Bücher, die sich mit Depressionen, mit Burn Out, aber auch mit Gegenstrategien wie Resilienz und Achtsamkeit auseinandersetzen „Den schwarzen Hund besiegen“

Im Oktober-BuchMarkt ging es im Special Medizin, Gesundheit, Psychologie u.a. um die Themen „Volkskrankheit Schmerz“ (ab Seite 70) und Demenz (ab Seite 74). Doch auch Depressionen und Burn Out spielen heute eine immer größere Rolle. Unser freier Autor Carsten Tergast hat sich mit dem Thema beschäftigt.

Wir scheinen den Ausschalter für das Hamsterrad nicht mehr zu finden. Alles dreht sich immer schneller und mündet für immer mehr Menschen in Burn Out und Depressionen. Auch aktuell gibt der Buchmarkt wieder eine Menge Titel her, sie sich mit Ursachen, Behandlung und dem wichtigen Thema Resilienz beschäftigen. Ein Überblick

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Als Matthew Johnstone vor über zehn Jahren sein Buch Mein schwarzer Hund. Wie ich meine Depression an die Leine legte veröffentlichte, schien das Thema Depressionen auch in Deutschland eine größere Öffentlichkeit zu erreichen. Die Tabuisierung war damit jedoch noch lange nicht gesprengt, erst langsam begannen Menschen öffentlich über die schambesetzte Krankheit zu sprechen, und auch der Suizid des bekannten Fußballers Robert Enke trug dazu bei, dem Thema breitere Aufmerksamkeit zu verschaffen.

Mittlerweile gibt es eine Flut von Büchern, die sich mit Depressionen, mit Burn Out, aber auch mit Gegenstrategien wie Resilienz und Achtsamkeit auseinandersetzen. Neben ganz nüchternen Titeln rufen andere hingegen ihre Botschaft direkt vom Buchdeckel in die Welt. Arsch hoch beginnt im Kopf (Ariston) von Ulrich G. Strunz ist so ein Buch, das laut Untertitel mit der Kraft des Denkens unser Leben verändern soll. Das ist natürlich alles oft nicht so einfach, wie es klingt, aber aufgeben ist eben auch keine Option.

Wer sich zunächst mal allgemeiner informieren möchte, kann zu Klaus Bernhardts Depressionen und Burnout loswerden (Ariston) greifen, in dem die Entstehung und Bekämpfung des Seelenunheils von mehreren Seiten beleuchtet wird. Natürlich gibt es bereits ähnliche Bücher, doch lohnt sich die Lektüre, weil hier recht schnörkellos erzählt wird, worum es geht.

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Dass die Entstehung von psychischen Problemen und Krankheiten nicht nur vom täglichen Kampf und den damit einhergehenden Überforderungen ausgelöst wird, beschreibt Mirriam Prieß in Burn-out kommt nicht nur von Stress, und wer die in diesem Buch beschriebenen Auswege noch genauer erklärt haben möchte, kann zur selben Autorin greifen und ihr Buch Resilienz (Goldmann) lesen, das „Widerstandskraft und innere Stärke“ thematisiert.

Überhaupt, Resilienz … Eines der großen Themen der Zeit, ein Begriff, der ursprünglich aus dem technischen Bereich kommt und die Widerstandsfähigkeit bestimmter Materialien beschreibt, seit geraumer Zeit aber Eingang in die Psychologie gefunden hat. Resiliente Menschen erkranken seltener an Depressionen und sind besser vor einem Burn-Out geschützt. Auch Dr. Christian Stock thematisiert das in seinem Buch gleichen Titels, Resilienz (Trias), das im Untertitel auch gleich das zweite wichtige Schlagwort mitliefert: Mit Achtsamkeit zu mehr innerer Stärke.

Achtsamkeit, also der sensible Blick auf die eigenen Bedürfnisse, ist in vielen Titeln Thema, vor allem auch in Catherine BlythZeit genießen, mit dem in der Edition Olms eine neue Reihe gestartet wird, die sich mit starken visuellen Anteilen nicht zuletzt auch in einer ganz anderen Optik versucht als viele andere Ratgeber und Sachbücher.

