Marjaleena Lembcke, Wir bleiben nicht lange, Nagel & Kimche
Schon der Titel ist genial, trifft aufs ganze Leben zu. Und über den Endkampf habe ich noch nie so nachvollziehbar realitätsnah gelesen. Es erscheint autobiografisch. Sie besucht die krebskranke Schwester, ihre Familiengeschichte kommt beiläufig ans Licht. Man staunt oder auch nicht, wieviel Tod und Leid darin vorkommen – tatsächlich, denke ich, in unserer Familie ja auch. Hat es manchmal mit dem Charakter zu tun, oder sind Finnen besonders deprimiert? Was Glück eigentlich bedeutet, kann man sich hier ständig fragen. Ihr verknappter Stil meidet jede Sentimentalität und offenbart doch so viel Allgemeingültiges. Wenn man das Buch noch einmal liest, merkt man erst richtig, wie doppelbödig seine Einfachheit ist. Auch ihre wunderbaren Jugendbücher zeichneten sich dadurch aus. Sie hebt nie den moralischen Zeigefinger. Dass sie in einer mormonischen Familie aufgewachsen ist, was eine kleine Episode nahelegt, wusste ich nicht. Welche Lebenserfahrung! (188 S., 19,90 Euro)
Arthur Koestler, Diebe in der Nacht, Europa
1946 erschienen, frisch wie damals: eine durchaus auch intellektuelle Auseinandersetzung mit der Besiedlung Palästinas durch Juden 1937-39. Die historischen Tatsachen werden an den Mitgliedern einer Kibbuz-Gründung in einem spannenden Roman festgemacht, die ganze Atmosphäre jener Zeit und der fundamentale Unterschied zweier Lebensarten, der arabischen und der europäisch geprägten jüdischen, kommen zum Ausdruck. Es ist sehr spannend zu lesen und lässt ahnen, wie sehr die ständige Gewalt in all den Jahren bis heute den Staat Israel beeinflusst hat. Koestlers Kenntnisse rühren aus eigener Erfahrung in einem Kibbuz, aber er stellt die lokalen Ereignisse auch in einen internationalen Zusammenhang. Er war als Journalist und als Schriftsteller ein herausragendes Talent. Schade, dass dieser Epochenroman nicht im Hardcover erschienen ist. (479 S., 18,99 Euro)