ein Verbrechen“. Er war Stadtschreiber in Dresden (2011), Rheinsberg (2012), Prishtina (2013) und Split (2014). Sein Libretto „Die Bestmannoper“ über den NS-Kriegsverbrecher Alois Brunner wurde von Alex Nowitz vertont. Seine Theaterstücke sind in mehrere Sprachen übersetzt und u.a. in Berlin, Halle, Düsseldorf, München, Mexico City und im sibirischen Omsk aufgeführt worden. Er war Gastdramaturg an der Berliner Schaubühne und ist Socio Honorario des Teatro Sombrero Azul in Mexico City. Zuletzt ist sein Künstlerroman „Unter Komplizen“ erschienen.

KLAUS LAABS, geboren 1953 in Berlin, lebt als Literaturübersetzer und -herausgeber im Prenzlauer Berg. Er überträgt vorrangig Werke hispanoamerikanischer sowie frankophoner Autoren aus der Karibik und Lateinamerika (César Aira, Reinaldo Arenas, Aimé Césaire, José Lezama Lima, Daniel Maximin, Alejandra Pizarnik) sowie Theaterstücke katalanischer Autoren (Sergi Belbel, Josep Maria Benet i Jornet), zudem Lyrik und Prosa aus dem Russischen und Englischen (Arseni Tarkowski, Wole Soyinka). Seine Übersetzung des Romans „Inferno. Oppiano Licario“ von José Lezama Lima stand 2005 auf der Shortlist des Leipziger Buchpreises. Politisch trat Laabs als Aktivist der DDR-Schwulenbewegung hervor.

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