Zsolnay verlost Lese-Exemplare und signierte Bücher ans unabhängige Sortiment „Einzigartig“ – Beckmanns Entdeckungen: Kapka Kassabovas „Die letzte Grenze“

Für Buchhändler, die neues Interesse am Lesen wecken wollen, stelle ich außergewöhnliche Bücher vor, die mich persönlich fasziniert und überzeugt haben, auf eine Weise, die sie Buchhändlern und ihren Kunden nahebringen könnte.

„Das Buch wird es immer geben. Davon bin ich fest überzeugt“, hat Klaus Eck in kleinem Kreise nach einer etwas erregten Zukunftsdebatte auf einer Frankfurter Buchmesse nachdenklich gesagt. „Ob es aber in zwei, drei Jahrzehnten die Verlage noch geben wird? Da bin ich mir nicht so sicher.“

Wir haben ihn erstaunt und ungläubig angesehen. Ein Dutzend Jahre ist das her. Und das gute alte Buch hat auch die Attacken und Propagandakampagnen der Silicon-Valley-Konzerne überlebt, die es für tot erklären wollten. Innerhalb der Verlage und bei den Buchhändlern werden heute akute Existenzängste laut, die umso gespenstischer wirken, als für die Ursachen eines dramatischen Absackens von Buchkäufern und Umsätzen epochale gesellschaftliche, kulturelle, politische, technologische und wirtschaftliche Veränderungen namhaft gemacht werden, hausgemachte Defizite, systematische Fehlentwicklungen der eigenen Branche aber unreflektiert bleiben. Da braucht es dringend einen kritischen, konstruktiven Blick von außen.

Den notwendigen Orientierungsanstoß gibt es nun auch. Er kommt aus unerwarteter Richtung: von maßgeblichen Vertretern eines neuen, positiven Ansatzes der Digitalisierung. Ihre Wegweisung lässt sich knapp in fünf Punkten festhalten:

  • Die Buchbranche muss endlich lernen, „sich nicht blenden zu lassen von den (noch) dominanten Netzwerken mit ihren verführerischen Formen kognitiven Mülls“ (so Jaron Lanier in seinem Buch Wem gehört die Zukunft?). Die Buchbranche darf sich nicht länger von den Konzernen der ersten Welle der Digitalisierung leiten und treiben lassen, die falsch und verantwortungslos war und die gescheitert ist.
  • Traditionelle Buchverlage können und müssen entschieden und glaubwürdig, laut und vernehmlich der Öffentlichkeit die einzigartigen, durch nichts zu ersetzenden Qualitäten des gedruckten Buches kommunizieren. (Dazu liefert der IT-Pionier Lanier in seinem Buch wichtige Hinweise.)
  • Die Verlage müssen sich von ihrer primären Fokussierung auf den Massenmarkt lösen und aufhören, „ein möglichst kostengünstiges Standardprodukt an den Endverbraucher zu bringen“ (Lanier).
  • Es kommt darauf an, dass die Verlage sich wieder auf das größte Plus des Buches besinnen: „die Entdeckung, Entwicklung und Verbreitung von qualitativ hochgradigen Schriftstellern“. Lanier wirft den Verlagen vor: Bei ihrer Fixierung auf genormte Massenkonsumtitel „nutzen sie „eine offensichtliche Marktlücke nicht, die sich direkt vor ihnen auftut“. Und Andrew Keen weist auf seine Beobachtung hin, dass auch unter den „digital natives“, die angeblich kein Interesse an gedruckten Büchern hätten, geradezu ein „Hunger“ nach Büchern, nach Handgreiflichem, Beständigem aufkommt, weil im Internet Lügen und täglich wechselnde Wahrheiten vorherrschen.
  • Verlage und „Buchhandlungen der Zukunft“, so Keen, „müssen im Angebot und Präsentieren ihrer Bücher und im Umgang mit ihren Kunden“ radikal lebens- und erfahrungsbezogen sein“ – und in diesem Sinne „für das besondere Buch“ den (vorhandenen) Markt zu entdecken.
    Mit dem Ziel, dafür in Verlagen und Buchhandlungen ganz konkret ein Bewusstsein zu wecken, stelle ich nun in unregelmäßigen Abständen einige exzeptionelle Bücher vor, die mich persönlich fasziniert und überzeugt haben – auf eine Weise, die sie, wie ich hoffe, Buchhändlern und Buchhandelskunden nahebringen könnte.
Reiseliteratur der Spitzenqualität von hoher Aktualität

