Offizielle Rücktrittserklärung von Dr. Anton Hilscher

Nach den Meldungen über den Rücktritt von Dr. Anton Hilscher als Präsident des Hauptverbandes des österreichischen Buchhandels erreicht uns nun die offizielle Rücktrittserklärung, die Hilscher gestern auf der Hauptvorstandssitzung abgegeben hat. Wir dokumentieren diese hier auf BuchMarkt-Online im folgenden im Wortlaut:

Meine Damen und Herren,

in den letzten Tagen habe ich mit einigen von Ihnen und mit anderen Branchenteilnehmern Gespräche geführt und glaube dabei erkannt zu haben, dass auch Menschen, die mir über die sachliche Zusammenarbeit hinaus persönlich wichtig sind, die in meinem Schreiben vom 23.Dezember vorgebrachte Darstellung nicht wahrgenommen (akzeptiert) haben, jedenfalls nicht so, dass sie diese mit Kraft jenen erklärt hätten, die sich nicht mit allen Details der BBG-Ausschreibung auseinandergesetzt haben.

Wenn ich auch in dem ob.zit. Schreiben die Vertrauensfrage angekündigt habe, bin ich mittlerweile zur Auffassung gekommen, dass dies für mich – und für den Verband – der falsche Weg wäre. Die Vertrauensfrage zur weiteren Ausübung meiner Präsidententätigkeit, die ich in dem vorhin zitierten Schreiben angekündigt habe, stellt sich für mich daher nicht.

Ich erkläre vielmehr meinen sofortigen Rücktritt als Präsident des Hauptverbandes des Österreichischen Buchhandels.

Ich begründe dies auch wie folgt:

In aller Bescheidenheit ist die Tatsache, dass wir in Österreich im europäischen Kontext überhaupt ein Buchpreisbindungsgesetz haben dürfen, ganz wesentlich auf meine persönliche – oft wahrlich aufreibende – Arbeit zurückzuführen. Eine Arbeit, die zuletzt fast noch durch Branchenfunktionäre zunichte gemacht worden wäre.

Ich springe gleich zum aktuellen Thema:

Ich war persönlich über Monate der Erste und der Einzige, der die branchenpolitischen Implikationen des Bundesbeschaffungsgesetzes in Richtung Preisbindung und in Richtung kleine und mittlere Unternehmen, die KMUs, erkannt und sofort – zunächst „nur“ im Schulterschluss mit den Bibliotheken– bekämpft hat. Ich habe bereits im Sommer 2003 persönlich mit den Sektionspräsidenten Dr. Aichinger von der Wiener Kammer, dessen Anliegen besonders die kleinen und mittleren Unternehmen, sind, sowie mit Staatssekretär Dr. Finz die ersten Gespräche geführt. Bisher, leider, ohne Erfolg.

Dass es zu einer ersten (zeitlichen) Entschärfung der Ausschreibung gekommen ist, ist ebenfalls meiner Initiative zu verdanken; – und auch der Tatsache, dass das Unternehmen, an dem ich beteiligt bin, 25.000 € an Honoraren sowie eine Unzahl an Arbeitsstunden der dort beschäftigten Geschäftsführung in die Erstanfechtung der Ausschreibung investiert hat. Private Mittel also, wie ich betonen darf, nicht Geld des Hauptverbands!

Ohne die Ergreifung aller juristisch möglichen Aktivitäten allerdings meinerseits wäre die Ausschreibung bereits seit 1.1. 2004 in Kraft!

Durch die Verschiebung um ein Jahr haben wir die notwendige Zeit gewonnen, um Reparaturen an dem Gesetz – insbesondere an der Ziffer 16 der Verordnung – für unsere Branche zu erreichen.

Zuletzt habe ich mit einem führenden Politiker der größeren Regierungspartei eine politische Initiative in dieser Sache besprochen, die in den nächsten Tagen operativ werden soll.

