Till Tolkemitt fordert Rücktritt der Weltbild-Geschäftsführung wegen „Programmzensur“

Der Ton wird schärfer: Rogner & Bernhard-Verleger Till Tolkemitt protestiert zum wiederholten Male gegen die Auslistung des Aufklärungs-Ratgebers Make Love durch Weltbild [mehr…]. Bizarr findet er den gleichzeitigen ungehinderten Vertrieb der „SM-Schmonzette“ Shades of Grey durch Weltbild. Tolkemitt wirft der Katholischen Kirche und „Programmzensur“ vor und fordert den Rücktritt der Weltbild-Geschäftsführung.

Die Stellungnahme Tolkemitts im Wortlaut:

„Make Love“, von Ann-Marlene Henning und Tina Bremer-Olszewski, kann Kinder und Jugendliche „negativ beeinträchtigen“, ist die Antwort der Weltbild-Sprecherin Eva Großkinsky auf einen Aufruf von Rogner & Bernhard Verleger Till Tolkemitt, das Aufklärungsbuch nicht auf den Programm-Index zu setzen. Die katholische Verlagsgruppe Weltbild, die der zweitgrößte Buchhändler des Landes ist, erklärt weiter: „Exemplarisch hierfür ist ein verharmlosender Umgang mit dem Thema Abtreibung.“ In der Süddeutschen Zeitung konstatiert zudem heute Rowitha Budeus-Budde, dass das Buch nichts für „anständige Katholiken“ sei.

Hierzu nimmt der Verlag wie folgt Stellung:

Ein Aufklärungsbuch muss notwendigerweise einen starken Realitätsbezug haben, es darf eben nicht ideologisch sein. Es darf nicht sagen: Du darfst nicht dies oder das machen. Denn dies oder das wird eben gemacht (auch von Katholiken) und es ist die vornehmste Aufgabe eines solchen Buches, die Dinge zu erklären, hinter denen zwar alle her sind, über die aber zu wenig gesprochen wird. Auch katholischen Mädchen, die ungewollt schwanger werden – und die gibt es! – stellt sich die Frage: was tun? Und welche Möglichkeiten es da jenseits der starren Antwort der katholischen Kirche gibt, steht im Buch, wiederholt mit dem Hinweis, dass Abtreibung KEINE Verhütungsmethode ist und nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollte. Das, was über Abtreibung in „Make Love“ steht, ist gesellschaftlicher Konsens.

Tolkemitt: „Nicht-Aufklärung und das Nicht-Ansprechen von Dingen, diese realitätsverweigernde Haltung des Konzerns und der dahinter stehenden katholischen Kirche ist ein Armutszeugnis. Man kommt beim Thema Sex und katholische Kirche nicht umhin, etwas zu schmunzeln, ist diese Organisation doch ein vor allem von alten Männern dominierter Verein, die noch niemals Sex hatten. Es sollte der Kirche klar sein, dass Aufklärung Kinder und Jugendliche vor Missbrauch schützt, weil sie hilft, Grenzen besser zu erkennen und eine eigene sexuelle Persönlichkeit zu entwickeln, die „nein“ sagen kann. Die Erklärung, dass ein Aufklärungsbuch „Kinder und Jugendliche negativ beeinträchtigen“ könne, ist anachronistisch, realitätsfremd und traurig-bizarr. Dass Weltbild geichzeitig S/M-Schmonzetten wie „Shades of Grey“ verkauft, die ein fragwürdiges Frauenbild präsentieren, zeigt: Die katholische Kirche schwimmt in ihren Werturteilen und wird ihrer gesellschaftlichen Rolle nicht mehr gerecht. Die Geschäftsführung der Verlagsgruppe Weltbild sollte Konsequenzen daraus ziehen und zurücktreten. Die Gesellschafter des Unternehmens und ihre bischöflichen Vertreter sollten die Programmzensur beenden und besonders vor dem Hintergrund der Missbrauchskandale der letzten Jahre „Make Love“ ihren Kunden anbieten. Weltbild sollte entweder liberal geführt werden oder neue Gesellschafter erhalten. Wozu braucht die katholische Kirche eigentlich Milliardenunternehmen?“

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