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Letzteres gilt allerdings in hohem Maße auch für Burn-Out (Patmos) von Maaike Hartjes, in dem das ernste Thema auf fast spielerische, jedoch trotzdem angemessene Art und Weise verarbeitet wird. Hartjes ist Comiczeichnerin und erläutert die Hintergründe ihres Burn-Outs und ihrer Gegenstrategien mit ihren ureigenen Stilmitteln in Form einer Mischung aus Comic und Collage.

Ausnahmslos alle Titel setzen auf die positive Botschaft der möglichen Heilung, Mischa Miltenberger formuliert das im Untertitel seines Buches mit dem schönen Titel Mut ist Angst plus ein Schritt (humboldt) so: „Auf Panikattacken und Depressionen steht nicht lebenslänglich!“ Angst ist ein gutes Stichwort, das in diesem thematischen Umfeld auch immer eine große Rolle spielt. Hans Morschitzky schreibt darüber, Wenn Angst das Leben bestimmt (Patmos), eine Erfahrung, die viele Menschen mit Angststörungen machen. Angst ist ein Gefühl, und laut Albrecht Hempel in Gesundheit ist auch Gefühlssache (Zabert Sandmann) eins der wichtigsten überhaupt. Hempel schreibt unter anderem über die Wandlung schwieriger Gefühle wie Mut in angenehme wie Lebenskraft, die andere Seite der Wut, und liefert damit ebenfalls einen interessanten Beitrag zu Fragen der Resilienz und Achtsamkeit.

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Doch Resilienz ist nicht alles, eine Depression berührt auch immer die großen Fragen des Lebens, und welche könnte größer sein, als die nach dem Sinn dieses Lebens, dass da gerade komplett aus der Bahn zu gleiten scheint. Da trifft es sich gut, dass der klassische Text des Wiener Psychiaters Victor E. Frankl Über den Sinn des Lebens (Patmos) jetzt in einer Neuauflage erhältlich ist. Frankls Leben als Weiterentwickler der Theorien von Sigmund Freud und Alfred Adler sowie als Holocaust-Überlebender bilden die Folie für eine profunde Theorie darüber, wie es immer weitergehen kann. So etwas kann helfen, wenn das Leben im Leerlauf (Beltz) ist, wie das Buch von Birgit Langebartels heißt. Die Autorin will helfen, „die Logik der Depression“ zu verstehen, um darauf aufbauend Auswege zu zeigen.

Einer dieser Auswege ist ganz sicher das Gespür für sich selbst, für die eigenen Bedürfnisse. Liebe dich selbst (dtv) sagt dementsprechend Fabrice Midal, das ist der Weg zum Glück, denn wie sollen andere dich lieben, wenn Du es nicht mal selbst kannst? Eine ähnliche Stoßrichtung hat Christina Berndts neues Buch, das Ende des Jahres erscheinen wird. Unter dem akademisch klingenden Titel Individuation (dtv) geht es darum, „Wie wir werden, wer wir sein wollen“, also auch hier zunächst mal der Blick auf die eigenen Bedürfnisse, so dass die Erfüllung von außen sich von alleine einstellt.

Dass Depressionen auch geschlechtsspezifische Ausprägungen haben können, ist Thema in Kelly Brogans Die Wahrheit über weibliche Depression (Goldmann), während es in Jens Försters Der kleine Krisenkiller (Knaur) eher um eine tour de force durch „schwierige Lebenssituationen“ geht, die indes recht unterhaltsam geschrieben ist.

Unterhaltsam ist indes auch Der Nobelpreisträger, der im Wald einen höflichen Waschbären traf (Hirzel) von Monika Niehaus. Nicht das klassische Buch über Depressionen, aber ein Blick auf die ungewöhnlichsten Dinge, die unsere Psyche hervorbringen kann und damit vielleicht auch eine Entlastung, wenn die eigene Psyche gerade mal wieder zu spinnen scheint.

Ebenfalls thematisch randständig, aber trotzdem erhellend zu den Umständen und Ursachen von Depression und Burn-Out ist Vivien Sucherts Das vermessene Ich (Ecowin), in dem die Autorin darüber schreibt, wie wir uns durch ständigen Optimierungswahn von uns selbst entfernen.

Viele, viele Ansätze also, um sich des schwarzen Hundes zu erwehren und mit sich selbst ins Reine zu kommen. Wenn am Ende einer davon hilft, ist ein Menschenleben gerettet, und das ist ja nicht das Geringste.

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