Kapka Kassabova, Die letzte Grenze. Am Rand Europas, in der Mitte der Welt (aus dem Englischen von Brigitte Hilzensauer), Paul Zsolnay Verlag

„Ein wahres Unikat“

Ein halbes Jahrhundert lang war die Grenze zwischen Bulgarien, Griechenland und der Türkei der südlichste Abschnitt des Eisernen Vorhangs in Europa: eine tödliche „von den Armeen dreier Länder verdunkelte, bewaldete Berliner Mauer“. Heute versperren neue hohe Drahtzäune dort Flüchtlingen aus dem Nahen Osten den Überlebensweg nach Europa.

Das Buch zeigt, was von dieser uralten Brücke alltäglicher menschlicher Lebensströme zwischen Ost und West geblieben ist. Es bietet eine einzigartig anschauliche Vorstellung des Balkans und seines südöstlichen Grenzgebiets. Und es fesselt noch aus einem anderen Grunde ungemein: Über diese Region hat man nämlich bisher so gut wie gar nichts lesen, sehen und hören können. Sie scheint gleichsam außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung und Interessen zu liegen, die letzte „terra incognita“ Europas – obwohl sie offenbar eine der interessantesten und in ihrer urtümlichen Natur schönsten ist.

„Die besondere Glaubwürdigkeit der Autorin“

Kapka Kassabova wurde 1973 in Sofia geboren. Heute ist sie im schottischen Hochland zu Hause und schreibt auf Englisch. Aber 25 Jahre nach der Wende, als sie Bulgarien mit ihren Eltern verließ, wollte sie wissen, wie es in ihrer ursprünglichen Heimat gewesen war. „Ich wollte die verbotenen Orte meiner Kindheit sehen, die ehemals militarisierten Grenzdörfer und –städte, Flüsse und Wälder, die zwei Generationen lang unzugänglich gewesen waren.“

Kapka Kassabova wollte die Menschen kennenlernen, die – oft vereinzelt – unter schwierigsten Lebensbedingungen in der Heimat geblieben waren, von der Geschichte übergangen und vergessen, ohne irgendwelche Beachtung seitens der Großstádt-Eliten oder gar einer Nothilfe von der bulgarischen Regierung und der EU. „Ich verspürte einen Hunger, in die Gesichter derjenigen zu schauen, die dort sind, ihre Geschichten zu hören, mit ihnen zu essen, neue Wörter zu lernen. Was braucht es, um in einem so sehr von alten und modernen Mythen durchdrungenen, derart psychologisch aufgeladenen Grenzland zu leben?“

Und so hat sie dieses Buch auch geschrieben: gänzlich ohne Interviews mit Amts- und beamteten Wissensträgern, ohne einen einzigen Rückgriff auf Regierungs- „Quellen“ und Auslassungen von fern gelegenen „Zentren“. Sie erzählt nur, was sie persönlich beobachtet und verifiziert, was sie aus dem Blickwinkel der einfachen Leute sieht, die sie trifft, aus ihrem Munde hört, mit ihnen wahrnimmt und mit ihnen gemeinsam erlebt. Authentischer geht‘s nicht.

Und weil hier eine junge Frau allein übers Land zieht, ist’s überdies ein Abenteuer-und Mut-Buch ganz besonderer Art. Kapka Kassabova vereint den scharfen Blick einer kritischen Reporterin mit der sprachlichen Gestaltungskraft einer Dichterin und einem hohem menschlichen Engagement. Für mich gehört Die letzte Grenze zu den großen, bedeutenden Werken der modernen Reiseschriftstellerei.
(P.S. ich habe bereits sieben Exemplare als ideales Weihnachtsgeschenk für Freunde vorgemerkt.)

Beim Paul Zsolnay Verlag, Prinz-Eugen-Straße 30, A-1040 Wien, stehen für interessierte SortimenterInnen (gratis) fünfzehn Lese-Exemplare bereit. Zum Verkauf an speziell interessierte bzw. motivierte Kunden/Leser im unabhängigen Sortiment hat die Autorin drei Exemplare ihres Buches signiert. Die Auswahl erfolgt per Los unter den ersten hundert Anmeldungen, die bitte per email zu richten sind an peter.guttmann@zsolnay.at.

Gerhard Beckmann

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