… Reiseführer-Verleger Michael Müller

Seit 35 Jahren veröffentlicht der Michael Müller Verlag „Reisebücher von Reisenden für Reisende“. Jetzt, im Jubiläumsjahr, ist die 21. Auflage des Verlagsklassikers „Portugal“ erschienen – das allererste Reisehandbuch im neu gegründeten Verlag, damals wie heute von Verleger Michael Müller selbst recherchiert und geschrieben.

Dabei war die erste Auflage der Portugal-Reisetipps von 1979, die man gegen Voreinsendung eines Schecks über 11,80 DM oder gegen Überweisung auf ein Postscheckkonto beziehen konnte, zunächst kein richtiger Knaller. Deshalb belud Michael Müller seinen VW Käfer mit Büchern und tingelte von Buchhandlung zu Buchhandlung: „Die meisten wollten lediglich auf Kommission beliefert werden, und ich glaube, ich wurde mit meinem Schreibmaschinenlayout nicht richtig ernst genommen.“

„35 Jahre Reisebücher von Reisenden für Reisende“: Michael Müller mit der ersten (l.) und der 21. Auflage seines Portugal-Guides

Seinen ersten Großkunden versorgt der gebürtige Ebermannstädter noch immer: die Geobuchhandlung Dr. Götze in Hamburg, die gleich 50 Exemplare abnahm. Nach einem Jahr waren 2.000 Portugal-Bücher verkauft. Ein Impuls, um die roten Zahlen auf dem Bankkonto zu ignorieren!

Die Bücher entstanden im „Wohnbüro“ des Verlegers auf einer „Triumph-Adler“, einer elektronischen Kugelkopfschreibmaschine, die einige Texthappen speichern konnte. Recherchiert wurde dort, wo die Reise stattfand. „Mein Budget war extrem klein“, erzählt der fränkische Verleger, der eigentlich Kraftfahrzeug-Mechaniker gelernt hatte, aus seiner Anfangszeit. „Eigentlich wollte ich per Anhalter nach Portugal fahren. Aber nach zwei Tagen mit dem Daumen habe ich es nur bis Lyon geschafft und mir dann ein Zugticket gekauft.“ Unterwegs war der junge Verleger meist mit dem Bus, ein Unding, wenn man in etwas abgelegeneren Regionen recherchieren oder Strände besuchen wollte.

Dieses „slow travelling“ kam den Büchern wiederum sehr zugute. Die Abschnitte zur Anreise fielen 20 Jahre vor dem World Wide Web geradezu episch aus. Selbst unter der Rubrik „Trampen“ findet man launige Hinweise: „Lohnt sich bis zur spanischen Grenze, aber nicht weiter, da die Spanier nur ungern einen Fremden in ihren Wagen steigen lassen.“ Gewertet wurde, wenn es um Kulinarik ging. Zum Restaurant Togi in Carvoeiro schrieb Michael Müller: „Es gibt portugiesische und französische Spezialitäten. Preise sind so saftig wie die Steaks.“ Immerhin, in der nahe gelegenen Kneipe Lo Maximo wäre der Milchkaffee zwar „dünn“, doch „die Musik gut (Pink Floyd)“.

Nicht nur wegen solcher Verweise lesen sich viele Auszüge des Verlagserstlings wie aus einer vergessenen Zeit. Ein kleiner Tipp für die „Diskotheken“ in Porto: „Wenn ohne Freundin unterwegs, ist es besser, aus den letztgenannten Kneipen eine nette Portugiesin zum Tanzen mitzunehmen, denn ohne weibliche Begleitung wird man vielleicht nicht hineingelassen.“ Sogar die Piktogramme und Zeichnungen, die anstatt Fotos zu sehen waren, galten bald als kultig. Ganz gleich, ob es sich um einen „portugiesischen Beachboy“ (1. Auflage 1979, S. 116), an Loriot-Figuren orientierte Kellner, eine schummrige Gasse im Lissabonner Nachtleben oder eine hübsche Badenixe zum Rio Cávado handelte.

Aus einem Buch wurden 225 Titel, darunter City- und Wanderführer samt E-Books und Reise-Apps. Seit 2012 gibt der Verlag die in Sachen Umsatz zweitstärkste Reisebuchreihe heraus. Ehrliche „Reisebücher von Reisenden für Reisende“ sind es geblieben.

Und „Portugal“? Das Urwerk mit seinen gerade mal 133 Seiten kommt inzwischen auf fulminante 816 Seiten. 2014 erschien die 21. Auflage, komplett in Farbe, noch immer vom Verleger selbst verfasst. Irgendwie auch ein Geburtstagsgeschenk zum 35-jährigen Verlagsjubiläum.

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