Peter Haag (Kein & Aber) antwortet Galina Dursthoff in Sachen Wenedikt Jerofejew vom 27.9.

Öffentlicher Brief an die Literaturagentin Galina Dursthoff [mehr…]

Sehr geehrte Frau Dursthoff,

seit Erscheinen der Neuübersetzung von Venedikt Erofeevs Moskau-Petuški bei Kein & Aber spazieren Sie unermüdlich in der Presselandschaft umher und behaupten, dass diese Neuausgabe unrechtens sei. Sie behaupten weiter, dass Albin Michel in Paris keinen gültigen Autorenvertrag mit Venedikt Erofeev besitze und stellen damit auch die rechtliche Legitimation der deutschen Rechte bei Piper in Frage. Weiter streuen Sie das Gerücht, Albin Michel hätte nie mit dem Autor abgerechnet, ihm keine Bücher geschickt und zu guter Letzt, es würde eine „autorisierte“ Textversion geben, die sich durch 1’862 Abweichungen (vor zwei Tagen waren es lt. Gerhard Beckmann noch 1’218) von der Textfassung bei Albin Michel unterscheiden würde und über deren Rechte einzig Sie als Vertreterin der angeblichen Erbin, der Schwiegertocher Galina Jerofejewa, zu verfügen hätten (allerdings liegt uns hier ebenfalls kein Erbnachweis vor).

Das alles behaupten Sie, ohne auch nur einen einzigen Beweis für diese Anschuldigungen erbringen zu können. Gegenbeweise liegen jedoch vor. Aber gehen wir die Dinge doch der Reihe nach an.

Uns liegen von Albin Michel Unterlagen vor, die eindeutig das Einverständnis und die Zufriedenheit von Venedikt Erofeev mit der Publikation bei Albin Michel belegen. Uns liegen auch Papiere vor, die beweisen, dass mit dem Autor korrekt abgerechnet wurde. Wenn Sie diese Dinge bezweifeln und sich mit Albin Michel gerichtlich auseinandersetzen wollen, dann tun Sie das bitte auch, anstatt dauernd zu behaupten ein Verfahren wäre in Gang. Bis jetzt war nämlich noch niemand in Paris vor Gericht. Und wenn das dann mal wahr werden sollte, warten Sie doch diese Entscheidung erst ab, bevor Sie öffentlich lauthals mit Unterstützung des Ammann Verlags Albin Michel kriminalisieren. Sich heute derart rechthaberisch über die bleierne Zeit für dissidente Sowjetdichter auszulassen, ist zynisch. Venedikt Erofeev war glücklich, dass sein Buch im Westen erscheinen konnte.

Dass die Verlage Piper und Kein & Aber vollständig korrekte Verträge vorweisen können, die auch ordentlich abgerechnet werden, ist eine Selbstverständlichkeit und hier gar nicht der Rede wert.

Weil ich seit 8 Jahren den Autor als Hörbuch mit Harry Rowohlt und Robert Gernhardt im Programm habe und mit der Übersetzung nie so richtig glücklich war, bat ich Sie vor drei Jahren auf der Frankfurter Buchmesse, sich doch mal um den Autor Venedikt Erofeev zu kümmern. Nicht nur um Moskau-Petuški, sondern um das gesamte Werk. Und kurz darauf habe ich Ihnen auch den Vorschlag gemacht, sich für eine Neuübersetzung doch mit Albin Michel und dem Piper Verlag ins Benehmen zu setzen, aber nicht gerichtlich. Sie aber schrieben, dass Sie mit Piper gar nicht reden wollen.

Als Sie dann bemerkt haben, dass es mit dem Rechtezurückfordern doch etwas schwieriger werden könnte, kamen Sie wohl auf die trickige Idee mit der angeblich „autorisierten Fassung“. Diese boten Sie dann mir und dem Ammann Verlag an und versuchten – unter der Vorspiegelung, es würde sich dabei um ein völlig anderes Werk handeln – die Verlage gegenseitig auszuspielen.

Von anderen Verlagen, die ich überboten haben soll, weiß ich gar nichts, auch das sind Märchen. Sie schlossen dann mit dem Ammann Verlag ab, weil der Ihnen zusätzlich zum Geld noch „Rechtshilfe“ angeboten habe. Ich fragte Sie schon damals, warum Rechtshilfe Frau Dursthoff, wenn Sie diese Rechte doch haben, anbieten und verkaufen wollen?

