Wie drei Frauen in Berlin aktiv Leseförderung betreiben

Regine Bruckmann, Stefanie Ecker, Birgit Birgit Murke (v.l.n.r.)

Leseglück ist teilbar und mitteilbar“ – davon sind die Berliner Leseratten überzeugt. Während andere noch unter dem PISA-Schock standen, handelten Regine Bruckmann, Stefanie Ecker und Birgit Murke. Die Journalistin, die Verlagskauffrau und die Literaturwissenschaftlerin haben selbst Kinder und kennen den Schulalltag. „Wir haben erfahren, wie Leseförderung heute in der Schule funktioniert – oder eben nicht funktioniert“, sagt Regine Bruckmann. Das brachte die drei Frauen auf die Idee, im März 2003 den Verein Berliner Leseratten zu gründen.

„Kinder lernen in der Schule lesen – das ist eine Binsenweisheit, die heute leider so nicht mehr stimmt“, lautet ihre Überzeugung. „Die Lehrer stoßen immer wieder an ihre Grenzen, wenn es um die Aufgabe geht, gezielte Leseförderung im Unterricht zu leisten.“ Hier setzt das Team an und bietet Grundschulen und weiterführenden Schulen Leseförderungsmodelle für Kinder und Jugendliche an. Erklärtes Ziel: „Wir wollen Hemmschwellen abbauen und die Lust am Lesen durch einen spielerischen Umgang mit literarischen Texten wecken. Jedes Kind soll irgendwann die Erfahrung machen, beim Lesen alles andere um sich herum zu
vergessen.“

Zunächst hieß es für die drei Frauen „Klinken putzen“. Sie gingen von Schule zu Schule und stellten ihr Projekt vor. Hierzu gehören Autorenlesungen ebenso wie literarische Projekttage. Rund um das Buch wird dann – fächerübergreifend – mit den Kindern und Jugendlichen geschrieben, gemalt, gebastelt und gespielt. Besuche von Museen und Theatern stehen auf dem Programm und Spaziergänge zu Originalschauplätzen.
Darüber hinaus bieten die Leseratten Schulen einen „Club der Leseratten“ bzw. ab der 7. Klasse eine Literatur-AG an. Die Schüler treffen sich regelmäßig, tauschen Leseerfahrungen aus, erstellen Bestenlisten. Ihre Lesetipps werden demnächst im Internet unter www.berliner-leseratten.de abrufbar sein. Die Schulen sind dankbar für das Angebot. „Wir waren selbst überrascht von der Resonanz. Und inzwischen haben uns Lehrer bestätigt, dass unsere Arbeit bereits Früchte trägt.“

Von Anfang an unterstützten die Verlage das ehrgeizige Projekt, auch mit Buchhandlungen könnten sich die Leseratten eine Kooperation vorstellen: Der Buchhändler versorgt die Schüler mit Lesestoff und erhält dafür vom Leseclub Empfehlungen, die er an seine Kunden weitergeben kann. Inzwischen wurde sogar die Lokalpresse auf die Berliner Leseratten aufmerksam. Der Tagesspiegel veröffentlichte auf seiner Kinderseite Kritiken, geschrieben von Mitgliedern eines Leseclubs. Und die Teilnehmer einer Literatur-AG bewerben sich um einen Sitz in der Jugendlichen-Jury für den Deutschen Jugendliteraturpreis.

Um die Lust am Lesen ging es auch beim ersten Berliner Leserattenfest, zu dem im November so prominente Autoren wie Alexa Hennig von Lange, Zoran Drvenkar und Andreas Steinhöfel kamen. Die Schüler waren ebenso begeistert wie die Autoren, die für die gute Sache auf ihr Honorar verzichteten. „Noch verdienen wir selbst nichts an dem Projekt“, sagen die engagierten Frauen, „dafür müssten sich erst noch Sponsoren finden. Sachmittel sind relativ leicht zu bekommen, aber Gelder…“ Immerhin, die Finanzierung der Schullesungen, z.B. mit Eoin Colfer, haben sie stets hinbekommen. Meist springt der Förderverein der Schule ein oder jeder Schüler zahlt ein, zwei Euro.

Margit Lesemann

Kontakt: Regine Bruckmann, Drakestr. 42,
12205 Berlin, Tel. 030/8345733

BuchMarkt 1/2004

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