Der Schulterschluss mit dem Obmann des Fachverbandes der Buch- und Medienwirtschaft, KR Weis, in dieser Angelegenheit, hat mich für eine positive Erledigung sehr optimistisch gestimmt.

Wie Sie alle wissen, habe ich auch weit darüber hinaus in meiner Funktion und unter größtem persönlichen Einsatz – in Zusammenarbeit im gesamten Präsidium und mit anderen Unternehmen im Hauptverband – für die gesamte Branche und nicht nur für die Mitglieder des Hauptverbandes sehr viel erreicht.

Dafür habe ich – ebenso wenig wie alle anderen Funktionäre im Hauptverband – nie auch nur einen Cent als Entgelt oder „Aufwandsentschädigung“ erhalten.

All das sollte ich aber in diesem Gremium nicht im Detail erläutern müssen.

Umso betroffener war ich als einer der ersten Kämpfer für die Branche von der Ausschreibungs-Situation, die ich in dem Ihnen bekannten Schreiben erklärt habe und die von mir hier nicht noch weiter erläutert werden muss. Ich bekenne mich auch nach wie vor zum hier zuletzt gefassten 5%-Beschluss, solange eine rechtliche Klärung nicht vorliegt.

Betroffen bin ich aber auch – erlauben Sie mir die persönliche Bemerkung – von Reaktionen(bzw. von den „Nichtreaktionen“) von Mitgliedern dieses Gremiums. Ich erwarte von Branchenführern, dass sie denen, die weniger informiert sind, die realen Perspektiven zeigen.

Aber „Quotensuche“ ist offensichtlich modern – offensichtlich auch unabhängig davon, was gut für die Vertretenen ist. Betroffen bin ich ebenso darüber, dass es Branchenfunktionäre gibt, die ihre erstklassigen persönlichen Kontakte zu einschlägigen Politikern – aus welchem Kalkül immer – nicht genutzt haben, um Lösungen zu erreichen.

Zutiefst betroffen bin ich auch von der „Invidia Collegialis“ gegenüber den Erfolgen des Hauptverbandes, die – ohne Rücksicht auf die Interessen der Branche – Positionen erkämpfen will. Dass ich dagegen von den Unternehmen, die 5% angeboten haben, lautstark Unterstützungserklärungen bekomme, weil sie in der Sache sich informiert haben, ist – nur am Rande – noch anzumerken.

Alles dieses verlangt deutliche Signale.

Wenn daher meine Person aus Sicht des Hauptvorstands eine vermeintliche Belastung für die Branche darstellt, bzw wenn die Tatsache, dass ich Anteile an einem Unternehmen halte – dem im übrigen wirtschaftlich der meiste Schaden durch diese Ausschreibung widerfährt – mit der Position des Präsidenten unvereinbar erscheint, ziehe ich meine persönlichen Konsequenzen und trete folgerichtig zurück

Ich bedaure diesen Schritt, denn ich hätte aus meiner gelebten Verantwortung heraus die BBG-Causa, in der wir gut unterwegs waren, gerne selbst zum guten Ende geführt, so aber ist es mir nicht möglich, unbelastet meine Tätigkeit als Präsident mit dem notwendigen großen Einsatz und unter manchmal schmerzhafter Zurückstellung von persönlichen privaten und wirtschaftlichen Interessen nachzukommen.

Sie haben mich dreimal zum Präsidenten gewählt, ohne, dass ich Wahlwerbung betrieben habe; ich darf annehmen, dass Sie Überlegungen dazu angestellt hatten hinsichtlich der Bedeutung der Wahl meiner Person für den Verband und die Zukunft der Branche.

Dass ich mich einer in die Gegenrichtung aufgebauten Wahl nun nicht stelle, dafür bitte ich um Verständnis.

Ich glaube auch, dass die Verantwortlichkeit im Präsidium eine besonders hohe sein sollte.

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