Die mir von Ihnen zugeschickte angeblich „autorisierte Fassung“ ließ ich umgehend von Fachmann Peter Urban begutachten. Sein Urteil war niederschmetternd, denn es handelte sich lediglich um einen Korrekturabzug mit zumeist orthographischen Korrekturen und einigen Änderungen von Possessivpronomen, jedoch keinen substantiellen Änderungen. Selbstverständlich bin ich froh, dass wir Ihnen seinerzeit nicht auf den Leim gekrochen sind und für diese Mogelpackung auch noch Geld bezahlt hätten.

Abgesehen davon, lassen Sie auch das geltende deutsche Verlagsrecht völlig außer Acht, welches den Verleger vor Konkurrenzverletzungen schützt. Von inhaltlichen Unterschieden zwischen den bislang tradierten Texten und dieser „autorisierten Fassung“ kann aber keine Rede sein. Und Rechtschreibkorrekturen lassen sich nicht urheberrechtlich schützen. Wäre Ihnen das Wohl des Autors nämlich wirklich ein Anliegen, dann hätten Sie sich mit Albin Michel und Piper verständigt und würden nicht – wohlbemerkt bevor überhaupt ein Prozess in Gang ist, geschweige denn ein Urteil in Paris vorliegt – bereits Rechte verkaufen und Kasse machen. Dann hätten Sie mir auch nicht geschrieben, der Piper Verlag soll seine Ausgabe weiterverkaufen, während ein anderer Verlag, wie jetzt Ammann, Ihre angeblich „autorisierte Fassung“ herausbringt. Das geht schon rein rechtlich nicht.

Richtig dick kommt’s aber erst noch. Nachdem Sie der Presse verkündet hatten, Kein & Aber habe die von Ihnen stammende „autorisierte Fassung“ als Vorlage für die Neuübersetzung benützt und damit „geraubt“ (was sowieso und nachweisbar ein kompletter Unsinn ist), behaupten Sie jetzt in Ihrer BuchMarkt-Erklärung unter Punkt 8, dass Sie Kein & Aber sowieso nur eine korrigierte Form der israelischen Ami-Zeitschrift-Ausgabe (Vorlage für Albin Michel) geschickt hätten.

Ja was denn jetzt, Frau Dursthoff? Könnten Sie sich bitte mit sich selbst auf eine Behauptung einigen? Rauben oder benützen kann man nur, was man kennt und gesehen hat. Damit ist auch Ihre Raubdruck-Beschuldigung eine Farce und eine Unterstellung. Sie rechnen offenbar damit, dass Sie durch Erzeugung von Verwirrung und Verbreitung von Ammenmärchen glaubwürdig erscheinen. Das ist ein Irrtum.

Als nächsten Streich haben Sie sich Daniil Charms ausgesucht und attackieren jetzt damit die seriösen Verlage Friedenauer Presse (Katharina Wagenbach), Verlag der Autoren, Reclam und Bajazzo, indem Sie drohen, dass die Sache „in der Öffentlichkeit jederzeit zu einem literarischen Skandal werden kann“.

Ja ja, das stimmt, dafür werden Sie sorgen, das haben Sie ja bereits schon vorexerziert, wie man das macht, wie man verleumdet und hetzt. Ganz nach dem Grundsatz, einem angeblichen Anspruch durch publizistische Mittel Nachdruck verleihen zu wollen. Dass Sie dabei auf willige Journalisten treffen, die sich eine mühselige Recherche auch ganz gerne ersparen, konnte ich in letzter Zeit beobachten. Herr Beckmann, der an dieser Stelle einen ganz besonders ausgefeilten Unfug darüber schrieb, wähnte sich ob Ihrer Instrumentalisierungskünste sogar im Besitz der absoluten Wahrheit und musste dann eine Unterlassungserklärung unterschreiben, weil er keine der Behauptungen auch nur annähernd beweisen kann. Aber auch in der Charms-Angelegenheit fehlt Ihrerseits jede Legitimation. Trotz wiederholten Aufforderung der Anwälte, konnten sie bis heute keine Erbnachweise beibringen.

Was Sie veranstalten, Frau Dursthoff, ist unappetitlich, was man schon daran erkennen kann, wie Sie meine Geschäftskorrespondenzen in der Welt rumschicken. Manch einer Ihrer Geschäftspartner von heute darf sich schon freuen, seine Korrespondenz womöglich morgen veröffentlicht zu sehen. Sie werden alle Anschuldigungen und Verleumdungen beweisen müssen, was Ihnen nicht gelingen wird. Auf Sie warten beträchtliche Schadensersatzansprüche.

Peter Haag
Kein & Aber Verlag
30. September 2005

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