"Groteske oder Schelmenroman? Auf jeden Fall ein Meisterwerk" Berlin: Knaus-Buchpremiere mit Peter Keglevic

Eine doppelte Premiere gestern Abend in Berlin. Zum ersten Mal las der Filmregisseur und Grimme-Preisträger Peter Keglevic aus seinem ersten Roman Ich war Hitlers Trauzeuge, der am Montag im Knaus Verlag erscheint. Die autorenbuchhandlung bot eine schöne Kulisse für die Lesung und das anschließende Gespräch mit Jörg Thadeusz.

Wolfgang Ferchl, Peter Keglevic, Christian Dunker

Buchhändler Christian Dunker begrüßte an die 70 geladene Gäste und stellte den gebürtigen Salzburger Peter Keglevic vor, der sich zunächst zum Buchhändler ausbilden ließ, bevor er als Filmregisseur reüssierte. Mehrfach ausgezeichnet wurde beispielsweise seine TV-Verfilmung der Entführung von Richard Oetker unter dem Titel Der Tanz mit dem Teufel mit dem Schauspieler Sebastian Koch.

Über 20 Jahre lang habe Keglevic für seinen 600 Seiten starken Roman recherchiert, den Christian Dunker auch jungen Erwachsenen ans Herz legte. „Das Buch gehört unter jede besser geführte Weihnachtstanne.“

Ich war Hitlers Trauzeuge führt die Leser ins Frühjahr 1945 und erzählt die Geschichte des untergetauchten Berliner Juden Harry Freudenthal, alias Paul Renner, der dank Leni Riefenstahl in den Pulk der Läufer für den Volkslauf „Wir laufen für den Führer“ gerät, 1000 Kilometer in 20 Etappen durch das Tausendjährige Reich. Der Lauf von Berchtesgaden nach Berlin führt Freudenthal schließlich bis in den Führerbunker.

Peter Keglevic, Jörg Thadeusz

Was ist in diesem Roman Wahrheit? Was Fiktion? Verleger Wolfgang Ferchl sprach von „alternativer Geschichtsschreibung“ und „Groteske“. „Die wunderbare Mischung aus Fakten und Dichtung ist die große Kunst des Buches“, sagte er und verwies auch auf das Hörbuch, das – gelesen von Matthias Koeberlin und Hanns Zischler – ebenfalls am Montag in den Handel kommt (Der Hörverlag).

Im Gespräch mit Jörg Thadeusz erfuhr das Publikum, wie viel Arbeit in Keglevics Roman steckt. „Ich bin ein ganz methodischer Arbeiter“, sagte der Autor, der viele historische Details eingebaut hat. Bei seinen Recherchen hat er nicht nur in Archiven gewühlt, er sei auch die Route des Laufs abgefahren und teils zu Fuß abgelaufen, so Keglevic.

Jörg Tadeusz hat das Buch streckenweise wie einen Abenteuerroman gelesen. Aber in welches Genre ist das Buch einzuordnen? Sei es ein Schelmenroman? Das Wort Schelm gefalle ihm; er denke dabei an Grimmelshausen, sagte Keglevic. „Harry ist ein wiederauferstandener Simplicissimus. Er ist ein Schelm, der wie Parzival durch die Welt läuft, auf der ewigen Suche nach dem Gral.“

„Ein toller Start für ein Meisterwerk“, urteilte Jörg Thadeusz am Ende des Abends. Dem stimmte das Publikum mit lang anhaltendem Beifall zu.

ml

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